Bei dem Spanbrennei. Hannes hals nun ums Neujahr
herum recht schwer gehalten, denn er bekam keinen Knecht, nicht
um den doppelten Lohn wäre einer gegangen.
Thebel, sprach der Alte zu ihm, weißt, daß ich noch keinen
Knecht habe, kannst eintreten bei mir.
Rüppelmeier, man sagt bei Euch Halts keiner aus die
Dauer aus.
Ei Larisari! Komm als Oberknecht.
Topp, Rüppelmeier! 's gilt, ich wills probieren.
Und der Spanbrenner Hannes war mit seinem Oberknecht
zusrieden! dieser wieder sügte sich geduldig iu die Launen seines
Herrn. So kam's, daß Thebel noch um die Erntezeit beim
Hannes diente.
Ja um die Erntezeit, — denn das Korn aus den Feldern
war schon rers und im Hause des Spanbrenner Hannes wurde
um dre Wette an den Sensen gedängelt. Am nächsten Morgen,
da sich das rote Himmelstor öffnete und die lrebe Sonne her-
vortrat, rauschten auch schon beim Wachtelschlag und Lercheusang
die Sensen durch die reifen Halme am Felde.
Das Mittagsessen brachte Lisbeth, dann hals sie bis zum
Abend sammeln und bindew. Mit duftenden Kornblumen durch-
woben, wurde dann ein Aehrenkranz gebunden und Lisbeth,
die Tochter des Hauses, wurde damit umwunden. Nach alter
Sitte mußte der Oberknecht das Geschäft verrichten. Bei der
linkischen Handhabung kicherten ost die Mägde, wobei Thebel
errötete.
Zu guter Letzt, da blieb eines der bunten Bänder und
Schleisen am Knopfe feines Wammses hängen, da lachte dann
alles recht laut. Lisveth fah sich unversehens gefangen, und
je eifriger sich beide losmachen wollten, umso fester nestelten
sich die Bänder.
Berde wurden rot, über und über rot, und Lisbeth schlug
die blauen Augen zu Boden.
Es war sie beide eine gewisse Scheu überlaufen, und
lange Tage sprachen sie kein Wort mitsammen.
Eines Tages siel ein Küchlein in den Brunnen und
Lisbeth mühte mit dem Eimer sich ab und wollte es heraus-
fischen. Der Thebel sah's und kam zur Hilfe, bald trippelte
und zappelte das kleine nasse Wesen im erwärmenden Sonnen-
schein wieder weiter.
Nach dieser Heldenthat nahm sich der Thebel auch ein Herz.
Lisbeth, sprach er, bist du mir noch böse von damals herN
Warum sollt ich dir böse sein, Thebel ? kannst doch nichts
dafür und das Ding ist nicht nennenswert.
llnd doch macht' ich mir Borwürf' und dachte, du werdest
meinen: ich hätt's vorsätzlich gethan.
Thebel, das hab ich mir nicht gedacht; glaub' nicht, daß
ich so von dir denke.
Wieder einmal war es Abend und wie ein weißer Mühl-
stein groß und rund sah der Mond vom Himmel herab. Lis-
beth hatte die Wäsche im Garten noch hängen, und die Nacht
ist der Diebe Freund.
Lchon schlug die Turmuhr neunmal hintereinander, und
im Garten, da warfen die Bäume recht finstere Schatten, auch
rauschte der Nachtwind geheimnisvoll durch die Blätter. Die
Grillen, die zirpten im Grase recht laut, und schwarze Nachtkäser
brummten und summten, in den Gebüschen auch leuchteten die
Glühwürmer und manchmal ries auch der Uhu, und da zitter-
ten zwitschernd die Sperlinge auf den Bäumen und Lisbeth
erzitterte auch.
Doch da war ja der Thebel noch wach, und hielt Rund-
schau im Hose, ob auch alles in Ordnung und verschlossen.
„Lisbeth, sprach der Thebel, ich werde dir behilflich sein". Lis-
beth gab keine Antwort. Lisbeth, gib mir deine Hand, sieh'st
hier im Pfade unter den Bäumen ists recht dunkel. Und Lis-
beth ließ ihm die Hand, und die Hand bebte in der seinen.
Eine Baumwurzel zog sich über den Pfad, Lisbeth stolperte,
aber Thebel hielt sie in seinen Armen fest, auf daß sie nicht
, falle und Lisbeth ließ das alles geschehen. Sie legte ihren
Kops aus seine Schulter, und ihr Busen schmiegte sich an seine
Brust, und ihr Herz klopfte vernehmlich laut. Dann schlang
sie auch ihre Hände um seinen Hals. „Meine teure Lisbeth",
so wispelte der Thebel, hast du mich gerne?
Und Lisbeth nickte nur mit ihrem Kopse und in ihren
Augen standen die Hellen Thrünen. Dann schmiegte sie sich
fester an ihren Thebel und verschämt flüsterten ihre Lippen:
Mein Thebel! . . und im süßen Kuß erstarben die Worte.
Wie das Reh im tiefen Walde gepeitscht, vom Sturm und
Regen zittert, so übersiel auch Lisbeth ein Bangen, Zagen und
Zittern.
„Lisbeth, sprach der Thebel, meine gute Lisbeth, sei still
und ruhig ohne Furcht und Zagen. Ich hege ja kein fündiges
Verlangen, mein Herz ist so froh und glücklich, denn ich weiß,
du hast mich recht gerne. So, meine Lisbeth, und noch einen
Kuß, nun gute Nacht, ja recht süße gute Nacht!"
„Gute süße Nacht!"
Der Mond, der ging seinen Gang, als wäre nichts ge-
schehen, am Stübchen der Lisbeth entlang. Lisbeth sah ihm
noch lange, recht lange nach, und erst als die Hähne krähten,
schlossen sich ihre Augen.
Der alte Hannwilm war an diesen Tagen im Hause des
Spanbrenner Hannes tagtäglicher Gast. Beide sprachen recht
viel miteinander, bald ganz in der Stille und geheimnisvoll,
bald wieder arg lebhaft und ereifert, aus alte vergilbte Papiere
schrieben sie Zahlen und dividierten und adierten.
„So, Hannes, sprach der Hannwilm, so stehts, und nicht
anders! Fünfzig Morgen Landes, 520 Thaler in Baarem, 2
Pferde mit Geschirr und Wagen, 2 Kühe, k0 Schüssel zum
Anbau! Am Hochzeitstage soll das alles klar und bar über-
schrieben werden. Ich bedinge mir weiter nichts, nur mein
Ausbehalt. Bist du mit mir nun zusrieden?"
„Nun, Hannwilm, das läßt sich hören." Meine Hand
daraus, 's gilt, 's ist abgemacht! Nächsten Samstag gehts ins
Pfarrhaus! Hm — Hannwilm, noch Eines Hannwilm, die
Jmb's zahlst du?
In Gottes Namen das auch noch! So wären wir nun
im Reinen. Leb' Wohl, hab' noch manches zu ordnen, sprach
der Hannwilm, und drollte von dannen.
Der Spanbrenner Hannes machte ein rotes Kreuz in
seinem Kalender, ganz neben den Samstag hin, und als es Frei-
tag war, da ries er seine Hausfrau die Eva und Lisbeth zu sich.
Lisbeth begann er, du bist wahrhaftig schon gar arg groß
und stark. Wie alt bist du denn eigentlich Lisbeth?
Bald werde ich 19 Jahre, Vater!
Hm, neunzehn Jahre! Lisbeth das ist ein Alter da das
Heiraten schon geht. Sieh'st, meine Lisbeth, das hab' ich
denn auch alles schon recht reiflich bedacht und für dich väterlich
gesorgt. Nach langem Suchen habe ich wie einst für deine
Schwester, so nun für dich einen Mann gefunden. Wenn er
auch nicht reich ist, wie ich ihn wünschte so habt ihr doch beide
zu leben. Der langen Rede kurzer Sinn: Du gehst morgen
in das Pfarrhaus zum Handstreich.
Wie die Wand so weiß wurde die arme Lisbeth und mit
gepreßter Stimme stotterte sie hervor: Vater, ihr sagt mir ja
gar nicht, Wer das sei, den ihr mir zugedacht!
Einfältiges Ding, ich sollt's dir gar nicht sagen, wirst's
schon sehen, wenn morgen man dich abholt.
Vater Ihr wollt doch nicht eine Katz im Sack mir an-
binden.
Naseweises Kalb! Du unterstehest dich noch mit deinem
Vater anzubinden? — Du kriegst einen Mann und damit Basta.
„Vater, nehm t das nicht so, es ist ja nur eine Redens-
art, und ich meine wenn ihr nun schon alles wohlüberlegt und
beschlossen hab't, so könnt ihr mir wenigstens den doch nennen,
den ihr mir ausgesucht.
° So! so — so läßt sich nun schon leichter etwas verab-
reden. Sollst ja nicht denken, daß dein Vater hartherzig sei.
Morgen, Lisbeth, wirst du mit Hannwilms Jerch dich versprechen.
Vater, ich lieb' ihn aber nicht.
Du unerfahrenes Kind, das thut nichts zur Sache, es
wird schon alles mit der Zeit von selbst kommen.
(Fortsetzung folgt).
herum recht schwer gehalten, denn er bekam keinen Knecht, nicht
um den doppelten Lohn wäre einer gegangen.
Thebel, sprach der Alte zu ihm, weißt, daß ich noch keinen
Knecht habe, kannst eintreten bei mir.
Rüppelmeier, man sagt bei Euch Halts keiner aus die
Dauer aus.
Ei Larisari! Komm als Oberknecht.
Topp, Rüppelmeier! 's gilt, ich wills probieren.
Und der Spanbrenner Hannes war mit seinem Oberknecht
zusrieden! dieser wieder sügte sich geduldig iu die Launen seines
Herrn. So kam's, daß Thebel noch um die Erntezeit beim
Hannes diente.
Ja um die Erntezeit, — denn das Korn aus den Feldern
war schon rers und im Hause des Spanbrenner Hannes wurde
um dre Wette an den Sensen gedängelt. Am nächsten Morgen,
da sich das rote Himmelstor öffnete und die lrebe Sonne her-
vortrat, rauschten auch schon beim Wachtelschlag und Lercheusang
die Sensen durch die reifen Halme am Felde.
Das Mittagsessen brachte Lisbeth, dann hals sie bis zum
Abend sammeln und bindew. Mit duftenden Kornblumen durch-
woben, wurde dann ein Aehrenkranz gebunden und Lisbeth,
die Tochter des Hauses, wurde damit umwunden. Nach alter
Sitte mußte der Oberknecht das Geschäft verrichten. Bei der
linkischen Handhabung kicherten ost die Mägde, wobei Thebel
errötete.
Zu guter Letzt, da blieb eines der bunten Bänder und
Schleisen am Knopfe feines Wammses hängen, da lachte dann
alles recht laut. Lisveth fah sich unversehens gefangen, und
je eifriger sich beide losmachen wollten, umso fester nestelten
sich die Bänder.
Berde wurden rot, über und über rot, und Lisbeth schlug
die blauen Augen zu Boden.
Es war sie beide eine gewisse Scheu überlaufen, und
lange Tage sprachen sie kein Wort mitsammen.
Eines Tages siel ein Küchlein in den Brunnen und
Lisbeth mühte mit dem Eimer sich ab und wollte es heraus-
fischen. Der Thebel sah's und kam zur Hilfe, bald trippelte
und zappelte das kleine nasse Wesen im erwärmenden Sonnen-
schein wieder weiter.
Nach dieser Heldenthat nahm sich der Thebel auch ein Herz.
Lisbeth, sprach er, bist du mir noch böse von damals herN
Warum sollt ich dir böse sein, Thebel ? kannst doch nichts
dafür und das Ding ist nicht nennenswert.
llnd doch macht' ich mir Borwürf' und dachte, du werdest
meinen: ich hätt's vorsätzlich gethan.
Thebel, das hab ich mir nicht gedacht; glaub' nicht, daß
ich so von dir denke.
Wieder einmal war es Abend und wie ein weißer Mühl-
stein groß und rund sah der Mond vom Himmel herab. Lis-
beth hatte die Wäsche im Garten noch hängen, und die Nacht
ist der Diebe Freund.
Lchon schlug die Turmuhr neunmal hintereinander, und
im Garten, da warfen die Bäume recht finstere Schatten, auch
rauschte der Nachtwind geheimnisvoll durch die Blätter. Die
Grillen, die zirpten im Grase recht laut, und schwarze Nachtkäser
brummten und summten, in den Gebüschen auch leuchteten die
Glühwürmer und manchmal ries auch der Uhu, und da zitter-
ten zwitschernd die Sperlinge auf den Bäumen und Lisbeth
erzitterte auch.
Doch da war ja der Thebel noch wach, und hielt Rund-
schau im Hose, ob auch alles in Ordnung und verschlossen.
„Lisbeth, sprach der Thebel, ich werde dir behilflich sein". Lis-
beth gab keine Antwort. Lisbeth, gib mir deine Hand, sieh'st
hier im Pfade unter den Bäumen ists recht dunkel. Und Lis-
beth ließ ihm die Hand, und die Hand bebte in der seinen.
Eine Baumwurzel zog sich über den Pfad, Lisbeth stolperte,
aber Thebel hielt sie in seinen Armen fest, auf daß sie nicht
, falle und Lisbeth ließ das alles geschehen. Sie legte ihren
Kops aus seine Schulter, und ihr Busen schmiegte sich an seine
Brust, und ihr Herz klopfte vernehmlich laut. Dann schlang
sie auch ihre Hände um seinen Hals. „Meine teure Lisbeth",
so wispelte der Thebel, hast du mich gerne?
Und Lisbeth nickte nur mit ihrem Kopse und in ihren
Augen standen die Hellen Thrünen. Dann schmiegte sie sich
fester an ihren Thebel und verschämt flüsterten ihre Lippen:
Mein Thebel! . . und im süßen Kuß erstarben die Worte.
Wie das Reh im tiefen Walde gepeitscht, vom Sturm und
Regen zittert, so übersiel auch Lisbeth ein Bangen, Zagen und
Zittern.
„Lisbeth, sprach der Thebel, meine gute Lisbeth, sei still
und ruhig ohne Furcht und Zagen. Ich hege ja kein fündiges
Verlangen, mein Herz ist so froh und glücklich, denn ich weiß,
du hast mich recht gerne. So, meine Lisbeth, und noch einen
Kuß, nun gute Nacht, ja recht süße gute Nacht!"
„Gute süße Nacht!"
Der Mond, der ging seinen Gang, als wäre nichts ge-
schehen, am Stübchen der Lisbeth entlang. Lisbeth sah ihm
noch lange, recht lange nach, und erst als die Hähne krähten,
schlossen sich ihre Augen.
Der alte Hannwilm war an diesen Tagen im Hause des
Spanbrenner Hannes tagtäglicher Gast. Beide sprachen recht
viel miteinander, bald ganz in der Stille und geheimnisvoll,
bald wieder arg lebhaft und ereifert, aus alte vergilbte Papiere
schrieben sie Zahlen und dividierten und adierten.
„So, Hannes, sprach der Hannwilm, so stehts, und nicht
anders! Fünfzig Morgen Landes, 520 Thaler in Baarem, 2
Pferde mit Geschirr und Wagen, 2 Kühe, k0 Schüssel zum
Anbau! Am Hochzeitstage soll das alles klar und bar über-
schrieben werden. Ich bedinge mir weiter nichts, nur mein
Ausbehalt. Bist du mit mir nun zusrieden?"
„Nun, Hannwilm, das läßt sich hören." Meine Hand
daraus, 's gilt, 's ist abgemacht! Nächsten Samstag gehts ins
Pfarrhaus! Hm — Hannwilm, noch Eines Hannwilm, die
Jmb's zahlst du?
In Gottes Namen das auch noch! So wären wir nun
im Reinen. Leb' Wohl, hab' noch manches zu ordnen, sprach
der Hannwilm, und drollte von dannen.
Der Spanbrenner Hannes machte ein rotes Kreuz in
seinem Kalender, ganz neben den Samstag hin, und als es Frei-
tag war, da ries er seine Hausfrau die Eva und Lisbeth zu sich.
Lisbeth begann er, du bist wahrhaftig schon gar arg groß
und stark. Wie alt bist du denn eigentlich Lisbeth?
Bald werde ich 19 Jahre, Vater!
Hm, neunzehn Jahre! Lisbeth das ist ein Alter da das
Heiraten schon geht. Sieh'st, meine Lisbeth, das hab' ich
denn auch alles schon recht reiflich bedacht und für dich väterlich
gesorgt. Nach langem Suchen habe ich wie einst für deine
Schwester, so nun für dich einen Mann gefunden. Wenn er
auch nicht reich ist, wie ich ihn wünschte so habt ihr doch beide
zu leben. Der langen Rede kurzer Sinn: Du gehst morgen
in das Pfarrhaus zum Handstreich.
Wie die Wand so weiß wurde die arme Lisbeth und mit
gepreßter Stimme stotterte sie hervor: Vater, ihr sagt mir ja
gar nicht, Wer das sei, den ihr mir zugedacht!
Einfältiges Ding, ich sollt's dir gar nicht sagen, wirst's
schon sehen, wenn morgen man dich abholt.
Vater Ihr wollt doch nicht eine Katz im Sack mir an-
binden.
Naseweises Kalb! Du unterstehest dich noch mit deinem
Vater anzubinden? — Du kriegst einen Mann und damit Basta.
„Vater, nehm t das nicht so, es ist ja nur eine Redens-
art, und ich meine wenn ihr nun schon alles wohlüberlegt und
beschlossen hab't, so könnt ihr mir wenigstens den doch nennen,
den ihr mir ausgesucht.
° So! so — so läßt sich nun schon leichter etwas verab-
reden. Sollst ja nicht denken, daß dein Vater hartherzig sei.
Morgen, Lisbeth, wirst du mit Hannwilms Jerch dich versprechen.
Vater, ich lieb' ihn aber nicht.
Du unerfahrenes Kind, das thut nichts zur Sache, es
wird schon alles mit der Zeit von selbst kommen.
(Fortsetzung folgt).