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Verein Historisches Museum der Pfalz [Editor]; Historischer Verein der Pfalz [Editor]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 4.1887

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Nr. 10 (1. Oktober 1887)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29789#0078
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- 78 —

nahe der pfülz.-lothr. Grenze, und weiterhin mit Pfeffingen
bei Dürkheim. Dieser Name lautet in Urkunden der Karo-
lingischen Zeit und ist nach Mehlis (Stud. z. alt.
Gesch. der Rheinlands, 6. Abt.-Jahresber. d. Hist. Ver. d. Pf.
1883 p. 56) auf einen Personennamen Uollo oder Lello zurück-
zuführen, der augenscheinlich eng mit kippln zusammengehört.
Ram-bachhof erinnert an Ram-berg und Ramstein,
Rod-alben, N. eines Dorfes im Kreis Chateau-Salins und
eines pfälzischen bei Pirmasens, ist aus „Albe", worin man,
soviel ich weiß, ein keltisches Wort für „Fluß" zu sehen Pflegt,
(vgl. Bicken-Tru-albe!) und dem in „rod-en, Rod-ung" enthal-
tenen Stamm zusammengesetzt, wenn nicht etwa an „roth" zu
denken ist; Rohrbach, Rüssingen (das pfälzische R. liegt
am Donnersberg), Schall-bach vergleicht sich mit Schall-
odenbach, Scheidt-Scheidt (pr.) bei St. Ingbert und
Schaidt im Bienwald, Schantz vgl. Schanzer Mühle bei
Homburg, Schiers-thal ruft uns Schiersfeld ins Gedächt-
nis, S chn ecken-bus ch, S chnecken-haus en, Steinbach,
Stockbronn-Stockborn, Ut tw ei ler-Utweiler bei Blies-
kastel. Lautlich den gleichen Wert mit Ut- oder Uttweiler hat
Ott-Weiler (öfter) und Aud-weiler (lothr.). Denn wir haben
hierin nur verschiedene Spielarten, dialektisch verschieden ent-
wickelte Lautformen des nämlichen Personennamens vor uns:
Otto hat in älterer Zeit kto (Xdü Iläo, wie Oäo neben Ot(wo
und Iloto gelautet, was unter anderm der Name der Frau
Hots oder Ute (Feminine) im Nibelungenlied, ferner kto-kulm
auf dem Rigi und der Ustli-berg (Verkleinerungsform) bei
Zürich zeigt. Ilten und (aus altem koto hervorgegangen) weiten
sind Genetivformen-Otten, mhd. Otten, älter Otin (s. unten bei
Edenkoben!), daher erklären sich leicht folgende Ortsnamen, die
alle im ersten Glied diesen PN. enthalten — eine ganz voll-
ständige Liste würde zuviel Raum beanspruchen —: Otten-
reut (Ottenreit, Otin-Wohl Abkürzung des Volkes —), Dorf in
Böhmen, Kr. Eger, ---- Otten-rieth (Oberpfalz) ----- Otten-
ried (Weiler im württ. Jaxtkreis) --- Uttenreuth, Dorf bei
Erlangen, Auten-ried, Dorf bei Günzburg im bayerischen
Schwaben, als Familienname Autenrieth geschrieben. Neben
Autenried ist zu stellen: Auten-Weiler (Baden), Auten-
haus en (Württemberg, Obersrk.), Auten-dorf in Ostcrr. u.
d. E., bzw. fr. Kurhessen). Ottoried, offenbar Benennung
aus späterer Zeit, heißt ein Weiler bei Friedberg in Oberbayern.
Das obenerwähnte lothr. Aud-Weiler hieß 1662 Ottwiller
— ein deutlicher Beweis von dem Durcheinandergehen der be-
sprochenen Lautgestaltungcn des Namens — ist also völlig gleich
Hottwiller (Ottwiller), Name eines Dorfes bei Bitsch. —
(Fortsetzung folgt).

Deutsche Aialekt-Aichtmig, insdes. pM;ische Poesie,
von vr. Ed. Sa bell.

„Pülzersproock — a hibscksi Sprooch!
Kann mer's nit, so laul's dernooch.
Saal's dock Dcnne,
Wo's nig könne,
Tatz sie uns nlt die Sprooch verschänne!"


l.
an sage was man wolle — unsere Zeit ist keine Poe-
tische und daher auch den dichterischen Erzeugnissen
wenig günstig. Bei den alten Hellenen kam auf
die Heldenzeit des trojanischen Krieges die große Epoche
Homers; ebenso folgte aus die Perserkriege eine

neue Blütezeit der Poesie. Als die Römer mit Kriegesruhm
gesättigt waren und die Welt mit ihren Thaten erfüllt hatten,
nahte auch für sie das „Augustische Alter". Bei den Fran-
zosen — soweit bei ihnen von wahrer Poesie die Rede sein
kann — verherrlichte Moli6re, ihr einziger wirklicher Dichter,
mit anderen kleineren Geistern die Eroberungs- und Verwüstungs-
Epoche Ludwigs XIV., die Entstehungszeit der „Gloire". Wenn
unter Napoleon I. kein namhafter Dichter erstand, so liegt das
nicht am guten Willen, sondern an der unpoetischen Sprache
und der geringen dichterischen Begabung dieses Volkes; statt der
Verskünftler arbeiteten erfindungsreiche Geschichtschreiber am
Ruhmestempel. Bei den Engländern fiel die glorreiche Re-
gierung der Elisabeth zusammen mit den unsterblichen Werken
Shakespeares. Wir Deutsche hatten Wohl unter den
Hohenstaufen ebenfalls eine poetische Blütezeit, als Germania
an der Spitze der europäischen Bewegung stand. Seit dem 30-
jührigen Kriege aber änderte sich die Sache; der früher so stolze
deutsche Geist bekam einen ganz anderen Charakter, der leider
noch heute nachwirkt. Ein zweiter dichterischer Aufschwung unserer
Nation sand in der Periode unserer tiefsten politischen Ernied-
rigung statt, als die besseren Köpfe und reicheren Gemüter aus
der trüben Wirklichkeit sich in erträumte Reiche flüchteten, und
seitdem leben wir in der Epigonenzeit, aus der selbst die großen
Thaten von 1864 bis 1871 unser Volk nicht auszurütteln ver-
mocht haben. Daß dieser Mangel auch von anderer Seite er-
kannt worden, scheinen einzelne rühmenswerte Bestrebungen der
neuesten Zeit, wie die Sammlungen unserer Kriegslieder, die „Lie-
der zu Schutz und Trutz", die „deutsche Dichterhalle", u. dgl.
zu beweisen. Aber noch immer fehlt uns das rechte Selbstbewußt-
sein, die eigene Hochschätzung, und nach wie vor schauen wir
aus unsere Nachbarn, selbst nach Frankreich, um von dort in
Original und Übersetzung herüberzuholen und zu bewundern,
was doch tief unter unseren eigenen Erzeugnissen steht.
Ich erkläre nicht, ich konstatiere blos. Statt, daß nach
dem gewaltigen Nationalkriege, nach den beispiellosen Siegen,
die wir — in solcher Weise uns selbst unerwartet — davon
getragen, nicht bloß ein politischer, sondern auch ein geistiger
Aufschwung der Nation zu erwarten war, statt daß die Edleren
unseres Volkes endlich das Bedürfniß empfinden sollten, einen
erhöhten Eifer aus die Reinigung und Heilighaltung unserer
Sprache zu richten, sind wir gegen das Ausland so sklavisch wie
je, sieht sich namentlich unsere Muttersprache nicht
Weniger nachlässig behandelt; keine Zeitung, kein wissenschaft-
liches oder belletristisches Werk schätzt es sich zur Ehre, sein
säuberlich mit der schönen und herrlichen Sprache, die der
Deutschen Erbteil ist, umzugehen. Das Fremde dünkt uns immer
noch besser und preiswürdiger als das Eigene, und wir fahren
fort zu schätzen, was „recht weit her" ist. „Besäßen wir
nicht so viel Bescheidenheit" — sagte Hermann Grimm schon
1861 in seinem Werke über Goethe, — „hätten wir dagegen
den Nationalstolz des Engländers, Franzosen, Spaniers, Ungarn,
Russen, Amerikaners u. s. w., und wären wir uns unserer gei-
stigen Reichtümer bewußt ihrem ganzen Umfange nach, — wir
müßten aus die genannten in die andern Nationen herabsehen
wie aus Zwerge neben uns!" —
Und wie die Sprache selbst, so traktieren wir auch die
Mundarten derselben. Wie bereits durch die massenhafte
Aufnahme von Fremdwörtern der Charakter unserer Sprache
und damit auch unserer Nation verschlechtert und gefälscht wor-
den, so hat man auch angefangen, den eigentümlichen Charakter
 
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