Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Stichsammlung offenbar erstmals in Frankreich ein
königliches Privileg ausgestellt wurde (bereits auf den
io. Januar 1555 datiert).16 Für die weitere Argumenta-
tion wichtig wird, daß Woeiriot sein Vorhaben laut
Vorwort auch als Beitrag zur 'Erneuerung der Antike>
verstand, also offenbar seine Erßndungen <im Geist
der Antike> erfolgten. Selbstverständlich sind diese
Blätter immer auch als potentielle Vorlagen gedacht -
wenngleich Woeiriot an seine Kollegen gerichtet be-
scheiden äußert, diese könnten höchstens als allerer-
ste Ansätze für deren eigene Werke dienen. Gut belegt
ist jedenfalls, daß sich sowohl solche Vorlagensamm-
lungen als auch graphische Reproduktionen antiker
Werke zahlreich in den Künstler-Werkstätten der
Zeit fanden.17 In dieser Hinsicht unterscheidet sich
das Livre dAneaux nicht prinzipiell von Woeiriots
früheren Radierungsserien mit Schmuckanhängern
(1555) oder mit Schwertgriffen (1555), wobei beson-
ders letztere ein neues Niveau der Virtuosität in der
Metallbearbeitung einforderten.
Neu dagegen ist auch beim Livre d’Aneaux der
humanistische Anspruch, im Ring das «eigentliche
und größte Werk der Goldschmiedekunst» zu erken-
nen als einem unerschöpflichen Symbol für Glaube,
Freundschaft, Hochzeit, Wahrheit, gut bewahrte Ge-
heimnisse oder als Abzeichen des Adels, wobei Plinius
als Autorität für all’ dies angeführt wird.18 Vor diesem
Hintergrund wird bei Lektüre des Widmungsge-
dichts an Aneau evident, daß dieses Ring-Buch nicht
nur ein «Monument» gewordenes Spiel mit dem
Namen des Empfängers ist und nicht nur den Ring
der Freundschaft zwischen Humanist und Künstler
besiegelt. Woeiriot sah offenbar in seinen Ringen
die enkyklia paideia — das <runde>, allumfassende

121
 
Annotationen