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die Kellnerin am schwersten zu arbeiten hat. Diese Periode dauert

bis 2 Uhr, wo dann bis 6 Uhr meistens eine stille Zeit eintritt, in
der die Kellnerin sich ausruhen, aber ja nicht das Lokal verlassen
darf. Um 6 Uhr beginnt dann das Geschäft wieder langsam
stärker zu werden und erreicht meistens gegen 9 oder 10 Uhr
seinen Höhepunkt. Hat dann endlich der letzte Gast um 12 oder
1/2i Uhr das Lokal verlassen, so wird die Wirtschaft zwar ge-
schlossen, aber die Arbeit ist für die Kellnerin noch nicht beendet;
denn nun müssen die Tische abgeräumt und die Stühle auf die
Tische gestellt werden. Sodann wird abgerechnet, d. h. die Kell-
nerin gibt die Biermarken zurück und bezahlt ihre Bons. Jetzt
erst darf sich die Kellnerin zur Ruhe begeben. Das ist die ge-
wöhnliche Arbeitseinteilung in einem gutgehenden Bierrestaurant.
Bei der Arbeit hilft nun manchmal der Hausbursche etwas mit,
was aber nicht immer der Fall ist, sondern manche Wirte haben
jede Arbeit in der Wirtschaft und einen Teil der Küchenarbeit
auf die Kellnerin abgewälzt. Infolgedessen sahen sich einige
Wirte genötigt, enien bestimmten Arbeitsplan aufzustellen. Ich
will zwei solche Pläne, den ersten aus Mainz, den zweiten aus
Mannheim, hier aufführen:

Montag werden die Lamperieen geputzt.
Dienstag werden die Stühle vollständig abgewaschen.
Mittwoch wird das Büffet gereinigt.
Donnerstag werden alle Gläser gereinigt.
Freitag werden die Fenster geputzt.
Samstag wird nochmals alles nachgesehen und, wo nötig,
nochmals gründlich nachgeputzt.

Montag Gläser.
Dienstag — — —
Mittwoch Silber.
Donnerstag — —■ —
Freitag Gläser.
Samstag Silber und
alles Messing.

Außerdem mußten in dem zweiten Falle jeden Tag die
Hahnen am Büffet geputzt werden. Dabei aber müssen die Kell-
nerinnen die Putzlumpen selber stellen, ebenso die Putzfrauen be-
zahlen, die mithelfen, indem sie die Stühle und Tische abreiben;
und zwar bekamen sie von jeder Kellnerin, 4 an der Zahl, 0,25 Mk.
pro Tag. Ferner mußten die Kellnerinnen noch die Hektographen-
platten und die Tinte zum Schreiben der Speisekarten und das
Bonbuch aus eigener Tasche bezahlen. Dazu kam noch, daß die
Kellnerinnen eine bestimmte Anzahl von Frühstücksbrödchen (für
ca. 0,80 Mk. pro Tag) selbst stellen mußten. Sie konnte dann
sehen, wie sie sie wieder an die Gäste verkaufte. Der Wirt war
damit des Risikos, trockene Brödchen übrig zu haben, enthoben.
Gehalt bekamen auch hier die Kellnerinnen keinen.
 
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