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einfließenden Gewässer, sondern auch von dem oben herrunter hineindringenden Abtritte
so feucht und ein wahres Loch zum verderben der Natur, vor dem die Menschheit schau-
dert. " Das Gefängnis lag also noch tiefer auf dem Grund der alten „Grube", in der ja das
ganze Rathaus stand. Interessant ist seine Begründung für die Herstellung des Gefängnis-
ses: „ die gesetzmäßige Herstellung dieses Verwahr- oder Straf Ortes ist so gewiß noth wen-
dig, alß die Erfahrung lehret, daß an Erhaltung eines Menschen euer Churfürstlichen
Durchlaucht alles gelegen ist." Diesen Plänen hat sich der Gutachter Neureuther ange-
schlossen und darüber hinaus noch die Verlegung der Eingangstür „Von der Seite des Nek-
kars" an die „daran vorbeiziehende Chaussee" angeregt. Ebenso hielt er die Entwässerung
des Rathauses durch neue Dolen für notwendig.

Die Gemeindevertreter unter ihrem Sprecher Wendel Bühler wollten sparen und hielten die
Wünsche des Schultheißen für übertrieben. Gegen die Wiederherstellung des Obergeschos-
ses hatten sie nichts einzuwenden, das Erdgeschoß aber sollte bis auf Läden an den Öff-
nungen unverändert bleiben. Zugunsten seines bisherigen Aussehens führten sie an, „daß,
wo das Gerichts Hauß mit 2 Thoren versehen, eines aber hierdurch nothwendig verbauet
werden müßte, dieses alsdann ihrem Gerichtshauß die Zierde benehmen und auch jener
Bequemlichkeit berauben würde, um desto füglicher ein- und ausfahren zu können; wie
denn auch dieses in Betracht komme, daß solche Gemeinde Pläze immer aufbehalten wer-
den müßten, um solcher sich in Noth- und anderen Fällen gebrauchen zu können ... Wann
die Fenster und Zuglöcher im Unteren Stock durchaus mit Läden versehen, die Fenster,
Thüren und Böden im oberen Stock hergerichtet und auch der Fußboden nochmalen dop-
pelt belegt werden sollte."

Die Standpunkte standen einander unversöhnlich gegenüber, wobei die Tatsache, daß der
Schultheiß bereits seit 1784 aus Protest gegen den Widerstand der Gemeinde sämtliche
Amtsgeschäfte in seinem eigenen Haus erledigte und das Rathaus nicht mehr betrat, die
Gemüter besonders erbitterte. Als Antwort auf die Vorschläge der „Gemeindevorsteher",
die in seinen Augen „alle zusammen ihr Leben lang keinen Hühnerstall aus eigenem Ver-
standt errichten zu lassen im Stande" waren, ließ er einen Plan des Erdgeschosses anferti-
gen und einen Kostenvoranschlag über die gesamten Baumaßnahmen von 521 fl. erstellen
[229/96438].

Dazu vergaß Schultheiß Herzberger nicht, der Gemeinde Miete und Heizkosten für 6 Jah-
re in Höhe von 233 Gulden in Rechnung zu stellen. Dagegen reichten die Gemeindevorste-
her 1789 Klage beim Hofgericht ein, da der Schultheiß aus Bequemlichkeit und ohne Not
sein eigenes Haus als Amtslokal benutzt habe. Sie könnten „seine Forderung nicht billi-
gen, in den er einen anspruch auf den gemeinen beitel macht... wir halten es für unsere
Schulthigkeit, und ziehen deswegen uns manche bittere Blicke und Schmähworte des
Schultheißen zu, weil er schon zu sehr in solche Sache hineinverhärtet ist ..." tvonl
26.10.1789 in 362/1802]. Sie erboten sich darüber hinaus, das gesamte Obergeschoß des
Rathauses, einschließlich eines neuen runden Kachelofens in der Gerichtsstube mit nur 200
Gulden Kosten auf eigene Rechnung herstellen zu lassen. Die Sache wurde wie folgt vergli-
chen: Die Vorsteher sollten auf eigene Kosten gemäß ihrem Vorschlag das Rathaus repa-
rieren; die Gemeinde andererseits hatte in Anbetracht des schlechten Zustandes des Rat-
hauses dem Schultheißen Herzberger 200 Gulden Miete und Unkosten für die vergangenen
Jahre zu erstatten. Sei es daß die Vorsteher über die angeordnete Kostenerstattung an
Herzberger erzürnt waren, sei es daß sie sich über die anteiligen Reparaturkosten nie
einigen konnten, ihr Vorhaben scheitete kläglich, wie Schultheiß Herzberger nicht ohn
Schadenfreude 1793 schrieb: „AHein es verstrichen 3 Jahre, ohne daß im Seringsten etva
von den besagten Vorstehern an dieser Reparation vorgenommen wurde, und so bliebe

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