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Wissen der Antike - eingeschlossen (diesem Wissen
und der damit einhergehenden Lebensweisheit ent-
spricht etwa auch, daß den letzten Ring ein Toten-
kopf als letzte und entscheidende Herausforderung
des Lebens ziert). Enkykliapaideia wird nicht nur als
Schlüsselbegriff auf der Widmungsseite präsentiert,
den das Druckbild des Gedichts an Aneau optisch
umschließt (Abb. 2), der Künstler nimmt sie auch
für sich selbst in Anspruch: Woeiriot versteht und in-
szeniert sich seit seinem ersten dokumentierten Auf-
treten in Lyon — wo wenig später auch der Plan für
die Holzschnitte der Icones XXXV ad Sacrae Historiae
fidem compositae gefaßt wird und die Embleme für
Georgette de Montenay entstehen — als artifex doctus,
als ein «Humanist der Bildkünste>.19 Dem entspricht
im Gegenzug, daß die Literaten und Humanisten der
Zeit ihre (Emblem-)Bücher entsprechend als Anre-
gung für die Phantasie und als Vorlagen für Maler
und alle anderen Arten von Bildkünstlern verstehen
konnten — mit den Worten von Gilles Corrozet 1540:
«[...] que l’oeil choisisse / Vertu tant belle, et delaisse
le vice, / Aussy pourront ymagers et tailleurs, / Painc-
tres, brodeurs, orfevres, esmailleurs, / Prendre en ce
livre aulcune fantasie, / Comme ilz feroient d’une ta-
pisserie.«20 Dabei gab es gerade in Lyon schon Vorfor-
men für ein solches künstlerisches Selbstverständnis
und eine solche Freundschaft zwischen Künstler und
Humanisten — etwa zu Anfang des Jahrhunderts die
Verbindung von Jean Perreal mit Pierre Sala.21
Es spricht einiges dafür, daß Woeiriot 1556 Lyon
für eine größere Reise, die ihn auf jeden Fall auch
nach Italien und speziell Rom führte, verließ (da-
gegen fehlt für die von der Forschung vermuteten
anderen, früheren und späteren Reisen nach Rom

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