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könnten die „Malergesellen" wohl gewesen sein —, welche den Stil
des Johannes Junge nachahmen.
Die lübeckischen Steinbildhauer bedurften als Hersteller von Schrein-
altären und auch sonst der Hilfe von Malern. Sie malten nicht selbst,
wie aus dem durchaus malerischen, von der Haltung der Bildwerke
unterschiedenen Stil der wenigen an ihren Werken erhaltenen Gemälde
hervorgeht ^), sondern überließen diese Tätigkeit Spezialisten. Ob sie
diese in ihren Werkstätten unterhielten oder in fremden Schnitzer- und
Malerwerkstätten aufsuchten, kann angesichts der Lückenhaftigkeit des
erhaltenen Materials nicht entschieden werden.
Uber den Stil dieser Maler unterrichten die Abschnitte über den
Schwartauer Altar und den Stralsunder Altar bei G. Dexel-Brauckmann,
Lübecker Tafelmalerei in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in der
Zeitschrift des Vereins f. Lüb. Geschichte und Altertumskunde, Bd. XIX,
1918, S. 21 ff. und S. 31 ff.
Verhältnis der Figur zur Architektur.
Die lübeckischen Steinbildhauer ordneten ihre Figuren einem archi-
tektonischen Zusammenhang ein. In seltenen Fällen hielten sie daran
fest, die menschliche Gestalt auf Konsolen, Schlußsteinen oder Ziegeln
mit dem Gemäuer regelrecht in Verband zu bringen, meist stellten sie
sie locker vor eine Wand, unterwarfen sie aber durch Konsolen und
Baldachine und nicht zuletzt durch ihren gemessenen Stil dem ab-
strakten Rhythmus der Architektur. Sie schufen Hüttenskulpturen, ob
sie nun Kapellenwände, Chorschranken oder Altarschreine verzierten.
Am konservativsten scheint der Meister der Burgkirchenzyklen verfahren
zu sein, der seine Statuetten mit einem Chorgestühl zu einem streng
architektonischen Ensemble zusammengefaßt hat. Was er mit mehr
äußerlichen Mitteln anstrebte, hat der Meister der Darsowmadonna durch
die feine Zurückhaltung seines Figurenstiles zu erreichen gewußt. Erst
Johannes Junge brachte etwas freiere Formen. Er hat sich die Mög-
lichkeiten zu monumentaler Isolierung der menschlichen Gestalt wohl
zunutze zu machen verstanden, die in den (vorgotischen) Kompositions-
formen des Tümbagrabes und des Kruzifixes gegeben waren. Er hat
von dem Triumphbalkenschema das Prinzip der frei im Raume auf-
gestellten Figur auf das Motiv der halblebensgroßen Sitzfigur über-
tragen. Er hat lebensgroße Sitzbilder vor einem architektonischen Gerüst
aufgestellt, das kaum mehr als das Rudiment eines Rahmens war und
die menschliche Gestalt mächtig hervordrängen ließ. Er hat auch an
"*) Vgl. den Jungealtar in Stralsund, den Schwartauer Altar in Lübeck und den Altar
aus Väte in Stockholm.

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