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V.

Garel besiegt Purdan und Fidegart.

Garel folgt der Spur Karabins nach Kanadic. Er reitet durch einen wilden Wald und gelangt
zur festen Klause, welche der arge Riese Purdan Und sein böses Weib Fidegart bewohnen. Purdan
bewacht Tag und Nacht die Strasse, beraubt jeden, der sie fährt, und erschlägt manchen aus blossem
Uebermut. Geharnischt mit Stahlhut, Stange, Schwert und Schild steht er auch jetzt vor seinem Hause
und empfängt scheltend den Ankommenden. Garel erwiedert bescheiden sich entschuldigend : er habe
ihn nie beleidigt und wolle ihm nicht schaden; er glaubte, die Strasse wäre frei, und es sei ihm
leid, wenn er Unrecht thue.

Purdan schimpft fort und droht ihn wie einen Dieb zu erschlagen. 'Du kannst nur schelten,'
sagt Garel, 'das keinem frommen Manne ziemt; ich bereue, dir ein gutes Wort gegeben zu haben ;
dir ist widersagt.' Sofort legt er auch anrennend die Lanze ein, und ehe Purdan sich recht versieht,
ist er getroffen, dass er strauchelt und einen ellenlangen Splitter aus der Brust zieht. Garel kehrt,
rennt ihn wieder an und schlägt ihm mit dem Schwerte eine Wunde, dass das Blut durch den
Harnisch strömt, während Purdan mit seiner Stange einen Streich führt, der das Ross des Vorbei-
sprengenden hinter dem Sattel trifft und niederschlägt. Schnell zuckt er die Stange wieder; doch
ebenso schnell ist Garel von dem gefallenen Rosse frei und weicht dem Schlage aus. Grimmig
schlägt der Riese zu ; doch Garel weiss sich zu schützen, indem er von Baum zu Baum in den Wald
entweicht, wo die Aeste die Schläge hemmen. Erst als der Riese ausgetobt und sich stark verblutet
hat, rückt er wieder vor und haut ihm manchen Hieb in die Seiten und in die Beine. Wütend
schleudert Purdan seine Stange, die klaftertief neben Garel in die Erde dringt; dieser aber zerschneidet
jenem ein Bein so, dass er nicht mehr stehen kann und seine Kräfte schwinden. Noch sucht er im
Fallen den Helden zu erdrücken; doch auch da vermag er auszuweichen, und wie ein geborstener
Thurm fällt der Riese mit einem Schrei, dass der Wald erdost und Fidegart ihn hört.

'Er ist von minen handen tot, swer im iht leides hat getan,' schreit sie, wappnet sich mit
Harnasch, Isenhosen und Stahlhut, und mit Stange, Schwert und Schild kommt sie herbei. Garel hat
indes dem Riesen das Haupt abgeschlagen und sein Pferd aufgesucht, dessen Verlust er sehr be-
klagt, weil er zu Fusse im Harnisch nicht fortkommen, noch diesen zurücklassen kann. Da sieht
das Riesenweib ihn und ihren erschlagenen Mann. 'Du hast ihn feige im Schlafe erschlagen; du
musst von mir sterben; das wendet niemand,' tobt sie schimpfend und drohend auf Garel zu, der
ihr ruhig widerspricht und furchtlos entgegengeht. Sie läuft ihn an und haut so teuflisch auf ihn
ein, dass er sich wieder von Baum zu Baum flüchten muss. Sie schlägt, dass die Rinden von den
Bäumen auf ihn fliegen; noch nie war er in so grosser Not. Ritterlich wehrt er sich; mit seinem
guten Schwerte zerschneidet er auch ihr ein Bein, dass sie endlich doch die weiten Sprünge vergisst.
Je matter sie wird, desto heftiger dringt er wieder vor, bis er zuletzt auch sie fällt und ihr das Haupt
abschlägt.

Nach kurzer Betrachtung seiner Lage geht er in die Klause, und da er niemanden trifft, be-
ginnt er zu suchen. Ueber dem Thore ist ein weiter Palas; auf einem Fels daneben, so hoch, dass
 
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