EINLEITUNG.
gesagt worden ist, von einem Kunsthistoriker der alten Schule, dem jede Arbeitstheilung fremd
gewesen war, und der gerade darum einer der Größten und Einsichtigsten geworden ist:. Jak.
Burckhardt, Die Zeit Constantins des Großen, 2. Aufl., S. 260 ff.
Die Denkmäler von ausgesprochen heidnischem Charakter bilden aber die Minderzahl,
namentlich wenn man den Zeitraum, um welchen es sich hier handelt, erst mit dem Mailänder
Edict Constantins anheben lässt. Weitaus das meiste an Kunstsachen ist in dieser Zeit für christ-
liche Besteller gefertigt worden und verräth diese Bestimmung mehr oder minder deutlich schon
durch äußere Merkmale. Sollen nun auch diese christlichen Kunstdenkmäler einem unerforschten
Gebiete angehören? Gibt es denn nicht längst und widerspruchlos einen Namen dafür: die alt-
christliche Kunst? Und hat diese nicht schon eine schier unübersehbare Literatur hervor-
gebracht ?
In der That sind die altchristlichen Kunstwerke nicht allein in großer Anzahl (wenn auch
keineswegs mit Vollständigkeit und am wenigsten mit der wünschenswerten Genauigkeit) publi-
ciert, sondern auch schon öfter einer geschichtlichen Behandlung unterzogen worden. Aber man
nehme ein beliebiges dieser Bücher zur Hand, und man wird auf die Frage, worin denn das Wesen
der altchristlichen Kunst bestanden habe, immer ungefähr folgende Antwort finden: die alt-
christliche Kunst wäre nichts anderes, als die heidnische antike Kunst gewesen, die man lediglich
aller äußeren und darum anstößigen Merkmale des Heidenthumes entkleidet hat. Worin aber
das innere künstlerische Wesen der heidnischen Antike jener Spätzeit bestanden habe, findet der
Geschichtschreiber der christlichen Kunst natürlich nicht nöthig zu sagen; wir sind daher
gezwungen, diesbezüglich an die Geschichtschreiber der heidnischen Antike zu appellieren, und
diese sagen uns über die Schlussphase ihrer Entwicklung, wie schon vorhin bemerkt wurde, so
gut wie nichts.'
Die Behandlung, welche die altchristliche Kunst in den letzten Jahrzehnten der Forschung in
so reichem Maße erfahren hat, ist eben keine kunstgeschichtliche, sondern eine antiquarische
gewesen. Dieses Bekenntnis ist umsoweniger als Vorwurf gegen die bisherige Methode der
Forschung und ihre Vertreter gemeint, als nicht allein die Erfolge, die man damit erzielt hat, als
Fundamente auch für die eigentliche Kunstgeschichte unersetzlichen Wert haben, sondern auch
die ganze Tendenz der Forschung in den letzten dreißig Jahren jene antiquarische Richtung
geradezu zwingend gefordert hat.
Das charakteristische Merkmal der Geschichtsforschung von Seiten der Generation, die sich
heute anschickt, einer anderen, neuen Zielen zugewandten Platz zu machen, bestand in der ein-
seitigen Bevorzugung der Hilfswissenschaften. In der Kunstgeschichte —■ der antiken wie der
neueren — äußerte sich dies in einer einseitigen Pflege und Überschätzung der Ikonographie.
Kein Zweifel, dass die Beurtheilung eines Kunstwerkes eine wesentliche Beeinträchtigung ihrer
Sicherheit erfährt, wenn man über den Vorstellungsinhalt, der darin seine Versinnlichung gefunden
hatte, im Unklaren ist. Um die Mitte des abgelaufenen Jahrhunderts hatte man begonnen, die
Lücken in dieser Beziehung drückend zu empfinden, und weil dieselben nur vermittels einer
umfassenden Heranziehung literarischer, nicht eigentlich mit der bildenden Kunst zusammen-
hängender Behelfe ausgefüllt werden konnten, kam es zu den ungeheueren quellenmäßigen
Untersuchungen, in denen sich unsere kunstgeschichtliche Literatur der letzten drei Jahrzehnte
zum größeren Theile erschöpfte. Es wird niemand bestreiten wollen, dass damit ein unentbehr-
liches Fundament für einen gesicherten Zukunftsbau der Kunstgeschichte gelegt worden ist;
gesagt worden ist, von einem Kunsthistoriker der alten Schule, dem jede Arbeitstheilung fremd
gewesen war, und der gerade darum einer der Größten und Einsichtigsten geworden ist:. Jak.
Burckhardt, Die Zeit Constantins des Großen, 2. Aufl., S. 260 ff.
Die Denkmäler von ausgesprochen heidnischem Charakter bilden aber die Minderzahl,
namentlich wenn man den Zeitraum, um welchen es sich hier handelt, erst mit dem Mailänder
Edict Constantins anheben lässt. Weitaus das meiste an Kunstsachen ist in dieser Zeit für christ-
liche Besteller gefertigt worden und verräth diese Bestimmung mehr oder minder deutlich schon
durch äußere Merkmale. Sollen nun auch diese christlichen Kunstdenkmäler einem unerforschten
Gebiete angehören? Gibt es denn nicht längst und widerspruchlos einen Namen dafür: die alt-
christliche Kunst? Und hat diese nicht schon eine schier unübersehbare Literatur hervor-
gebracht ?
In der That sind die altchristlichen Kunstwerke nicht allein in großer Anzahl (wenn auch
keineswegs mit Vollständigkeit und am wenigsten mit der wünschenswerten Genauigkeit) publi-
ciert, sondern auch schon öfter einer geschichtlichen Behandlung unterzogen worden. Aber man
nehme ein beliebiges dieser Bücher zur Hand, und man wird auf die Frage, worin denn das Wesen
der altchristlichen Kunst bestanden habe, immer ungefähr folgende Antwort finden: die alt-
christliche Kunst wäre nichts anderes, als die heidnische antike Kunst gewesen, die man lediglich
aller äußeren und darum anstößigen Merkmale des Heidenthumes entkleidet hat. Worin aber
das innere künstlerische Wesen der heidnischen Antike jener Spätzeit bestanden habe, findet der
Geschichtschreiber der christlichen Kunst natürlich nicht nöthig zu sagen; wir sind daher
gezwungen, diesbezüglich an die Geschichtschreiber der heidnischen Antike zu appellieren, und
diese sagen uns über die Schlussphase ihrer Entwicklung, wie schon vorhin bemerkt wurde, so
gut wie nichts.'
Die Behandlung, welche die altchristliche Kunst in den letzten Jahrzehnten der Forschung in
so reichem Maße erfahren hat, ist eben keine kunstgeschichtliche, sondern eine antiquarische
gewesen. Dieses Bekenntnis ist umsoweniger als Vorwurf gegen die bisherige Methode der
Forschung und ihre Vertreter gemeint, als nicht allein die Erfolge, die man damit erzielt hat, als
Fundamente auch für die eigentliche Kunstgeschichte unersetzlichen Wert haben, sondern auch
die ganze Tendenz der Forschung in den letzten dreißig Jahren jene antiquarische Richtung
geradezu zwingend gefordert hat.
Das charakteristische Merkmal der Geschichtsforschung von Seiten der Generation, die sich
heute anschickt, einer anderen, neuen Zielen zugewandten Platz zu machen, bestand in der ein-
seitigen Bevorzugung der Hilfswissenschaften. In der Kunstgeschichte —■ der antiken wie der
neueren — äußerte sich dies in einer einseitigen Pflege und Überschätzung der Ikonographie.
Kein Zweifel, dass die Beurtheilung eines Kunstwerkes eine wesentliche Beeinträchtigung ihrer
Sicherheit erfährt, wenn man über den Vorstellungsinhalt, der darin seine Versinnlichung gefunden
hatte, im Unklaren ist. Um die Mitte des abgelaufenen Jahrhunderts hatte man begonnen, die
Lücken in dieser Beziehung drückend zu empfinden, und weil dieselben nur vermittels einer
umfassenden Heranziehung literarischer, nicht eigentlich mit der bildenden Kunst zusammen-
hängender Behelfe ausgefüllt werden konnten, kam es zu den ungeheueren quellenmäßigen
Untersuchungen, in denen sich unsere kunstgeschichtliche Literatur der letzten drei Jahrzehnte
zum größeren Theile erschöpfte. Es wird niemand bestreiten wollen, dass damit ein unentbehr-
liches Fundament für einen gesicherten Zukunftsbau der Kunstgeschichte gelegt worden ist;