FRESKENBILDER.
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Die Fresken im Garelsaal auf Runkelstein.
Die hohe Bedeutung der Fresken von Runkelstein ist wohl gewürdigt von Alfr. Woltmann,
Geschichte der Malerei 1. 390 f. und in der Geschichte der deutschen Kunst, Berlin, G. Grote, V. 193 f.
Die Zahl der Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert ist nicht gross, auch künstlerisch nicht
bedeutend. Nur wenige nennenswerte Reste der religiösen Wandmalerei haben sich aus dieser Zeit
erhalten. Mehr Pflege fand die profane Wandmalerei besonders in Süddeutschland in Patrizierhäusern
und Ritterburgen. Dahin gehören die Fresken im Schlosse Runkelstein, welche über die Art male-
rischer Ausstattung des Wohnhauses willkommenste Aufklärung geben.
Das Schloss wurde um 1237 von den Herren von Wanga erbaut und kam nach deren Aus-
sterben 1320 an das Stift Trient, welches verschiedene Geschlechter damit belehnte. 1346 besitzen
es die Schenna, 1385 die Villanders, von denen es Nikolaus und Franz Vintler 1391 kaufen. Diese
bauten den nördlichen Flügel mit dem Garel- und Tristan-Saale. Nikolaus Vintler (f 1414) liess diese
Gemälde schaffen. 1463 ist die Burg im Besitz des Erzherzogs Sigismund; Kaiser Max war selbst
in Runkelstein, 'die gute alten historien freuten ihn bass,' und da sie vielfach gelitten hatten, liess
er sie durch Ferdinand Lenbacher 1504 — 1508 erneuern; mit Brief vom 19. April 1504 trägt er
ihm auf 'etlich gemäl und arbeit in Runggelftain zu besichten und zu beschätzen und, wie
die selb arbeit beteuert und angeschlagen würdet, in fchrift ftellen' (Schloss Runkelstein, von
Dr. David Schönherr, Innsbruck 1874 S. 30). — 15)51 besitzen das Schloss die Brandis, 1538
die Lichtenstein, die es 1754 wieder dem Landesfürsten übergeben; doch wird es in der Folge
als Mensalgut wieder dem Stift von Trient zugesprochen. — Schon 1520 litt es durch Feuer, blieb
baufällig und wurde 1874 vom Stifte feil geboten, v. Görres machte zuerst auf den kunsthistorischen
Schatz aufmerksam; König Ludwig I. widmete ihm seine Aufmerksamkeit und besuchte wiederholt
das Schloss. 1881 suchten Miinchener Maler, Professor Gabel an der Spitze, um 8500 Gulden das
zerfallende Gebäude zu erwerben; jedoch gelangte es schliesslich durch Kauf wieder in die Hand
des Landesfürsten, und Runkelstein ist seit 1885 im Besitze seiner Majestät des Kaisers Franz Josef.
Man betritt den Hof von Süden; links steht der Palas, uns gegenüber Vintlers Sommerhaus,
woran sich östlich die Kapelle, die Kaiserzimmer und die Gesindewohnung schliessen.
Im Palas sehen wir parterre zuerst eine offene Halle. Auf einer neuen Tafel lesen wir hier
die Verse Scheffels :
Noch heute freuts mich, o Runkelstein,
Dass einstmals zu guter Stunden
In der Talfer felsenges Thal hinein
Zu dir den Weg ich gefunden.
Über dieser Halle finden wir übereinander die Stube, den (nach seinen Wandgemälden benannten)
Badesaal und die Rüstkammer. Dahinter ist parterre eine geräumige Trinkhalle und darüber der
Hauptsaal (Palas), der bis unter die Dachung reicht und vermittelst einer Freitreppe vom Hofe aus
betreten wird. Diese Räume enthalten grossenteils noch wohl erhaltene Reste von Wandgemälden,
welche Wappen, landschaftliche Bilder, Einzelfiguren, Turniere, Ballspiel, Tanz, Fischfang und Jagd
darstellen.
Auch im östlichen Teile, in der Kapelle und den Kaiserzimmern, waren Wandgemälde, die
aber beinahe völlig zerstört sind.
Vintlers Sommerhaus besteht parterre aus einer offenen Bogenhalle und aus zwei Sälen im ersten
Stock, welche nach ihren Wandmalereien Tristan- und Garel-Saal genannt werden. Über die Freitreppe
gelangen wir auf eine Gallerie, die sich über das ganze Sommerhaus hinzieht, von dieser in den (östlichen)
Tristansaal und durch diesen in den (westlichen) Garelsaal. Die Halle hat sehr ruinierte Portraits,
Allegorien und Partien aus Wigalois; der Gallerie entlang ist die Hausmauer bemalt mit Triaden:
die drei grössten heidnischen und die drei grössten jüdischen Helden, die drei besten christlichen
Könige und die drei tapfersten christlichen Ritter, die drei edelsten Liebespaare, die drei besten
Schwerter mit ihren Trägern, die drei stärksten Riesen und Riesenweiber und abschliessend die
drei besten Renner mit ihren Reitern. Der ganze Tristansaal war mit Scenen aus Tristan und Isolde
bemalt, wovon heute etwa die Hälfte noch wohl erhalten ist, das als das Beste aller auf Runkel-
stein erhaltenen Fresken beurteilt wird.
Im Jahre 1868 löste sich ein Stück der nördlichen senkrechten Felswand ca. 10 m breit und
6 m tief, bis zur halben Höhe der Felswand hinab, vom Runkelstein los und stürzte in die Talfer.
Damit verschwand etwa ein Dritteil des Garelsaales samt seiner nördlichen Wand mit ihren Gemälden.
Fünf Bilder, welche an der Zwischenwand und an der Westwand in der Luft hingen, wurden von
dem Burgpächter Dr. G. v. Kotier und AI. Ueberbacher von Bozen gerettet. Im Jahre 1884 begann
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Die Fresken im Garelsaal auf Runkelstein.
Die hohe Bedeutung der Fresken von Runkelstein ist wohl gewürdigt von Alfr. Woltmann,
Geschichte der Malerei 1. 390 f. und in der Geschichte der deutschen Kunst, Berlin, G. Grote, V. 193 f.
Die Zahl der Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert ist nicht gross, auch künstlerisch nicht
bedeutend. Nur wenige nennenswerte Reste der religiösen Wandmalerei haben sich aus dieser Zeit
erhalten. Mehr Pflege fand die profane Wandmalerei besonders in Süddeutschland in Patrizierhäusern
und Ritterburgen. Dahin gehören die Fresken im Schlosse Runkelstein, welche über die Art male-
rischer Ausstattung des Wohnhauses willkommenste Aufklärung geben.
Das Schloss wurde um 1237 von den Herren von Wanga erbaut und kam nach deren Aus-
sterben 1320 an das Stift Trient, welches verschiedene Geschlechter damit belehnte. 1346 besitzen
es die Schenna, 1385 die Villanders, von denen es Nikolaus und Franz Vintler 1391 kaufen. Diese
bauten den nördlichen Flügel mit dem Garel- und Tristan-Saale. Nikolaus Vintler (f 1414) liess diese
Gemälde schaffen. 1463 ist die Burg im Besitz des Erzherzogs Sigismund; Kaiser Max war selbst
in Runkelstein, 'die gute alten historien freuten ihn bass,' und da sie vielfach gelitten hatten, liess
er sie durch Ferdinand Lenbacher 1504 — 1508 erneuern; mit Brief vom 19. April 1504 trägt er
ihm auf 'etlich gemäl und arbeit in Runggelftain zu besichten und zu beschätzen und, wie
die selb arbeit beteuert und angeschlagen würdet, in fchrift ftellen' (Schloss Runkelstein, von
Dr. David Schönherr, Innsbruck 1874 S. 30). — 15)51 besitzen das Schloss die Brandis, 1538
die Lichtenstein, die es 1754 wieder dem Landesfürsten übergeben; doch wird es in der Folge
als Mensalgut wieder dem Stift von Trient zugesprochen. — Schon 1520 litt es durch Feuer, blieb
baufällig und wurde 1874 vom Stifte feil geboten, v. Görres machte zuerst auf den kunsthistorischen
Schatz aufmerksam; König Ludwig I. widmete ihm seine Aufmerksamkeit und besuchte wiederholt
das Schloss. 1881 suchten Miinchener Maler, Professor Gabel an der Spitze, um 8500 Gulden das
zerfallende Gebäude zu erwerben; jedoch gelangte es schliesslich durch Kauf wieder in die Hand
des Landesfürsten, und Runkelstein ist seit 1885 im Besitze seiner Majestät des Kaisers Franz Josef.
Man betritt den Hof von Süden; links steht der Palas, uns gegenüber Vintlers Sommerhaus,
woran sich östlich die Kapelle, die Kaiserzimmer und die Gesindewohnung schliessen.
Im Palas sehen wir parterre zuerst eine offene Halle. Auf einer neuen Tafel lesen wir hier
die Verse Scheffels :
Noch heute freuts mich, o Runkelstein,
Dass einstmals zu guter Stunden
In der Talfer felsenges Thal hinein
Zu dir den Weg ich gefunden.
Über dieser Halle finden wir übereinander die Stube, den (nach seinen Wandgemälden benannten)
Badesaal und die Rüstkammer. Dahinter ist parterre eine geräumige Trinkhalle und darüber der
Hauptsaal (Palas), der bis unter die Dachung reicht und vermittelst einer Freitreppe vom Hofe aus
betreten wird. Diese Räume enthalten grossenteils noch wohl erhaltene Reste von Wandgemälden,
welche Wappen, landschaftliche Bilder, Einzelfiguren, Turniere, Ballspiel, Tanz, Fischfang und Jagd
darstellen.
Auch im östlichen Teile, in der Kapelle und den Kaiserzimmern, waren Wandgemälde, die
aber beinahe völlig zerstört sind.
Vintlers Sommerhaus besteht parterre aus einer offenen Bogenhalle und aus zwei Sälen im ersten
Stock, welche nach ihren Wandmalereien Tristan- und Garel-Saal genannt werden. Über die Freitreppe
gelangen wir auf eine Gallerie, die sich über das ganze Sommerhaus hinzieht, von dieser in den (östlichen)
Tristansaal und durch diesen in den (westlichen) Garelsaal. Die Halle hat sehr ruinierte Portraits,
Allegorien und Partien aus Wigalois; der Gallerie entlang ist die Hausmauer bemalt mit Triaden:
die drei grössten heidnischen und die drei grössten jüdischen Helden, die drei besten christlichen
Könige und die drei tapfersten christlichen Ritter, die drei edelsten Liebespaare, die drei besten
Schwerter mit ihren Trägern, die drei stärksten Riesen und Riesenweiber und abschliessend die
drei besten Renner mit ihren Reitern. Der ganze Tristansaal war mit Scenen aus Tristan und Isolde
bemalt, wovon heute etwa die Hälfte noch wohl erhalten ist, das als das Beste aller auf Runkel-
stein erhaltenen Fresken beurteilt wird.
Im Jahre 1868 löste sich ein Stück der nördlichen senkrechten Felswand ca. 10 m breit und
6 m tief, bis zur halben Höhe der Felswand hinab, vom Runkelstein los und stürzte in die Talfer.
Damit verschwand etwa ein Dritteil des Garelsaales samt seiner nördlichen Wand mit ihren Gemälden.
Fünf Bilder, welche an der Zwischenwand und an der Westwand in der Luft hingen, wurden von
dem Burgpächter Dr. G. v. Kotier und AI. Ueberbacher von Bozen gerettet. Im Jahre 1884 begann
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