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der griechische Tempel wie der gotische Turm
beides nur die dauernden Formen, sozusagen
„in Vertretung" für nützliche Holzstrukturen
sind. Auf diese zwei folgten die Baukunst in
Stein, dann die Bildnerei, die Metallarbeit und
zuletzt die Malerei. Jede Kunst darf mit
Recht schön genannt werden, welche die ganzen
Fähigkeiten des Herzens und Geistes erfordert.
Denn obwohl die bildenden Künste nicht not-
wendig beschreibend oder nachahmend sein
müssen — denn ihr Wesen ist das Neuschaffen
(also Erzeugen, Jtepl yevsaiv), schöner Formen
und Farben — so sind doch ihre Bestrebungen
darauf gerichtet, uns die erreichbarste Klar-
heit sowohl in den sichtbaren Dingen, wie in
den ethischen Empfindungen zur Anschauung
zu bringen. Dieses Suchen nach dem That-
sächlichen ist das Lebenselement der Künste.
Darin allein können sie sich zur äußersten
Schönheit entfalten. Ich will an dieser Stelle
mit einer Behauptung vorgreifen, die Ihnen
einstweilen vielleicht zu kühn erscheinen
wird, was mir vorläufig auch ganz recht ist,
damit sie um so fester in Ihrem Gedächtnis
haftet: Das Größte, was die Kunst ver-
mag, ist die wahrhaftige Darstellung
eines edlen Menschen. Mehr hat sie nie-
mals geleistet, und sie sollte nicht weniger
leisten.


 
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