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141

II TIZIANS STORIE UND DIE

WIRKUNGSÄSTHETIK DER MALEREI

3. EINE WIRKMÄCHTIG GEFORMTE HANDLUNG:
DIE ERZÄHLSTRATEGIE DES «MARTYRIUM
DES PETRUS MARTYR»

Als im April 1530 das Altarbild der « Scuola di San Pietro Martire» in SS. Gio-
vanni e Paolo enthüllt wurde, konstatierten Tizians Zeitgenossen den Be-
ginn der «neuen Malerei» in Venedig. Mit der Analyse dieses Gemäldes läßt
Lodovico Dolce seinen «Dialogo della pittura», der der «modernen» vene-
zianischen Malerei gewidmetist, beginnen. Es ist das einzige WerkTizians,
dem auch Vasari uneingeschränkten Tribut zollt. In den kommenden Jahr-
hunderten sollte es eine beispiellosefortuna critica erfahren: Die graphi-
schen Reproduktionen und Kopien, die nach ihm angefertigt wurden, las-
sen sich ebensowenig überblicken wie die Lobpreisungen, die es bis zu sei-
ner Zerstörung bei einem Brand im Jahre 1867 erfuhr; es ist sicherlich das
meistkommentierte Werk venezianischer Malerei überhaupt.

Dem Auftrag der «Scuola di San Pietro Martire» war mit großer Wahr-
scheinlichkeit ein Wettbewerb vorangegangen, in dem Tizian sich gegen
seinen älteren venezianischen Kollegen Palma il Vecchio und den auswär-
tigen Konkurrenten Giovanni Antonio da Pordenone durchgesetzt hat.
Während ersterer für eine maniera stand, die Dolce nun für «überwunden»
erachtete, repräsentierte Pordenone eine Malweise, die in Oberitalien als

13 Martino Rota nach Tizian, Martyrium des Petrus Martyr
 
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