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Verein Historisches Museum der Pfalz [Editor]; Historischer Verein der Pfalz [Editor]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 4.1887

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Nr. 11 (1. November 1887)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29789#0088
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- 88 -

Landstuhl, ein anderer über die Roßbacher Höhe, Becherbach,Heiligen-
moschel nach Kreuznach. Zu Füßen der Burg lag zwischen zwei
Lauterarmen die bürgerliche Ansiedelung; Wallstadt oder auch
Walstadt wird noch heute der Ort genannt. Beim Bahnbau
1882/83 stieß man hier aus Graburnen re. römischer Herkunft.
Die gemachten Funde gelangten in das Kreis-Museum.
vr. C. Mehlis.

LitLoratnr.
11.
seli. Lür den Geschichtsforscher mag es ein hohes "Wonnegefühl sein,
hinunterzutauchen in vergangene Jahrhunderte und die Geschichten und
Sagen der „Väter in des Grabes wacht" wieder ans Lieht zu ziehen, der
Nation zum erhabenen Vorbild wie zum warnenden Cxeinpel. Aber auch
derjenige, welcher nicht Geschichtsforscher von Beruf ist, erwirbt sich ein
hohes Verdienst, wenn er die Erinnerung an die Heroen früherer Zeiten
wieder neu belebt, und es gewinnen solche biographische Skizzen und Ab-
handlungen noch mehr an wert, wenn sie ihren Stoff der heimatlichen
Geschichte entnehmen. Ein solches werkchen liegt uns heute vor: Sranz
von SickingensNachkommen vonZohannes Hüll. (Ludwigshafen,
Lauterborn's Verlag Preis 1,50 Mk.) Sranz von Sickingen, ein Lremplar
jener reckenhaft unbändigen Ldelleute des Mittelalters, Sickingen, der durch
seinen religiösen Sreimut Träger eines politischen und religiösen Reform-
gedankens und dessen Lebensgeschichte ein Stück der Geschichte unseres
pfälzischen Heimatlandes geworden: der Mann verdient es wohl, daß wir
seinen Spuren auch noch über seine Lebenszeit hinaus folgen und das
tragische Ende seines Geschlechtes kennen lernen. Die Geschichte seiner
Nachkommen zeigt uns — wie Hüll sagt - ein Bild fanatischen Bestre-
bens den von Sranz gepflanzten Baum zu fällen und auszurotten, der
aber fortwährend neue Äste und Schößlinge treibt, bis endlich der letzte
Enkel „schlürft den Lecher irdischer Bedrängnis und bitterer Widerwär-
tigkeit" und „büßt die Schuld seiner vorfahren." Das werkchen, dem
ein Bild der Lbernburg nach einer alten Zeichnung beigegeben ist,
behandelt: Einleitung in die Sickinger Geschichte; Unterhandlungen mit
denSürsten; Sickingens Binder; Sickingens Enkel; Vorgänge in der Herr-
schaft Landstuhl; desgl. in Lbernburg; die letzten Sickingen in der Pfalz.
Dasselbe entrollt vor unfern Augen eigenartige und höchst merkwürdige
Bilder, wir sehen daraus: wie der Ahne Sranz für Glaubensfreiheit und
Duldung, so haben viele seiner Nachkommen für Glaubensbeschränkung
für Knechtung der Personen und Geister gekämpft und gerungen; wir
erfahren, wie dieselben in der Erweiterung herrschaftlicher Rechte in der
Sertigkeit und Lindigkeit, Geld zu erwerben, im Beitreiben neuer Spor-
teln und Steuern eine wahre Virtuosität erlangten, — wie aber trotz alle-
dem ihre stattlichen Burgen und Vesten einem finstern Geschick zum Opfer
fallen, und wie endlich der letzte Sickingen I8Z2 in Rot und Elend endete,
vorstehende Andeutungen wollen zeigen, in welch anziehender Lorin und
mit wie viel Glück und Geschick der Verfasser, der zum pfälz. Geschichts-
forscher wie geboren scheint, sich seiner Aufgabe entledigt hat. Hüll,
durch seine poetischen Werke nicht minder rühmlich bekannt wie durch
mehrere geographische und historische Schriften, hat durch das vorliegende
sehr empfehlenswerte werkchen zur Bereicherung unserer pfälz. Litteratur
beigetragen; dafür dsirfte ihm jeder Leser Dank zollen. Und so in ähn-
licher weise sprechen sich auch die andern größern Blätter unserer Pfalz
wie z. B die Pfälzer Zeitung, Reue Bürgeczeitung, Neustadter Zeitung,
Mainzer Anzeiger, pfälz.Lehrerzeilung u. s. w. über Hülls neuestes Opus aus.
(Nach der „pfälzischen Presse" vom ZI. Mai 1882.)

III.
Nach längerer Pause ist soeben die III. Abteilung einer
bemerkenswerten Schrift über die Agrarfrage (Bauernfrage)

erschienen. Wir meinen „Die Agrarfrage der Gegen-
war t" von vr. Eugen Jäger, Nedacteur der „Pfälzer
Zeitung" in Speyer (Verlag von Puttkammer und Mühlbrecht
in Berlin. Unter den Linden 64). Die beiden ersten Abtei-
lungen dieser Schrift konnten sich einer günstigen Aufnahme
erfreuen. Die vorliegende III. Abteilung nennt sich gleichfalls
wieder „Socialpolitische Studien". Sie beginnt mit Behandlung
der Heimstätten- und Pfändungs-Gesetzgebung und behandelt
die betreffende nordamerikanische, canadensische und ostindische
Gesetzgebung. Dann erhalten wir ein Bild der Verteilung des
Grundeigentums und der Anbaustatistik im Deutschen Reiche
mit besonderer Schilderung des kleinbäuerlichen Besitzes, des
Bauernhofes und des Großgrundbesitzes. Hieran reiht sich nun
eine längere Untersuchung über die große Frage, was vorzu-
ziehen sei, die geschlossene oder freie Agrarverfassung. Die
sociale Bedeutung dieser beiden Systeme, ihre Rückwirkung auf
das Gewerbe u. s. w., alles erfährt eine eingehende Würdigung.
Der Verfasser neigt sich schließlich der freien Agrarverfassung
zu, ohne indessen die Vorzüge des Hofbauernsystems zu verkennen.
Eine Abhandlung über das Verkoppelungswesen und die Agrar-
verfassung der Israeliten schließt sich an. Das Höferecht und
die Höferolle werden dann eingehend geschildert und ihre gesetz-
liche Einführung für die Länder, wo die Volkssitte es zuläßt,
empfohlen. Dann folgen Darlegungen über die Forderung der
Testamentssreiheit, Vorschläge zum agrischen Erbrecht, Gedanken
über die Einführung eines Besitz- und Parcellen-Minimums
über die Erbpacht, über die Agrarverhältnisse im deutschen Nord-
osten, und die Schaffung eines freien Bauernstandes daselbst.
Zu der wichtigen Frage der Getreidezölle bringt das Buch reich-
haltiges Material, indem es die bezüglichen Verhältnisse in
Nordamerika und den übrigen Weltkornkammern, den Zollschutz
der französchen Landwirtschaft und die Lage der Dinge in Deutsch-
land schildert. Besonders interessant sind die Angaben über
Deutschlands Bedarf an Brotgetreide und der Nachweis, daß
auch der kleine Bauer an den Getreidezöllen Interesse hat. Da-
bei erhalten wir ein lehrreiches Bild von der socialen Gliede-
rung der landwirtschaftlichen Bevölkerung. Die Frage, ob wir
unseren Brotbedars nicht selbst erzeugen könnten, wird ebenfalls
besprochen und die capitalistische Gefahr hoher Kornzölle (daß
dem Bauer der ganze Vorteil bald wieder zu gunsten des
Kapitals entschwindet) gleichfalls berührt. Das letzte Kapitel
der reichhaltigen Schrift beschäftigt sich mit dem mitteleuropäi-
schen Zollverein, der sich als Mittel empfiehlt, unsere Landwirt-
schaft zu schützen ohne zu Getreidezöllen Zuflucht nehmen zu
müssen.
Das Werk ist somit sehr reichhaltig und verdient bei
Freunden der Landwirtschaft und des landwirtschaftlichen Be-
rufes, aber auch bei allen, die sich für Socialpolitik interessieren,
weite Verbreitung. Der Preis beträgt 6 Mk., was für den
Umfang der Schrift (34 Bogen) nicht teuer ist. Der Schluß
des Werkes, die IV. Abteilung, wird sicher zu Beginn des nächsten
Jahres erscheinen. Sie behandelt besonders das Personalcredit-
wesen der Landwirtschaft und speciell die Darlehenskassen von
Raiffeisen, dann noch einige andere neuere Fragen so die Ver-
suche das gesamte Grundeigentum dem Staate zu überweisen
u. s. w.

Für die Redaktion verantwortlich: Iohannes Hüll, Nr. 8. Neustadt a. d. H.
Druck und Verlag von H. Kayser in Kaiserslautern.
 
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