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nächsten Eisgang 1 Jahr später gefährdet; denn „ das große gewäßer.......hat den grundt

vorne undt hindten an der Neu gemachten Mauer wiedter hin weg genohmen" [Brief des
Schultheißen Hans Georg Voltz vom 23.11.1698]. Sie brach beim außerordentlich großen
Hochwasser und Eisgang von 1709 fast völlig zusammen [KPfASe 17a]. Schuld an dieser
Katastrophe war die Tatsache, daß die von Ullmann geplanten Begleitbauten nur sehr not-
dürftig hatten ausgeführt werden können, so daß das Wasser oberhalb der Mauer den
Grund hinwegriß und somit hinter die Mauer gelangte. Welche Größenordnungen dabei
nötig waren, soll die Bedarfsliste des Wasserbauingenieurs zeigen: 12.000 Faschinen,
8.000 1 bis 2 Meter lange Eichenpfähle und 500 Gebinde Weidenruten für die Krippen; für
die Ausführung der Arbeiten sollte während der ganzen Niedrigwasserzeit täglich 30 - 40
Arbeiter angestellt werden; an Werkzeug veranschlagte der Ingenieur: 24 Bolzenschlegel,
12 schwere Rodehacken, 12 Pickel, 6 Äxte, 24 Schaufeln und 24 Paar Arbeitsschuhe [Liste
vom 25.11.1698 in 229/96480]. Auf diese Holzanforderungen antwortete der zuständige
Förster: im ganzen Neckartal gebe es nicht so viel Holz, wie für diesen Seckenheimer Krip-
penbau benötigt werde. Daß über die Aufbringung der ungeheueren Kosten in der Regel
gestritten wurde, versteht sich von selbst. Die Gemeinde hatte als Fronleistung alle Fuhren
zu übernehmen. Die Hofkammer, das Kriegskommissariat und die geistliche Administra-
tion (wegen der Kirche) waren beteiligt. Schon 1566 waren die jährlichen Einnahmen der
Katharinenpfründe ausschließlich für den Neckarbau reserviert worden [63/68]. Akten-
berge sind vorhanden, die seit dem 16. Jahrhundert die Hilferufe der Gemeinde und die
oftmals schwerfälligen Reaktionen der zuständigen Behörden enthalten.
Interessieren mag in diesem Zusammenhang, daß man schon sehr früh Überlegungen
anstellte, daß leidige Hochwasserproblem radikal zu lösen, indem man dem Neckar durch
einen Durchstich nördlich von Ilvesheim ein neues Bett geben und ihn von Seckenheim
wegverlegen wollte, die heute Kanaltrasse also vorwegnahm. Der Seckenheimer katholi-
sche Pfarrer Pater Crescentius hat wohl als erster bei einem Ortstermin anläßlich des
Hochwassers vom 11.2.1697 gegenüber dem anwesenden Heidelberger Landschreiber die-
se Idee geäußert, die er auch schon mit dem Wasserbauing. Ullmann diskutiert habe, näm-
lich „ oberhalb Ilvesheim, den Neckar füglich undt ohne sonderliche Costen der Herrschaft
abzugraben undt hinter gedachtem Dorff wiedter einzuleiten, mithin so wohl die Secken-
heimer Kirch alß daß gantze Dorff für (vor) schaden zu bewahren " [229/96480], doch die-
se Überlegung war für die verblüfften Beamten so kühn, daß sie nur ungläubig den Kopf
schüttelten und den Pfarrer aufforderten, bei seinen Pflichten zu bleiben.
Über hundert Jahre mußten vergehen, bis man nach dem Hochwasser von 1817 erneut den
Gedanken der Flußverlegung aufgriff, „da man die radicale Hilfe für beide Orte in dem
hinter Ilvesheim durchzuführenden Durchschnitt suchen muß." Die Kosten sollten bereits
1818 in den Etat der Flußbaukasse eingesetzt werden und waren mit 50.000 Gulden veran-
schlagt. Man unterließ die Maßnahme, weil die Ilvesheimer heftig gegen die drohende
Abtrennung von ihren Äckern protestierten. Seckenheimer Proteste sind damals nicht laut
geworden. Als Folge dieser Diskussion muß jedoch der Beschluß der Flußbaubehörde
gesehen werden, nach 1820 die Erhöhung und Vervollständigung der Seckenheimer Nek-
karmauer einzuleiten.

Noch zweimal kam es im 19. Jahrhundert zu ernsthaften Erwägungen, den Neckar im Sin-
ne des heutigen Kanalverlaufs zu verlegen: 1844 im Zusammenhang mit dem Eisenbahn-

au der Main-Neckar-Bahn und 1862 nach erneuten großen Wasserschäden. Die Kosten
waren in diesem Jahr auf 137.000 Gulden veranschlagt worden. Nach Protesten beider

enternden hieß es am 14.3.1862: „Man kann sich nicht veranlaßt finden, diesem Vor-
age weitere Folge zu geben, da der Kostenaufwand allzu bedeutend ist und die jetzigen

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