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FRAUENFELD, WINTERTHUR UND ZÜRICH
viertel am Bodensee und in der Ostschweiz vorherrschte, wobei eine Berührung
dieses Bildhauers mit der Werkstatt eines Veit Stoß in Nürnberg oder zu Kra-
kau immerhin in Betracht gezogen werden kann, was einer weitern Unter-
suchung auf Grund obiger Forschungsergebnisse anheimgegeben sei.
In den beiden ersten Jahrzehnten des Reformationsjahrhunderts schlagen noch
ein paar auswärtige Bildhauer ihre Werkstatt an der Limmat auf1, wie der 1504
hier verbürgerte Uznacher Lienh. Ruprecht gen. Ziliger, von dessen Hand sich
aber, trotz fünfundzwanzigjährigen Schaffens am Ort, bis jetzt kein einziges
Schnitzwerk nachweisen läßt, so wenig wie von dem Hessen Heinrich Gerngroß
aus Fritzlar, dem der Rat Zürichs 1506, seinem Bildhauerhandwerk zuliebe, das
Bürgerrecht umsonst verlieh. „Umb siner kunst willen" schenkte man das
gleiche städtische Recht dem Berner Wolf gang Schneider, der noch unmittelbar
vor Ausbruch der Reformation im Großmünster die Figuren zum Hl. Grab
schnitzte, die wenige Jahre darauf bei der zwinglischen Kirchenreinigung zu-
grunde gehen sollten. Seinem ehem. Gesellen, dem spätem Züricher Meister,
David Frischherz aus Schlettstadt, einem lustigen Raufbold, gingen mit Einfüh-
rung der neuen Lehre langsam die bildhauerischen Aufträge, namentlich seitens
der Kirche, und damit die Existenzmittel aus; so griff er schließlich zum Reise-
stab, zu Rapier und Stoßdegen, wurde Fechtmeister und starb nach einem
unruhigen Wanderleben bald nach der Jahrhundertmitte.
1. Vgl. über den Bildhauer Ulrich Rosenstein von Lachen, der oben behandelt ist, auch W. Hu-
gelshofer. Die Züricher Malerei, p. 40 f. — Vöge-Demmler, Die Bildwerke d. deutsch. Museums
Berlin, 1930, p. 158 f., nr. 425, über den Wettinger Flügelaltar von 1516. Als seine Schnitzer
kommen die Züricher Ruprecht und Schneider in Betracht; die Flügel in der Sammlung Dard
zu Diion.
Abb. 86. Miniatur aus einem Salemer Brevier 1493/94. Heidelberg, Univ. Bibl.
FRAUENFELD, WINTERTHUR UND ZÜRICH
viertel am Bodensee und in der Ostschweiz vorherrschte, wobei eine Berührung
dieses Bildhauers mit der Werkstatt eines Veit Stoß in Nürnberg oder zu Kra-
kau immerhin in Betracht gezogen werden kann, was einer weitern Unter-
suchung auf Grund obiger Forschungsergebnisse anheimgegeben sei.
In den beiden ersten Jahrzehnten des Reformationsjahrhunderts schlagen noch
ein paar auswärtige Bildhauer ihre Werkstatt an der Limmat auf1, wie der 1504
hier verbürgerte Uznacher Lienh. Ruprecht gen. Ziliger, von dessen Hand sich
aber, trotz fünfundzwanzigjährigen Schaffens am Ort, bis jetzt kein einziges
Schnitzwerk nachweisen läßt, so wenig wie von dem Hessen Heinrich Gerngroß
aus Fritzlar, dem der Rat Zürichs 1506, seinem Bildhauerhandwerk zuliebe, das
Bürgerrecht umsonst verlieh. „Umb siner kunst willen" schenkte man das
gleiche städtische Recht dem Berner Wolf gang Schneider, der noch unmittelbar
vor Ausbruch der Reformation im Großmünster die Figuren zum Hl. Grab
schnitzte, die wenige Jahre darauf bei der zwinglischen Kirchenreinigung zu-
grunde gehen sollten. Seinem ehem. Gesellen, dem spätem Züricher Meister,
David Frischherz aus Schlettstadt, einem lustigen Raufbold, gingen mit Einfüh-
rung der neuen Lehre langsam die bildhauerischen Aufträge, namentlich seitens
der Kirche, und damit die Existenzmittel aus; so griff er schließlich zum Reise-
stab, zu Rapier und Stoßdegen, wurde Fechtmeister und starb nach einem
unruhigen Wanderleben bald nach der Jahrhundertmitte.
1. Vgl. über den Bildhauer Ulrich Rosenstein von Lachen, der oben behandelt ist, auch W. Hu-
gelshofer. Die Züricher Malerei, p. 40 f. — Vöge-Demmler, Die Bildwerke d. deutsch. Museums
Berlin, 1930, p. 158 f., nr. 425, über den Wettinger Flügelaltar von 1516. Als seine Schnitzer
kommen die Züricher Ruprecht und Schneider in Betracht; die Flügel in der Sammlung Dard
zu Diion.
Abb. 86. Miniatur aus einem Salemer Brevier 1493/94. Heidelberg, Univ. Bibl.