und das Unglück ist nur, dass er solche Ambra-
klumpen überhaupt nicht verschlingt, sondern in
seinen Eingeweiden, als krankhafte Bildungen aus-
scheidet, woselbst sie dann auch mal übermensch-
liche Grösse erlangen können. Noch vor fünf-
undzwanzig Jahren entbrannte an einer kleri-
kalen belgischen Universität ein heftiger Streit
zwischen Theologen und Zoologen über das Jonas-
wunder, wobei die Streitenden auf beiden Seiten
vergassen, dass das eigentliche Wunder gar nicht
in dem Hinabschlucken des Jonas bestand, sondern
vielmehr darin, dass er den dreitägigen Aufenthalt
und die Reise bis Ninive im Walfischmagen so gut
bestand. Die Griechen Hessen den Magensaft des
Thieres wenigstens so weit wirken, dass dem Herakles
nach seinem viel kürzeren Aufenthalt im Walfisch-
magen alle Haare vom Leibe weggebeizt waren.
Der Kampf des Herakles mit dem Walfisch vor
den Thoren Trojas, der wohl auch mit einer
Strandungssage zusammenhing, und die Befreiung
der Hesione erinnern uns daran, dass die Drachen-
kämpfersagen, wie wir schon an der Perseus- Mythe
sahen, ebenfalls in einem engen Zusammenhange
mit den Walfischstrandungen stehen, oder wenigstens
gebracht wurden. Denn ursprünglich hat die Sage
von der Befreiung der Jungfrau aus der Gewalt
eines Drachen, wie jetzt wohl allgemein anerkannt
sein dürfte, eine solarische Bedeutung; es ist die
vom Norden nach Süden gewanderte Dichtung von
der Befreiung der im Norden während des
Winters verschwindenden Sonnenjungfrau aus der
Gewalt des Winterdämons und die gestrandeten
Gerippe dienten nur noch zur Bestätigung und
örtlichen Befestigung der Erzählung, indem sie
einerseits beweisen mussten, dass es solche
Ungeheuer, wie sie die Bethätigung einer
ins Ungemessene gesteigerten Helden
kraft forderte, wirklich giebt und
andrerseits den Schauplatz des Kampfes
zeigten. Ein merkwürdiger Umstand
bleibt es, dass die trojanische Walfischsage mit der
Edda-Erzählung von der Verpfändung der Sonne für
die Erbauung der Götterburg in einem so innigen
Zusammenhange geblieben ist, dass manche Edda-
forscher in dem Poseidon, der Troja bauete und den
Walfisch sandte, das Vorbild des nordischen Dom-
baumeisters sehen wollen, der in so unzähligen
nordischen Dombausagen (gradeso wie in der Edda
und Ilias) um den bedungenen Baulohn: die Jungfrau
Sonne betrogen wird. Der Ursprung der Sage muss
aber umgekehrt im Norden gesucht werden, denn
nur hier konnte eine Sage von der Verpfändung der
Sonne an den Winterbaumeister und ihrer Wieder-
gewinnung durch den Sommergott Thor entstehen.
Noch eine andre Walfischsage, die angesichts
solcher gestrandeten Ungethüme von ioo Fuss
Länge entstanden sein wird, ist diejenige von dem
gestrüppbewachsenen, an der Meeresoberfläche
schlafenden Ungeheuer, welches Seefahrer, in der
Meinung, es sei eine kleine Insel, betreten und
welches dann nach dem Anzünden eines Feuers
auf der von Seekräutern bedeckten Haut plötzlich
erwacht und untertaucht, so dass sich die Reisenden
kaum retten können. Diese Erzählung kehrt ebenso
in der altpersischen Heldensage, wie in nordischen
Heiligenlegenden wieder. Wir brauchen darin
nichts weiter zu sehen, als die gleichmässig nach
festen Gesetzen schaffende Arbeit der menschlichen
Phantasie, die im Norden wie im Süden aus dem
Anblick der ungeheuren, von den Wellen an
den Strand geworfenen Körper die gleiche Ge-
schichte herausarbeitete. Eben deshalb werden wir
aber auch annehmen dürfen, dass der Anblick der
Walfisch-Portale im Norden wie im Süden die
Erfindung des Rippen- und Spitzbogenstils
gezeitigt haben kann, wobei der in der
Gedankenwelt eines phantasiereichen
Baumeisters Wurzel schlagende Keim
nur im Norden ein fruchtbares Weiter-
wachsthum gefunden hat.
€ 171 3
klumpen überhaupt nicht verschlingt, sondern in
seinen Eingeweiden, als krankhafte Bildungen aus-
scheidet, woselbst sie dann auch mal übermensch-
liche Grösse erlangen können. Noch vor fünf-
undzwanzig Jahren entbrannte an einer kleri-
kalen belgischen Universität ein heftiger Streit
zwischen Theologen und Zoologen über das Jonas-
wunder, wobei die Streitenden auf beiden Seiten
vergassen, dass das eigentliche Wunder gar nicht
in dem Hinabschlucken des Jonas bestand, sondern
vielmehr darin, dass er den dreitägigen Aufenthalt
und die Reise bis Ninive im Walfischmagen so gut
bestand. Die Griechen Hessen den Magensaft des
Thieres wenigstens so weit wirken, dass dem Herakles
nach seinem viel kürzeren Aufenthalt im Walfisch-
magen alle Haare vom Leibe weggebeizt waren.
Der Kampf des Herakles mit dem Walfisch vor
den Thoren Trojas, der wohl auch mit einer
Strandungssage zusammenhing, und die Befreiung
der Hesione erinnern uns daran, dass die Drachen-
kämpfersagen, wie wir schon an der Perseus- Mythe
sahen, ebenfalls in einem engen Zusammenhange
mit den Walfischstrandungen stehen, oder wenigstens
gebracht wurden. Denn ursprünglich hat die Sage
von der Befreiung der Jungfrau aus der Gewalt
eines Drachen, wie jetzt wohl allgemein anerkannt
sein dürfte, eine solarische Bedeutung; es ist die
vom Norden nach Süden gewanderte Dichtung von
der Befreiung der im Norden während des
Winters verschwindenden Sonnenjungfrau aus der
Gewalt des Winterdämons und die gestrandeten
Gerippe dienten nur noch zur Bestätigung und
örtlichen Befestigung der Erzählung, indem sie
einerseits beweisen mussten, dass es solche
Ungeheuer, wie sie die Bethätigung einer
ins Ungemessene gesteigerten Helden
kraft forderte, wirklich giebt und
andrerseits den Schauplatz des Kampfes
zeigten. Ein merkwürdiger Umstand
bleibt es, dass die trojanische Walfischsage mit der
Edda-Erzählung von der Verpfändung der Sonne für
die Erbauung der Götterburg in einem so innigen
Zusammenhange geblieben ist, dass manche Edda-
forscher in dem Poseidon, der Troja bauete und den
Walfisch sandte, das Vorbild des nordischen Dom-
baumeisters sehen wollen, der in so unzähligen
nordischen Dombausagen (gradeso wie in der Edda
und Ilias) um den bedungenen Baulohn: die Jungfrau
Sonne betrogen wird. Der Ursprung der Sage muss
aber umgekehrt im Norden gesucht werden, denn
nur hier konnte eine Sage von der Verpfändung der
Sonne an den Winterbaumeister und ihrer Wieder-
gewinnung durch den Sommergott Thor entstehen.
Noch eine andre Walfischsage, die angesichts
solcher gestrandeten Ungethüme von ioo Fuss
Länge entstanden sein wird, ist diejenige von dem
gestrüppbewachsenen, an der Meeresoberfläche
schlafenden Ungeheuer, welches Seefahrer, in der
Meinung, es sei eine kleine Insel, betreten und
welches dann nach dem Anzünden eines Feuers
auf der von Seekräutern bedeckten Haut plötzlich
erwacht und untertaucht, so dass sich die Reisenden
kaum retten können. Diese Erzählung kehrt ebenso
in der altpersischen Heldensage, wie in nordischen
Heiligenlegenden wieder. Wir brauchen darin
nichts weiter zu sehen, als die gleichmässig nach
festen Gesetzen schaffende Arbeit der menschlichen
Phantasie, die im Norden wie im Süden aus dem
Anblick der ungeheuren, von den Wellen an
den Strand geworfenen Körper die gleiche Ge-
schichte herausarbeitete. Eben deshalb werden wir
aber auch annehmen dürfen, dass der Anblick der
Walfisch-Portale im Norden wie im Süden die
Erfindung des Rippen- und Spitzbogenstils
gezeitigt haben kann, wobei der in der
Gedankenwelt eines phantasiereichen
Baumeisters Wurzel schlagende Keim
nur im Norden ein fruchtbares Weiter-
wachsthum gefunden hat.
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