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wieder weggezogen.12 Das monogrammierte und 1555
datierte Porträt der berühmten Autorin Louise Labe
scheint der früheste Beleg für seinen Kontakt zu den
Intellektuellen-Zirkeln der Stadt. Den Erfolg seiner
zu dieser Zeit gestochenen Konterfeis dokumentiert
indirekt auch ein 1557 publiziertes Gedicht des Char-
les Fontaine, in dem dieser den «Freund» Woeiriot
ebenfalls um ein Porträt bittet und ihm zugleich in
paragonaler Steigerung ein noch besseres «Bildnis»
durch seine Feder als Gegengabe (d.h. wohl Lobge-
dichte) verspricht.13 Sehr wahrscheinlich sind auch
enge Beziehungen unseres Künstlers zum wichtig-
sten Humanisten Lyons dieser Jahre, zu Barthelemy
Aneau.14 Nicht nur dürfte Aneau eine entscheidende
Rolle für Woeiriots Interesse an Giraldis Abhand-
lung über Begräbnisriten gespielt haben. An Aneau
(und den jungen Charles III. von Lothringen) wird
Woeiriot 1561 dann sein Büchlein mit Entwürfen für
Ringe dedizieren, das in Eyon gleichzeitig in fran-
zösischer und italienischer Ausgabe bei Guillaume
Rouille erscheint. Die «fast einhundert Entwürfe» für
Ringe (in Wirklichkeit werden 57 Ringe abgebildet)
in diesem kleinen Band, dessen Format in etwa den
Antiquae statuae entspricht, demonstrieren zunächst
einmal die unerschöpflich variantenreiche Inven-
tionskraft und die künstlerische Virtuosität Woei-
riots. Der Titel des Werkes, der die «invention» be-
schwört, läßt keinen Zweifel, daß die Kriterien von
Erhndungsreichtum und abwechslungsreicher, über-
raschender, großartiger und kunstvoller Fülle, die
auch in der zeitgleichen Literaturtheorie favorisiert
wurden,15 für die Bildkünste im Frankreich des 16.
Jahrhunderts das Ideal darstellten. Aufschlußreich für
Woeiriots Selbstverständnis ist zudem, daß für diese

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