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sation meine Behauptung widerlegt würde. Betrachten wir jedoch
die Mitglieder dieser Organisation. Sie bestehen zu einem großen
Teile aus Aushilfskellnerinnen, d. h. aus solchen, die diesen Be-
ruf dauernd ausüben und nicht wie die Vollkellnerinnen, mit denen
wir uns hier ausschließlich beschäftigen, in ihrem Beruf nur ein
Durchgangsstadium erblicken. Die Aushilfskellnerinnen kommen
durch ihre soziale Lage und ihre eigenartigen Arbeitsverhältnisse
viel leichter zur richtigen Wertung der Organisation und bilden
daher auch einen zuverlässigen Stamm der Münchener Organisa-
tion ; denn die Aushilfskellnerin lebt von einer gewissen Kund-
schaft, d. h. sie hat bestimmte Wirte, bei denen sie regelmäßig
aushilft. Sie ist also, anstatt nur von einem Wirte abhängig zu
sein, dieses zu gleicher Zeit von einer ganzen Anzahl. Daher
machen sich alle Schattenseiten des Kellnerinnenberufs bei ihr
in viel stärkerem Maße geltend als bei der gewöhnlichen Kell-
nerin. Dann kann sie auch oft mit Rücksicht auf ihren Mann
und ihre Kinder nicht einfach ihre Stelle verlassen, wenn es ihr
paßt, was der gewöhnlichen Kellnerin, die durchgehends unver-.
heiratet ist, immer noch als letztes Mittel bleibt, um Schikanen
zu entgehen. Wenn also eine Organisation zu stände kommen
soll, so kann sie nur von den Aushilfskellnerinnen ausgehen und
erst dann an Boden gewinnen, wenn der Kellnerinnenberuf seine
Angehörigen aus einer sozialen Schicht nimmt, für welche dann
die Möglichkeit gegeben ist, sich leichter zu verständigen, und
wenn die Lohn- und Arbeitsverhältnisse sich so geändert haben,
daß der Kellnerinnenberuf den Charakter eines Durchgangsberufs
verloren hat.
Das Alter der befragten Kellnerinnen schwankt zwischen 19
und 25 Jahren. Es sind auch vereinzelte im Alter von 17 Jahren
zu finden, unter 17 Jahren ist uns wenigstens keine begegnet, und
auch von Bekannten wurde uns als Ausnahme von einem Falle
berichtet, wo eine Kellnerin von 16 Jahren bedient habe. Trotzdem
muß es dahin gestellt bleiben, ob wirklich Kellnerinnen von 15
bis 17 Jahren so selten sind; denn wohl bei keiner Frage darf
man der Antwort so wenig trauen als gerade bei der Frage nach
dem Alter. Während nämlich die einen ein Interesse haben oder
es zu haben glauben, nicht so jung zu scheinen, wie sie wirklich
sind, subtrahieren die anderen recht gerne etwas von der reichlichen
Zahl ihrer Jahre. Daher kommt es auch, daß das sog. »gang-
bare« Alter von 19—25 Jahren so stark vertreten ist. Der Haupt-
 
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