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verstehen. Damit einher ging eine <Selbstbewußt-
werdung> und zunehmend stolze Präsentation der
eigenständigen französischen Kulturleistungen, ihrer
Literatur und Künste. Woeiriots Büchlein läßt sich
so geradezu als Schlüsselwerk für die kontroversen
Diskussionen in Frankreich um Kunst, Antike und
das Verhältnis zu Italien im späteren 16. Jahrhundert
verstehen.
Selbstentwürfe: Leben und Werk
des Pierre II. Woeiriot de Bouzey
In dem exzeptionellen jugendlichen Selbstporträt
von 1556 (Abb. Frontispiz) — dem einzigen Bildnis,
das wir von Pierre Woeiriot kennen — scheinen nicht
nur die Ideale, Interessen und Hoffnungen zu diesem
Zeitpunkt, sondern bereits sein ganzes langes weiteres
Leben verdichtet. Die kleine, gerade einmal 74 auf
72 mm große Radierung mit der winzigen Datierung
«1556 F» rechts unten auf der Bodenfläche findet sich
zu Beginn des Pinax iconicus als <Autoren(selbst)bild-
nis>. Die folgende Serie von neun Radierungen sollte
als Illustrationsfolge oder besser: Bild-Kommentar
einen äußerst verknappt zusammengefaßten Text
nach dem berühmten, 1533 erstmals erschienenen
antiquarisch-religionsgeschichtlichen Werk des Lilio
Gregorio Giraldi zum Vergleich der Begräbnisriten
verschiedener antiker Kulturen ergänzen.6 Selbstbe-
wußt präsentiert sich uns der 24jährige Künstler im
leicht schräg zur Bildfläche gestellten Büstenporträt
bis zu den Schultern. Die Hell-Dunkel-Modellierung
und ein kräftiger Schlagschatten erzeugen forciert
Plastizität und verändern den Rollwerkrahmen zur
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