106 Zweite Abiheilung. Empirische Darstellung.
Julius Clarus x) referirte die Meinungen seiner Vorgänger,
indem er jegliche, im positiven Recht unter das falsum gezählte
Fälschung als delictum publicum anerkannte. Man findet bei ihm
die Fälschungen des Zeugnisses, jeglicher Urkunden, die Unter-
schiebung eines Kindes, die Veränderung des Namens, den zwei-
fachen Verkauf derselben Sache und die Münzfälschung darunter auf-
gezählt. Als communis opinio stellt er es hin, dafs dolus als not-
wendiges Erfordernils angesehen werden müsse und eine Fälschung,
durch welche kein erheblicher Schade zugefügt werde, als falsum
straflos sein müsse, wenigstens könne in derartigen Fällen nicht die
poena ordinaria des falsum eintreten, sondern nur die extraordinäre
Strafe des stellionatus. Von grofser Bedeutung für die Praxis war
Da m Iiouder's praxis reruni criminaliuin 2) , die auch ein getreues
und sehr vollständiges Bild, welches zum Tbeil durch Rauchdorn's
Practica und Prozefs peinlicher Halsgericlitsordnung 3) ergänzt wer-
den soll, von der Praxis des 16. Jahrhunderls gewährt.
„Falschheit" ist der Gattungsbegriff für Fälschung und Betrug,
welche vollständig in jenen Schriften vermengt sind. Doch haben
sie versucht , die „Falschheiten oder Trügereien" unter gewisse
Kalegorieen zu bringen und so den Schwall von Casuistik etwas
übersichtlich zu machen.
Damhouder stellt an die Spitze eine Art Begriffsbestimmung
der Falschheit, welche auf die Eigenschaft der Fälschung als Mittel
zum Betrug hindeutet. Er sagt, es sei eine geschwinde, heimliche
Art, zu stehlen, wenn man dolo ein Ding verfälsche und Einfältige
unter einem falschen Scheine betrüge4), „Derhalben, wo einer et-
was mit einem äußerlichen scheinbaren Geschmucke verkehrt, und
auf Betrug anders zurichtet, derselbe begeht eine Mißhandlung der
Falschheit. Welches wir fast in fünferlei Weise sehen begehen", näm-
lich : per consensum, in verbis, in scriptis, per abusum, per silenlium.
1) Sentent. rec. V. §. falsum.
2) Wir legen hier die deutsche Uebersetzung von M. Beut her zu Grunde.
Cap. 119: de falsis. Von Vei falschungen , und cap. seq.
3) Cap. XI: Vom Falsch. S. auch Andreas Perneder, Halsgerichts-
ordnung, Tit. VIII: Vom Falsch, in dessen institutiones , I. Ausg. von 1546.
2. Ausg. 1562. 3. Ausg. 1592.
4) Prosper Farinacius (1544— 1613), welcher DamhouderYWerk
benutzt hat, machte in seiner praxis et theoria crimin. de falsitate et simula-
tione qu. 150. nr, 7. folgenden Unterschied: Falsum aeeipitur tribus modis, lar-
gissirne, large et stricte. Falsum largissime sumptum est omne id quod non
est verum, sive dolose, sive sine dolo; falsum large sumtum est mutatio" veri-
tatis cum dolo facta; falsum stricte dicitur illud tantum quod incidit in aliquod
Caput legis Corneliae de falsis.
Julius Clarus x) referirte die Meinungen seiner Vorgänger,
indem er jegliche, im positiven Recht unter das falsum gezählte
Fälschung als delictum publicum anerkannte. Man findet bei ihm
die Fälschungen des Zeugnisses, jeglicher Urkunden, die Unter-
schiebung eines Kindes, die Veränderung des Namens, den zwei-
fachen Verkauf derselben Sache und die Münzfälschung darunter auf-
gezählt. Als communis opinio stellt er es hin, dafs dolus als not-
wendiges Erfordernils angesehen werden müsse und eine Fälschung,
durch welche kein erheblicher Schade zugefügt werde, als falsum
straflos sein müsse, wenigstens könne in derartigen Fällen nicht die
poena ordinaria des falsum eintreten, sondern nur die extraordinäre
Strafe des stellionatus. Von grofser Bedeutung für die Praxis war
Da m Iiouder's praxis reruni criminaliuin 2) , die auch ein getreues
und sehr vollständiges Bild, welches zum Tbeil durch Rauchdorn's
Practica und Prozefs peinlicher Halsgericlitsordnung 3) ergänzt wer-
den soll, von der Praxis des 16. Jahrhunderls gewährt.
„Falschheit" ist der Gattungsbegriff für Fälschung und Betrug,
welche vollständig in jenen Schriften vermengt sind. Doch haben
sie versucht , die „Falschheiten oder Trügereien" unter gewisse
Kalegorieen zu bringen und so den Schwall von Casuistik etwas
übersichtlich zu machen.
Damhouder stellt an die Spitze eine Art Begriffsbestimmung
der Falschheit, welche auf die Eigenschaft der Fälschung als Mittel
zum Betrug hindeutet. Er sagt, es sei eine geschwinde, heimliche
Art, zu stehlen, wenn man dolo ein Ding verfälsche und Einfältige
unter einem falschen Scheine betrüge4), „Derhalben, wo einer et-
was mit einem äußerlichen scheinbaren Geschmucke verkehrt, und
auf Betrug anders zurichtet, derselbe begeht eine Mißhandlung der
Falschheit. Welches wir fast in fünferlei Weise sehen begehen", näm-
lich : per consensum, in verbis, in scriptis, per abusum, per silenlium.
1) Sentent. rec. V. §. falsum.
2) Wir legen hier die deutsche Uebersetzung von M. Beut her zu Grunde.
Cap. 119: de falsis. Von Vei falschungen , und cap. seq.
3) Cap. XI: Vom Falsch. S. auch Andreas Perneder, Halsgerichts-
ordnung, Tit. VIII: Vom Falsch, in dessen institutiones , I. Ausg. von 1546.
2. Ausg. 1562. 3. Ausg. 1592.
4) Prosper Farinacius (1544— 1613), welcher DamhouderYWerk
benutzt hat, machte in seiner praxis et theoria crimin. de falsitate et simula-
tione qu. 150. nr, 7. folgenden Unterschied: Falsum aeeipitur tribus modis, lar-
gissirne, large et stricte. Falsum largissime sumptum est omne id quod non
est verum, sive dolose, sive sine dolo; falsum large sumtum est mutatio" veri-
tatis cum dolo facta; falsum stricte dicitur illud tantum quod incidit in aliquod
Caput legis Corneliae de falsis.