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seinen Charakter wesentlich verändert infolge der aristokratischen
Umbildung der ständischen Verhältnisse?)
Von den späteren Franken zur Zeit Pippins wurde die
Bezeichnung oampus Nurtius (oder Nortis cumpus, wie viele
alte Annalisten die Versammlung nennen) in Nm eumpus oder
0UMPU8 NucUus, Maifeld, verwandelt?) Dieser Name ist auch
unter Karl d. Gr. bcibehalten, ja dann noch, als die Versamm-
lung häufig später, im Juni, Juli oder August, abgehalten
wurde?)
Der Name „Nai eampus^) hat sich noch erhalten in „Mai-
kammer." Für diese Ableitung sprechen, abgesehen von der
lautlichen Übereinstimmung, auch noch Gewannenamen, wie (das
1825 urbar gemachte) „Spielfeld", „Heldenpsad" u. s. w. Da-
gegen konnte ich von einer besonders festlichen Begehung des 1.
Mai, wie FreyH berichtet, an Ort und Stelle nichts erfahren.
In seiner höchst interessanten Schrift „Über Namen und
Zeit des eampas Nartius bei den alten Franken" liefert ö. L.
TüreusH den Nachweis, daß der eigentliche Oviup. Narb. wahr-
scheinlich niemals im März stattgefunden habe, und daß sein
Name nicht etwa von dem Monat März, sondern von dem
Gotte Nars oder vielmehr Mu oder Mu herzuleitcn sei. Ver-
fasser kann sich dabei aus eine übertausendjährige Autorität, den
gelehrten Erzbischof Nioenmr von Uüeims (ff 882) berufen?')
Tie ursprüngliche Benennung des Nartis eainpus wäre
also Feld des Mu oder Liu, Mmvesvelt, Mosvsit, Mvesvolt-
Diesen Namen dürsten wir wieder finden in „Diedesfeld".")
Förstemann") allerdings führt Diedesfeld unter denjenigen
zusammengesetzten Ortsnamen an, deren erster Teil unmittelbar
das goth. tüiucio ist, ahd. äiot, mhd. (list, populas, gmis, vuto^z.
Darnach wäre Diedesfeld „Dolksfeld", was jedenfalls auf eine
hier stattgefundene Volks- oder Heeresversammlung") schließen
ließe.
Leiten wir aber Diedesfeld von Mssvolt etc. ab, so haben
wir den gleichen lautlichen Prozeß wie in Dienstag. Denn auch
dieser Tag (lat. äies Nortis, franz, nmräi) war jenem Gotte
? Tas Nähere bei Waitz: II 512 u. 543.
Z vgl. n. M Mmsim: Über Namen und Zeit des eampus Nartlug
der alten Franken. Im Jahresbericht des Lycenms I zu Hannover 1872,
S. 3 ff. Im gleichen Jahre zu Berlin im Buchhandel erschienen.
Waitz: deutsche Verfaffungsgeschichte. 1860 Bd. II I. S. 469 ff.
I Die Ableitung des Namens von Maia, der Mutter des Merkur,
ist trotz einer bei der Maxburg gefundenen Merkurstatue nicht wohl anzu-
nehmen. vgl auch: „Mehlis: Fahrten durch die Pfalz" S. 77 u. 78.
Z Frey- Versuch einer aeogr.-histor. Beschreibung des k. b. Rhein,
kreises. I. Teil 1836. S. 267 ff.
b) S. Anm 4.
? Hincnrari Mta RsmiLÜ bei Lougust: Rssiisi! cks8 IiiKorisim äs8
6anlk8 III, 374 : „Nran8acto anno OlUaäorvicrm rsx, nt onaninm arnrorum nito-
ism viäsvet, oinnsm sxereitunr iu88it eunr armoruin apparatu venire saenn-
änm rnorern in 6 a m p n m N g. v t i u m. 8 i o 6 n i in 6 o n v 6 n t u in i 11 u m
vocabant a Narbe, g u e m p a § ani D 6 u in bsI11 srsüsbant'
a gao ab Narbium rnsn8ein st tsrtiarn tsriain äisin Nartw appsllavsrant.
u s in e o n v s n t n nr p o 8 t s r i o i- s 8 I? ia n s i N a i - e a in p u in ,
guanelo r«A68 aä bslla 8o1snt prossäsrs, voeari in8ti-
tusr un w. Außerdem verweise ich noch auf Stelle in den ann. Vaurs8li.
S. 26 (s. Waitz III, 469 Anm. 1): „V Silit 1 b a 8 8 i I o a cl Narti8
e a !N p u NI in IN 6 n 8 6 Naäi 0." betr. weiterer G cünde s. Ahrens S.
3, 4 u. 10 ff.
'°) nrspr. Dutinsfeld (Frey I, 249), I)utin8vslt «Lavaria IV, 2. Abt.
613), I)ntänn8velt (Förstemann (Anm. 11) S. 1377).
M Förstemann: Altdeutsches Namenbuch. 1819. II. Bd. Orts-
namen. S. 1374 u. 1377.
Waitz: II, 521: „das Heer ist das Volk und eine Heerversamm
lung muß auch als eine Volksversammlung angesehen werden."
geweiht und hieß Mestao, welche Form noch im schwäb. M-
8li§,") im engl. tueZäLzu sowie im bayr. Lrta§, Lrotu§, Lrob-
tux oder ckrtuo- bewahrt wurde. Denn Lr oder Lor ist iden-
tisch mit Mu.")
Auch die Nähe von Kirrweiler (-Kirchweiler) spricht für
meine Annahme. Denn dorten erhob sich, wie schon der Name
besagt, jedenfalls eine der ersten christlichen Kirchen jener Ge-
gend. „Man liebte aber die Stätten des alten Gottesdienstes
dem neuen zu unterwerfen und die alten Götter, die jetzt zu
Dämonen geworden, durch die Symbole des siegreichen Glaubens
zu verscheuchen."")
Sei dem, wie ihm wolle, mag Diedesfeld „Volksfeld" oder
„Feld des Mu" bedeuten, jedenfalls bieten beide Ableitungen
eine Bestätigung für die Abhaltung einer großen Heeresvcrsamm-
lung bei Maikammer.
Noch einige Worte über den hier so oft genannten Gott!
Mu") war einer der hehrsten Himmlischen, ja der höchste Gott,
der erst durch Wodan und Thor —- d. h. den römisch-keltischen
Einfluß") — verdrängt wurde. Seine Hauptverehrungsstätten
sanden sich in Schwaben und Thüringen. Auch die spätere
Zeit stellte den Liu oder Lr entweder neben Thor oder er wurde
im Kultus einzelner Stämme mit Thor zusammengeworfen, wie
ja auch die Ziwa oder Ere, die Isis des Tacitus,") den Cha-
rakter einer Kriegsgöttin bewahrt hat.
Heidelberg. Eduard Stoch.
'M Hebels Akamamnsche Gedichte: „Hans u. Verene": „Am Zistig
srueih bi'm Brunne u. s. w."
M L>68bsib F'üh° mit monz Ngi'tib überseht. S. Ahrens S. 4.
Ehrenbürg bei Dorchheim in Franken. S. Zoepfl. (Anm. 16) S. II.
M Felix Taha: „Ein Kampf um Rom". 6. Aufl. 1880. Bd. II.
S. 200.
M vgl. Grimm: „Deutsche Mythologie". 3. Ausg. 1854. S. 175
ff. Zoepfl.: „Deutsche Volks- u. StaatsgsseLichte". 1844. S- 8-II.
M Pros. Dr. Martin-Straßburg: Vorlesung über ältere deutsche
Lllteratur. 5V. 8. 1886 87.
'I Dm. Esrm. cmp. 9: par8 8uebvrum sk Dicli xaeriticat.
Jur Deutsch-Lsthriugischon u. Pfälzischen Orts-
namenkunde.
Von Nr. PH. Keiper.
(HchH? ls ich im iLLptember v. I. auf der Reise nach Straßburg
Ä/W zu den Kaisertagen zum erstenmal die Strecke Saarge-
münd—Saarburg befuhr, schlugen lauter echt deutsche
Namen beim Anhalten an den einzelnen Stationen an
' mein Ohr, wie Neuscheuern, Hambach, Willerwald,
Schopperten, Pisdors, Wolfskirchen, Fiustingen, Berthelmingen
beweisen. Der Name Kes-kastel verrät durch den zweiten
Bestandteil leicht römischen Ursprung wie Vlies-kastel, Bern-
kastel a. d. M., Kastel gegenüber Mainz, ferner Dur-kastel-
Dürrkastel (Triclum Castrum) in Deutsch-Lothringen, vgl. auch
Neu-kastel, Name eines Hofes bei Leinsweiler i. d. Pf. Im
ersten Teil von Kes-kastel möchte ich das zusammengeschrumpfte
ältere NimZ-gs, G. von üüuso, finden, so daß also der Name
eigentlich Königskastel lautete, vgl. Königshofen. Ebenso ver-
mute ich, daß Käshofen, Dorf bei Homburg i. d. Pf., ur-
sprünglich gleichfalls „Königshofen" geheißen hat; beweisen kann
ich dies nicht, da ich die ältere urkundliche Schreibung im Augen-
seinen Charakter wesentlich verändert infolge der aristokratischen
Umbildung der ständischen Verhältnisse?)
Von den späteren Franken zur Zeit Pippins wurde die
Bezeichnung oampus Nurtius (oder Nortis cumpus, wie viele
alte Annalisten die Versammlung nennen) in Nm eumpus oder
0UMPU8 NucUus, Maifeld, verwandelt?) Dieser Name ist auch
unter Karl d. Gr. bcibehalten, ja dann noch, als die Versamm-
lung häufig später, im Juni, Juli oder August, abgehalten
wurde?)
Der Name „Nai eampus^) hat sich noch erhalten in „Mai-
kammer." Für diese Ableitung sprechen, abgesehen von der
lautlichen Übereinstimmung, auch noch Gewannenamen, wie (das
1825 urbar gemachte) „Spielfeld", „Heldenpsad" u. s. w. Da-
gegen konnte ich von einer besonders festlichen Begehung des 1.
Mai, wie FreyH berichtet, an Ort und Stelle nichts erfahren.
In seiner höchst interessanten Schrift „Über Namen und
Zeit des eampas Nartius bei den alten Franken" liefert ö. L.
TüreusH den Nachweis, daß der eigentliche Oviup. Narb. wahr-
scheinlich niemals im März stattgefunden habe, und daß sein
Name nicht etwa von dem Monat März, sondern von dem
Gotte Nars oder vielmehr Mu oder Mu herzuleitcn sei. Ver-
fasser kann sich dabei aus eine übertausendjährige Autorität, den
gelehrten Erzbischof Nioenmr von Uüeims (ff 882) berufen?')
Tie ursprüngliche Benennung des Nartis eainpus wäre
also Feld des Mu oder Liu, Mmvesvelt, Mosvsit, Mvesvolt-
Diesen Namen dürsten wir wieder finden in „Diedesfeld".")
Förstemann") allerdings führt Diedesfeld unter denjenigen
zusammengesetzten Ortsnamen an, deren erster Teil unmittelbar
das goth. tüiucio ist, ahd. äiot, mhd. (list, populas, gmis, vuto^z.
Darnach wäre Diedesfeld „Dolksfeld", was jedenfalls auf eine
hier stattgefundene Volks- oder Heeresversammlung") schließen
ließe.
Leiten wir aber Diedesfeld von Mssvolt etc. ab, so haben
wir den gleichen lautlichen Prozeß wie in Dienstag. Denn auch
dieser Tag (lat. äies Nortis, franz, nmräi) war jenem Gotte
? Tas Nähere bei Waitz: II 512 u. 543.
Z vgl. n. M Mmsim: Über Namen und Zeit des eampus Nartlug
der alten Franken. Im Jahresbericht des Lycenms I zu Hannover 1872,
S. 3 ff. Im gleichen Jahre zu Berlin im Buchhandel erschienen.
Waitz: deutsche Verfaffungsgeschichte. 1860 Bd. II I. S. 469 ff.
I Die Ableitung des Namens von Maia, der Mutter des Merkur,
ist trotz einer bei der Maxburg gefundenen Merkurstatue nicht wohl anzu-
nehmen. vgl auch: „Mehlis: Fahrten durch die Pfalz" S. 77 u. 78.
Z Frey- Versuch einer aeogr.-histor. Beschreibung des k. b. Rhein,
kreises. I. Teil 1836. S. 267 ff.
b) S. Anm 4.
? Hincnrari Mta RsmiLÜ bei Lougust: Rssiisi! cks8 IiiKorisim äs8
6anlk8 III, 374 : „Nran8acto anno OlUaäorvicrm rsx, nt onaninm arnrorum nito-
ism viäsvet, oinnsm sxereitunr iu88it eunr armoruin apparatu venire saenn-
änm rnorern in 6 a m p n m N g. v t i u m. 8 i o 6 n i in 6 o n v 6 n t u in i 11 u m
vocabant a Narbe, g u e m p a § ani D 6 u in bsI11 srsüsbant'
a gao ab Narbium rnsn8ein st tsrtiarn tsriain äisin Nartw appsllavsrant.
u s in e o n v s n t n nr p o 8 t s r i o i- s 8 I? ia n s i N a i - e a in p u in ,
guanelo r«A68 aä bslla 8o1snt prossäsrs, voeari in8ti-
tusr un w. Außerdem verweise ich noch auf Stelle in den ann. Vaurs8li.
S. 26 (s. Waitz III, 469 Anm. 1): „V Silit 1 b a 8 8 i I o a cl Narti8
e a !N p u NI in IN 6 n 8 6 Naäi 0." betr. weiterer G cünde s. Ahrens S.
3, 4 u. 10 ff.
'°) nrspr. Dutinsfeld (Frey I, 249), I)utin8vslt «Lavaria IV, 2. Abt.
613), I)ntänn8velt (Förstemann (Anm. 11) S. 1377).
M Förstemann: Altdeutsches Namenbuch. 1819. II. Bd. Orts-
namen. S. 1374 u. 1377.
Waitz: II, 521: „das Heer ist das Volk und eine Heerversamm
lung muß auch als eine Volksversammlung angesehen werden."
geweiht und hieß Mestao, welche Form noch im schwäb. M-
8li§,") im engl. tueZäLzu sowie im bayr. Lrta§, Lrotu§, Lrob-
tux oder ckrtuo- bewahrt wurde. Denn Lr oder Lor ist iden-
tisch mit Mu.")
Auch die Nähe von Kirrweiler (-Kirchweiler) spricht für
meine Annahme. Denn dorten erhob sich, wie schon der Name
besagt, jedenfalls eine der ersten christlichen Kirchen jener Ge-
gend. „Man liebte aber die Stätten des alten Gottesdienstes
dem neuen zu unterwerfen und die alten Götter, die jetzt zu
Dämonen geworden, durch die Symbole des siegreichen Glaubens
zu verscheuchen."")
Sei dem, wie ihm wolle, mag Diedesfeld „Volksfeld" oder
„Feld des Mu" bedeuten, jedenfalls bieten beide Ableitungen
eine Bestätigung für die Abhaltung einer großen Heeresvcrsamm-
lung bei Maikammer.
Noch einige Worte über den hier so oft genannten Gott!
Mu") war einer der hehrsten Himmlischen, ja der höchste Gott,
der erst durch Wodan und Thor —- d. h. den römisch-keltischen
Einfluß") — verdrängt wurde. Seine Hauptverehrungsstätten
sanden sich in Schwaben und Thüringen. Auch die spätere
Zeit stellte den Liu oder Lr entweder neben Thor oder er wurde
im Kultus einzelner Stämme mit Thor zusammengeworfen, wie
ja auch die Ziwa oder Ere, die Isis des Tacitus,") den Cha-
rakter einer Kriegsgöttin bewahrt hat.
Heidelberg. Eduard Stoch.
'M Hebels Akamamnsche Gedichte: „Hans u. Verene": „Am Zistig
srueih bi'm Brunne u. s. w."
M L>68bsib F'üh° mit monz Ngi'tib überseht. S. Ahrens S. 4.
Ehrenbürg bei Dorchheim in Franken. S. Zoepfl. (Anm. 16) S. II.
M Felix Taha: „Ein Kampf um Rom". 6. Aufl. 1880. Bd. II.
S. 200.
M vgl. Grimm: „Deutsche Mythologie". 3. Ausg. 1854. S. 175
ff. Zoepfl.: „Deutsche Volks- u. StaatsgsseLichte". 1844. S- 8-II.
M Pros. Dr. Martin-Straßburg: Vorlesung über ältere deutsche
Lllteratur. 5V. 8. 1886 87.
'I Dm. Esrm. cmp. 9: par8 8uebvrum sk Dicli xaeriticat.
Jur Deutsch-Lsthriugischon u. Pfälzischen Orts-
namenkunde.
Von Nr. PH. Keiper.
(HchH? ls ich im iLLptember v. I. auf der Reise nach Straßburg
Ä/W zu den Kaisertagen zum erstenmal die Strecke Saarge-
münd—Saarburg befuhr, schlugen lauter echt deutsche
Namen beim Anhalten an den einzelnen Stationen an
' mein Ohr, wie Neuscheuern, Hambach, Willerwald,
Schopperten, Pisdors, Wolfskirchen, Fiustingen, Berthelmingen
beweisen. Der Name Kes-kastel verrät durch den zweiten
Bestandteil leicht römischen Ursprung wie Vlies-kastel, Bern-
kastel a. d. M., Kastel gegenüber Mainz, ferner Dur-kastel-
Dürrkastel (Triclum Castrum) in Deutsch-Lothringen, vgl. auch
Neu-kastel, Name eines Hofes bei Leinsweiler i. d. Pf. Im
ersten Teil von Kes-kastel möchte ich das zusammengeschrumpfte
ältere NimZ-gs, G. von üüuso, finden, so daß also der Name
eigentlich Königskastel lautete, vgl. Königshofen. Ebenso ver-
mute ich, daß Käshofen, Dorf bei Homburg i. d. Pf., ur-
sprünglich gleichfalls „Königshofen" geheißen hat; beweisen kann
ich dies nicht, da ich die ältere urkundliche Schreibung im Augen-