werden zu können. Die Gesichtstypen legen die Vermutung nahe, daß der Krämeraitar ein
spätes, etwa in den vierziger Jahren entstandenes Werk jener wismarischen Werkstatt ist,
die ungefähr ein Jahrzehnt zuvor unter dem Eindruck älterer lübeckischer Arbeiten und
der Lüneburger Goldenen Tafel den Hochaltar der St.-Jürgen-Kirche geschaffen hat. Von
demselben Künstler scheint auch, bald nach der Jahrhundertmitte, der Hochaltar der Lieb-
frauenkirche von Helsingborg geschnitzt worden zu sein, außerdem ein Marienaltar im
Museum zu Wismar, der kleine Marienaltar in Kirchdorf auf Poel und eine Anbetung der
Könige in der Wismarer Nikolaikirche.
3. Der Zyklus der Kurfürsten am Rathaus zu Bremen.
Er wurde durch Struck, welcher die gesamte Lübecker Steinplastik auf einen Meister
zurückführt, eben diesem zugeschrieben. Daß er mit der fortschrittlich differenzierten
Darsow-Plastik und dem Stil des Johannes Junge nichts zu tun hat, geht aus der archai-
schen Behandlung der Augen und Haare deutlich hervor. Aber auch die Burgkirchen-
Skulptur hat nur in einzelnen Zügen Ähnlichkeit mit Bremen: als Ganzes genommen unter-
scheidet sie sich durch ihren miniaturistischen Charakter unverkennbar von den großzügig-
dekorativen, derben Kurfürstengestalten. Bewegung, Körper und Gewand sind an den
Lübecker Bildwerken nach anderen Prinzipien entwickelt als in Bremen. Die Meinung, daß
beide Zyklen allenfalls auf verwandte Quellen zurückgehen, aber werkstattmäßig nichts mit-
einander zu tun haben, wird durch eine Untersuchung der eigenhändig von dem Bremer
Hauptmeister Johannes, d. h. nach Struck dem Lübecker Johannes Junge ausgeführten
Konsolügur noch gestützt: dieses wuchtige, kraftvolle Werk verrät ein großes Temperament,
das dem des Burgkirchen-Meisters sehr fremd ist. Nicht unmöglich indessen, daß der
Bremer Zyklus oder dessen Quellen auf Johannes Junge gewirkt haben: der Bremer Moses
und die Figuren der astronomischen Uhr sind motivisch miteinander verwandt.
4. Die Figuren aus dem Dom zu Bremen in der Bremer
Kunsthalle.
Diese von Hartlaub (3) für Werke des Meisters der Darsowmadonna erklärten Werke
stehen zwar den Arbeiten des Möllner Meisters recht nahe und verraten die Einwirkung
der Niendorfer Figuren Junges, sind aber dennoch wohl nicht als Schöpfungen der Lübecker
Werkstätte anzusehen. Sie mögen auf einen bremischen oder westfälischen Meister zurück-
gehen, der in Lübeck geschult war. Ihre Qualität ist von Hartlaub sehr überschätzt worden.
5. Die Sandsteinstatuen der Madonna mit dem Kinde und
Johannes des Täufers zu Ludgo in Schweden.
Diese Skulpturen sind von Habicht (14) zu Unrecht dem lübeckischen Kreise zugeschrieben
worden. Auf Grund ihrer nahen Verwandtschaft mit den von A. Pescatore (9) abgebildeten
Skulpturen in Nienborg und Wewer bei Paderborn können sie für westfälisch erklärt werden.
Sie stammen aus der Werkstätte, die in Westfalen den Stil des Meisters der bemalten
Kreuzigungsreliefs fortsetzte. Abbildungen bei Habicht, Tafel 9 und 10.
6. Die Anbetung der Könige in der Annenkapelle der Mar-
tinikirche zu Braunschweig.
Diese Skulpturen sind von F. Stuttmann in den Kunsthistorischen Studien des Provinzial-
museums zu Hannover 1926, S. 27 ff. für Arbeiten eines an den Bergenfahrerüguren nach-
zuweisenden Gesellen des Meisters der Darsow-Madonna erklärt worden. Sie haben indessen
nicht das mindeste mit der Kunst des Meisters der Darsow-Madonna zu tun. Was sie mit
dieser verbindet, ist lediglich ein in Norddeutschland auch sonst vielfach zu belegender,
an den Formen des 14. Jahrhunderts sehr lange festhaltender Konservativismus.
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spätes, etwa in den vierziger Jahren entstandenes Werk jener wismarischen Werkstatt ist,
die ungefähr ein Jahrzehnt zuvor unter dem Eindruck älterer lübeckischer Arbeiten und
der Lüneburger Goldenen Tafel den Hochaltar der St.-Jürgen-Kirche geschaffen hat. Von
demselben Künstler scheint auch, bald nach der Jahrhundertmitte, der Hochaltar der Lieb-
frauenkirche von Helsingborg geschnitzt worden zu sein, außerdem ein Marienaltar im
Museum zu Wismar, der kleine Marienaltar in Kirchdorf auf Poel und eine Anbetung der
Könige in der Wismarer Nikolaikirche.
3. Der Zyklus der Kurfürsten am Rathaus zu Bremen.
Er wurde durch Struck, welcher die gesamte Lübecker Steinplastik auf einen Meister
zurückführt, eben diesem zugeschrieben. Daß er mit der fortschrittlich differenzierten
Darsow-Plastik und dem Stil des Johannes Junge nichts zu tun hat, geht aus der archai-
schen Behandlung der Augen und Haare deutlich hervor. Aber auch die Burgkirchen-
Skulptur hat nur in einzelnen Zügen Ähnlichkeit mit Bremen: als Ganzes genommen unter-
scheidet sie sich durch ihren miniaturistischen Charakter unverkennbar von den großzügig-
dekorativen, derben Kurfürstengestalten. Bewegung, Körper und Gewand sind an den
Lübecker Bildwerken nach anderen Prinzipien entwickelt als in Bremen. Die Meinung, daß
beide Zyklen allenfalls auf verwandte Quellen zurückgehen, aber werkstattmäßig nichts mit-
einander zu tun haben, wird durch eine Untersuchung der eigenhändig von dem Bremer
Hauptmeister Johannes, d. h. nach Struck dem Lübecker Johannes Junge ausgeführten
Konsolügur noch gestützt: dieses wuchtige, kraftvolle Werk verrät ein großes Temperament,
das dem des Burgkirchen-Meisters sehr fremd ist. Nicht unmöglich indessen, daß der
Bremer Zyklus oder dessen Quellen auf Johannes Junge gewirkt haben: der Bremer Moses
und die Figuren der astronomischen Uhr sind motivisch miteinander verwandt.
4. Die Figuren aus dem Dom zu Bremen in der Bremer
Kunsthalle.
Diese von Hartlaub (3) für Werke des Meisters der Darsowmadonna erklärten Werke
stehen zwar den Arbeiten des Möllner Meisters recht nahe und verraten die Einwirkung
der Niendorfer Figuren Junges, sind aber dennoch wohl nicht als Schöpfungen der Lübecker
Werkstätte anzusehen. Sie mögen auf einen bremischen oder westfälischen Meister zurück-
gehen, der in Lübeck geschult war. Ihre Qualität ist von Hartlaub sehr überschätzt worden.
5. Die Sandsteinstatuen der Madonna mit dem Kinde und
Johannes des Täufers zu Ludgo in Schweden.
Diese Skulpturen sind von Habicht (14) zu Unrecht dem lübeckischen Kreise zugeschrieben
worden. Auf Grund ihrer nahen Verwandtschaft mit den von A. Pescatore (9) abgebildeten
Skulpturen in Nienborg und Wewer bei Paderborn können sie für westfälisch erklärt werden.
Sie stammen aus der Werkstätte, die in Westfalen den Stil des Meisters der bemalten
Kreuzigungsreliefs fortsetzte. Abbildungen bei Habicht, Tafel 9 und 10.
6. Die Anbetung der Könige in der Annenkapelle der Mar-
tinikirche zu Braunschweig.
Diese Skulpturen sind von F. Stuttmann in den Kunsthistorischen Studien des Provinzial-
museums zu Hannover 1926, S. 27 ff. für Arbeiten eines an den Bergenfahrerüguren nach-
zuweisenden Gesellen des Meisters der Darsow-Madonna erklärt worden. Sie haben indessen
nicht das mindeste mit der Kunst des Meisters der Darsow-Madonna zu tun. Was sie mit
dieser verbindet, ist lediglich ein in Norddeutschland auch sonst vielfach zu belegender,
an den Formen des 14. Jahrhunderts sehr lange festhaltender Konservativismus.
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