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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 4.1887

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Nr. 7 (1. Juli 1887)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29789#0050
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Mir war's, als hätt' wohl eine Himmelsmacht
Geöffnet mir der Erde tiefsten Schacht,
Um eine Wunderwelt mir dort zu zeigen,
Von der die Mythen Erdgebor'ner schweigen.
Sacht in ein goldnes Märcheureich entrückt,
So wähnt' ich mich und war wie einst entzückt,
Wenn Märchenzauber hold mich hat umwaltet,
Dem Jugendsinn sich schwärm'risch hat entfaltet.
Indes mit der Minuten leifem Flug
Entschwand nun allgemach der schöne Trug.
Zerflossen war das zaub'rische Gefilde
.0 —
Und das exotische Naturgebilde.
Nicht mehr der tropischen Gestirne Glanz —
Nur jenes Gasthofsaal's Lenchtslammenkranz
Hat noch gestrahlt den wonnetrunk'nen Sinnen.
Doch mußte auch das Wunderbild zerrinnen
Nun vor dem Geist — vom holden Bann befreit;
Ward alles auch ein Raub der Wirklichkeit,
So blieb doch Eins: Noch sah ich nah des dunkeln,
Geheimnistiefen Märcheuauges Funkeln,
In das noch ost, wenn es sich hob empor,
Mein Blick und meine Seele sich verlor.
Billigheim. Max Voll m a r.
Mo
Gründung der Wälzer-Kolonie Torüa in Ungarn.
Mitgeteilt von vr. Leyser.
Fortsetzung.
^ZW^us dem Schisse knüpft man schnelle Bekanntschaften an,
wenn die Leute, wie die Pöklinge zusammen-
gepfercht auf einander angewiefen sind. Mit solchen die uns frü-
her fremd und unbekannt gewesen, wird man bald Bruder im
Spiel, und Eines tauscht dem Andern feine Erlebnisse aus. Frei-
lich fanden sich auch manche mit ihrem Schicksale Unzufriedene
Jnsichverfchlossene, Wortkarge, andere wieder waren recht lustig
und froh.
Unter Allen zeichnete sich ein Württemberger Schwabe mit
Namen Kaspar Dünn durch fein loses Maul insbesondere aus.
Seine dünne Gestalt machte feinem Namen alle Ehre; er
mag an die dreißig Jahre alt gewesen fein. Sein bartloses
mageres Kinn, das wackelte fort und fort, denn er erzählte
witzelte, schrie und lärmte den ganzen Tag hindurch. Durch
sein loses Maul hatte er sich schon manchen Vorrang erstritten
und man horchte feinen Reden und Erzählungen. Selbstver-
ständlich war das lauter Windbeutelei, doch brachte auch man-
cher Witz Leben in die Gesellschaft.
Der Kaspar Dünn erzählte seine Lebensgeschichte von der
Geburt bis in die Zukunft hinein, die er noch nicht mitmachte.
Seinen Reden nach wäre er dann und dann geboren.
Seine Eltern wären zwar ehrliche Leute gewesen, aber bei der
Geburt da gings nicht ehrlich zu, ob man ihm glaubte oder
nicht, das fei ihm gleichviel.
Aber so viel ist gewiß, sagte er, ich bin ein Sonntags-
kind! Gleich als ich auf diese Welt kam, konnte ich sprechen
und lausen. Freilich verstellte ich mich und that wie die anderen
Kinder auch thun, denn der Schwabe steckte mir faustdick hinter
den Ohren.
Wartet nur, dachte ich bei mir selbst, ich werde euch schon
einen Schabernack spielen! Des anderen Tages sollte ich ge-
tauft werden und bevor sich die Pathen versammelten, wurde
ich in ein schneeweißes Kissen gebunden. Die Pathen schmei-
chelten mir auch und streichelten meine roten Backen. Ach,
was großes Kind! Was schönes Kind! riefen sie aus in ihrer
Verwunderung und steckten dabei die harten Thaler in mein
Tauskissen, und aufrichtig gesagt, auf das hatte ich nur gewartet.
Dann wurde ein schwarzes Tuch über mich ausgebreitet
und man überließ mich meinen Gedanken. Die Pathen berieten
sich dann untereinander. Während dessen kroch ich, suchte mir
meinen harten Thaler aus der Vermummung und husch —
es hats Niemand bemerkt! Die Pathen wurden endlich mit
dem Namen einig rind trugen das vermeinte Kind bedächtig
und stolz in die Kirche. Da — oh weh'! Wo ist das Kind,
das Kind ? Verloren! Sie suchten und suchten und sanden
mich nie.
Denn ich war nicht faul und machte mich aus die Beine,
lief zum Schneider und kaufte mir Kleider. Was hätte ich
auch in der armseligen Hütte meiner armen Eltern angefangen?
So machte ich mich dann aus die Wanderschaft und durchwan-
derte aller Herren Länder, und bis heutigen Tages bin ich noch
nicht getauft, habe keine Pathen und bin noch ein Heide.
Der Kaspar wurde nicht müde vom vielen Erzählen; so
erzählte er so manches Stückchen aus seiner Wanderschaft.
Ich habe, sprach er, wie das „Hännschen Lernegern" alle
Professionen ausstudiert, daß ich jedoch an keiner besonderen
Gefallen gefunden, daran sind einzig und allein nur die Herrn
Meister schuld, denn die Herrn Meister wollten mir nicht recht
folgen, deshalb ließ ich sie auch stets im Stiche.
Dem Baumeister, bei dem ich acht volle Tage war, wollte
ich die neueste Bauart begreiflich machen. Man sollte nach
meinem wohlbedachten Plane die Häuser nicht wie es bisher
gang und gebe von unten zu bauen beginnen, sondern von oben,
was um vieles leichter durchzusühren wäre und auch nicht so
viel Zeit und Arbeitskraft in Anspruch nehmen würde. Das
wollte nun dem guten Manne aus keine Weise einleuchten und
da er aus meine Pläne nicht einging, ließ ich ihn sitzen.
Dem Schuster machte ich unter sechs Tagen ein Paar
Stiefel fix und fertig. Die waren auf ewige Dauer und hätten
aus Ur-Urenkel vererbt werden können. Daß nun diese neue
Mode dem Schuster nicht gefiel, das könn't ihr euch Wohl
denken. Larifari, sprach er, dann kommt mir ja keiner mehr
mit einem verrissenen Stiefel. Da wurden wir uneins, ich
ging. Der Schuster blieb bei seinem Leisten.
Beim Müller machte ich in wenigen Tagen die herrlichste
Erfindung. Die erste Probe gelang aus das Glänzendste, bei
der „Mehlschütte" pumpsten gleich, statt des staubigen Mehles,
die frisch gebackenen Kipfel und Semmel heraus, ganz rasch
und duftig, nur zum dreinbeißen. Das geschah' Alles uner-
künstelt auf die leichteste Weise. Ich „schot" (goß) blos ein
wenig Wasser zwischen die heißen Mühlsteine. Der Müller
war recht zufrieden, allein da kam mir die ganze Bäckerzunst
üben den Rücken und ich mußte das Weite suchen.
So traf mein findiger Geist bei allen Zünften recht viele
 
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