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3. Die Konfessionen und ihre Gemeinden

3.1. Die pfälzische Religionspolitik

Ein Hauptproblem bei den Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück war es, im
Reich und in den Territorien Ordnung im Religionswesen zu schaffen. Darum drehte es
sich bei dem sog. „Normaljahr", dessen Religionsstand als Regelstand gelten sollte. Das
schließlich allgemein eingeführte „Normaljahr" 1624 besagte, daß für jeden Reichsstand
die Religionsverhältnisse dieses Jahres maßgeblich und wiederherzustellen waren. Die
Wahl dieses Jahres hing ursächlich mit der Pfälzer Frage zusammen und ging auf die star-
ke Stellung Kurbayerns in den westfälischen Friedensverhandlungen zurück; denn dieses
Jahr bedeutete, daß die bayerisch bleibenden Teile der alten Kurpfalz, die Oberpfalz näm-
lich, beim kath. Bekenntnis blieben. Auch für die endgültig an Kurmainz gefallene ehema-
lige Pfälzer Bergstraße war hiermit das kath. Bekenntnis des Jahres 1624 maßgeblich, was
bis heute an der Konfessionsverteilung in Viernheim, Heppenheim oder Bensheim festzu-
stellen ist.

Für die wiederhergestellte Kurpfalz und ihren reformierten Landesherrn war jedoch dieses
Jahr unannehmbar, so daß man im westfälischen Frieden dem Kurfürsten Karl Ludwig
eine Ausnahme vom Normaljahr zugestand. Für die Unterpfalz sollte der Stand „ante
motus Bohemicos (vor den böhmischen Unruhen)" gelten. Diese unklare Bestimmung
wurde von Karl Ludwig und den Reformierten auf den Religionsstand des Jahres 1618
bezogen, in dem es in der Kurpfalz ausschließlich das reformierte Bekenntnis gegeben hat-
te. Die späteren katholischen Kurfürsten hingegen leiteten aus dieser Formel das „ius
reformandi (das Recht, die Konfession ihres Landes zu bestimmen)" ab, wie es die Pfälzer
Kurfürsten vor dem 30-jährigen Krieg mehrfach praktiziert hatten. Für diesen Augenblick
bedeutete die Wiederherstellung der Kurpfalz auch die geistige und materielle Wiederher-
stellung des reformierten Bekenntnisses als des allein geltenden. In Heidelberg wurde der
Kirchenrat als oberste Kirchenleitung und die geistliche Administration als die ihm unter-
stellte Verwalterin der Kirchengüter wieder in ihre Rechte eingesetzt. Maßgeblich für die
Wiederherstellung des alten Kirchenvermögens waren die Kompetenzbücher der Vor-
kriegszeit, vor allem die ausführlichen Verzeichnisse von 1573 und 1606.
A« kirchliche Mittelinstanz wurden die Inspektionen mit einem Inspektor an der Spitze
ungerichtet. Diese Inspektionen waren auch für die Schulen zuständig. Seckenheim gehör-
e mit Ladenburg, Handschuhsheim, Dossenheim, Schwetzingen, Planckstadt, Ofters-
eirn, Brühl, Schriesheim, Neckarau, Ilvesheim, Edingen, Heddesheim, Feudenheim,
^andhofen, Wieblingen und Eppelheim in die Inspektion Ladenburg. Aufschlußreich ist
bas Bestandsregister vom 8./18. Nov. 1649, das für die Inspektion Ladenburg nur zwei
wetzte Pfarreien ausweist, nämlich Ladenburg selbst mit dem Pfarrinspektor Martin

VürT™ Und Neckarau mit dem pfarrer Johaim Zaberer [67/978 S. 586].
seh h Kirchen8eschichte der ganzen folgenden Zeit war eine Tatsache schlechthin ent-
gesa '• nämlicn die uneingeschränkte Verfügungsgewalt des Kirchenrates über das
Karl™te Klrcner»vermögen. So brachte die freie Religionsausübung für die Lutheraner, die
Kirch " h 8 ZW3r gewährte' diesen im Grunde wenig ein, da sie aus eigenen Kräften keine
raneren ^auen und kaum ihre Geistlichen besolden konnten. Diese Duldung für die Luthe-
"r Und das Hereinrufen von Sektierern, um die entvölkerte Pfalz wieder zu bevölkern,

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