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drei Gehöften, dem Relaishaus und der Zweigstelle der Seckenheimer katholischen Schule
ging der „Stengelhof" ins neue Jahrhundert. Um die 50 Einwohner dürften um 1800 dort
gelebt haben; denn mindestens folgende dreizehn Familien sind an der Stengelhofschule
1798 vertreten: Dehus, Edinger, Fischer, Klein, Knebel, Kreuzer, Nagel, Pflasterer, Ries,
Roth, Schredelseker, Sichler und Wieser: genug für einen Weiler!
Tatsächlich wollte man aus diesen zerstreuten Ansätzen noch in den letzten Jahren der
Kurpfalz, als sehr viele linksrheinische Pfälzer vor den Franzosen geflohen waren, ein neu-
es Dorf auf dem Seckenheimer „Sand" gründen. 1802 waren die Überlegungen, an der
Straßenkreuzung um das Relaishaus und den Stengelhof „ein Dorf anzulegen", schon so
weit gediehen, daß man mit den Seckenheimer Grundeigentümern in Verkaufsverhandlun-
gen trat. Die Bauern verlangten 50 fl für den Morgen Ackerland. Wegen der folgenden
politischen Wirren und des starken Bevölkerungsrückgangs gab man diese Pläne 1803 auf
[StA Ma NW].

Nach 1815 begann sich die badische Domänen Verwaltung für das Gelände „zwischen dem
Klumbischen Wohnhaus, der Kießstraßen (Chaussee) von Schwetzingen nach Mannheim,
dem Rhein und dem Forlenwald am Sandbuckel" im interessieren, um dort einen Exerzier-
platz für die Garnisonen in Mannheim und Schwetzingen anzulegen. 60 bis 70 Morgen
Sandäcker faßte man für diesen Zweck ins Auge. Mehr als vier Jahre verhandelte der Staat
mit der Gemeinde Seckenheim und einzelnen Eigentümern, die 90 fl für den Morgen forder-
ten oder Ersatz in Form von gleichwertigen Grundstücken. Am 15.5.1820 wurde der Kauf-
vertrag über 7.182 fl abgeschlossen und das Gelände mit neun Grenzsteinen, die das badi-
sche Wappen trugen, umsteint. Da sich der Platz sehr bald für den gedachten Zweck als
nicht sehr tauglich erwies - die Entferung zu den Kasernen war zu weit -.wurde er von der
Domänenverwaltung teilweise aufgeforstet und in den folgenden Jahrzehnten mehrmals
der Gemeinde Seckenheim zum Rückkauf angeboten. Dazu konnte sich diese nicht ent-
schließen, da das verödete Gelände für die Landwirtschaft uninteressant geworden und eine
andere Verwendung lange nicht denkbar war. Andererseits begab sich dadurch die Gemein-
de aller Einflußmöglichkeiten, als der badische Staat um 1870 das für ihn wertlose Gelände
von rund 25 ha so rasch wie möglich abstoßen wollte; denn dieser Platz sollte zum Aus-
gangspunkt der industriellen Erschließung des gesamten Rheinaugebietes werden.

1.2. Die Industrialisierung des Sandes nach 1870

Die ersten Gewerbebetriebe auf dem „Sand" fußten auf den reichen Vorkommen von
Kies, Sand und tonigen Erden, die sich zur Herstellung von Ziegeln und Backsteinen eig-
neten. 1860 errichtete Friedrich Rahr die erste Ziegelhütte am Rande des Hochgestades.
Bald folgten Sand- und Kiesgruben, die ziemlich regellos betrieben wurden und von denen
es 1880 bereits neun gab. Das einsetzende Wachstum Mannheims bot für dieses Baumate-
rial sehr gute Absatzchancen, so daß rasch weitere Ziegeleien gegründet wurden. 1873 en -
stand in dem Gewann „Sporwörth" die Ziegelei der Gebrüder Marx, 1882 im selben
Gewann die von Joseph Rohr; 1885 folgte weiter südlich im Gewann „Münchwälder" die
Ziegelei von Andreas Eder, der 1888 unweit davon noch eine Backsteinbrennerei errichte-
te. 1891 gründete Ludwig Schäfer im „Sporwörth" eine dritte Ziegelei.
Diese Betriebe blieben meist nicht lange in der Hand der Gründer: Die älteste Firma diese
Industriezweiges, die Friedrich Rahr'sche Dampfziegelei, wurde 1895 von der Rheinau

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