Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Sarre, Friedrich [Editor]
Denkmäler persischer Baukunst: geschichtliche Untersuchung und Aufnahme muhammedanischer Backsteinbauten in Vorderasien und Persien (Tafelband) — Berlin, 1901

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5516#0017
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Der Grundriss der Medresse ist rechteckig (96:88 m); die nach dem Tschehar-bagh zu liegende Seite
öffnet sich, wie die Tafel zeigt, in zweigeschossigen Arkaden. Die südliche Seite des Hofes enthalt den Gebets-
saal, über dem sich eine von zwei Minarets flankierte, gewaltige Zwiebelkuppel wölbt.

In reichem Masse ist auch an diesem, schon dem beginnenden XVIII. Jahrhundert angehörenden Bauwerk
die keramische Dekoration zur Anwendung gekommen; sie besteht hauptsächlich aus Fliesen, daneben hat
man aber auch noch vielfach Fayencemosaik verwandt. So ist die Kuppel in dieser Technik dekoriert worden,
doch setzt sich hier das Fayencemosaik aus geformten und dann glasierten Stücken zusammen, während beim
älteren Fayencemosaik die Teile aus fertigglasierten Platten ausgeschnitten wurden. Das sehr wirkungsvolle
Muster auf der Kuppel zeigt auf türkisfarbigem Grunde weisse Blumenranken und gelbe Arabesken mit
schwarzen Konturen. Leider ist der grössere Teil des Mosaikschmucks der Kuppel abgefallen.

Besonders häufig kommt aucli das sogen. Ziegelmosaik zur Verwendung, bei dem ein geometrisches
Muster aus der Zusammensetzung von kleinen, quadratischen und doppelt so grossen rechteckigen Glasur-
ziegeln hergestellt ist. Auf diese Weise ist z. B. der Kuppeltambur und der Schaft der beiden Minarets
dekoriert. Kompliziertere geometrische Muster mit kleinen Sternfliesen zeigen die Zwickel der nach dem
Tschehar-bagh zu liegenden Arkadenreihen.

(Vgl. P. Coste a. a. O. pl. 18—3i. Ch. Texier a. a. O. I. pl. 76—78)

Isfahan, Medresse Mader-i-Schahr Liwan an der Nordseite des Hofes

Der rechteckige Hof der Medresse wird von^zweigeschossigen Arkaden begrenzt, deren Mitte auf jeder

1 Seite der typische hohe Liwan bildet. Auf der Nordseite vermittelt der Liwan einen Ausgang in den Bazar.

JMT Die Tafel veranschaulicht die reiche Fayencedekoration des Bauwerks. Die ältere Mosaik-Technik findet

^■gp sich hier an dem breiten, das Rechteck des Liwans umgebenden Inschriftbande, aber nur im unteren Teile.

um weiter oben der gemalten Fliese Platz zu machen. Das im Hintergrunde der Nische befindliche Fenster

ist ein aus Formziegeln zusammengesetztes Gitterwerk mit Einlagen von farbigen Glasuren.

Isfahan, Teile eines Fliesengemäldes aus einem Palast Schah Abbas' des Grossen

Zu beiden Seiten des Tschehar-bagh lagen königliche Gärten, und hier errichtete Abbas der Grosse
kleine, pavillonartige Paläste, von denen aus die Damen des Hofes das Leben und Treiben auf der Strasse
überblicken konnten. Fast sämtliche dieser Pavillons liegen jetzt in Trümmern oder sind vollständig ver-
schwunden. Bis auf die beiden grösseren Gebäude an den Endpunkten des Tschehar-bagh waren es kleine,
äusserlich schmucklose, würfelförmige Backsteinhäuser mit einer grossen, offenen Nische im oberen Stock-
werk und winzigen Räumen daneben und dahinter. Diese Gemächer waren sockelartig mit Breitbildern
geschmückt, die sich aus über der Glasur gemalten Fliesen zusammensetzen. Der Herausgeber hat in Persien
nachweislich aus Isfahan stammende Bruchstücke eines solchen Fliesengemäldes erworben, aus denen die
beiden weiblichen Figuren fast lückenlos zusammengesetzt werden konnten: Dienerinnen mit einer Weinflasche
und einer Schale in den Händen.

Ähnliche, figurenreiche Darstellungen aus dem Haremsleben sind intakt nach London in das India-
Museum und in den Louvre nach Paris gekommen. Auf dem blumigen Rasenteppich eines Gartens sitzen einige
Damen und lassen sich durch jugendliche Frauen bedienen. Den Hintergrund bilden Bäume und aufsteigendes
Gelände, das mit Blumen und Sträuchern besetzt ist.

Die Gestalten in ihrer graziösen Stellung, mit der geneigten Kopfhaltung, dem geschlitzten Auge und
kleinen Mund erinnern an ostasiatische Kunst. Der Einfluss Chinas macht sich in den gesamten persischen
Kunsterzeugnissen seit dem XVI. Jahrhundert mehr und mehr geltend: in den Fayencegefässen, die chinesisches
Porzellan kopieren, in den Teppichen mit ihren Wolkenbändern und Fabeltieren und in der Miniaturmalerei
der Buchillustration. Dasselbe gilt von diesen Fliesengemälden. Sie sind mit starken Konturen über der
Glasur gemalt. Das Weiss der Kacheln hat man, abgesehen von dem Hintergrund, auch für den Fleischton
von Gesicht und Händen benutzt. Hellblau, dunkelblau und gelb sind die hauptsächlich verwandten Farben.

Isfahan, Bruchstücke von Fliesengemälden aus der Zeit Schah Abbas' des Grossen

Auch diese beiden Fliesen sind Bruchstücke von grösseren Kompositionen. Auf dem oberen Stück ist
ein Jüngling dargestellt, der sich anschickt, ein vor ihm stehendes Lasttier zu bepacken; auf der unteren Fliese
sehen wir ein junges Mädchen vor einem Spinnrade am Boden sitzen. Den Hintergrund bildet ein Zeltlager.
Die Gesichter und bei der einen Fliese auch der Hintergrund zeigen den weissen Kachelton, während
alles übrige ohne Rücksicht auf die Naturwahrheit koloriert ist. Gelb, dunkelblau und grün herrschen
vor. Chinesischer Einfluss zeigt sich in dem Wolkenband, das auf der oberen Fliese als Raumfüllung an-
gebracht ist; doch erinnert der Gesichtstypus der Figuren nicht an Ostasien und möchte eher auf Europa
hinweisen. Wir wissen, dass europäische Malweise seit der Mitte des XVII. Jahrhunderts bewusst nachgeahmt
wurde und die eigene persische Kunstübung auf dem Gebiete der Miniaturmalerei bald vollständig verdrängte.

Kaschan, Liwan in der Meidan-Moschee

I Kaschan war im Mittelalter und bis zum XVIII. Jahrhundert eine der bedeutendsten Städte Persiens,

JQ vor allem bekannt als Fabrikationsort von Töpferwaren, Thongefässen und Fliesen, nach denen alle persischen
"" Ä> Fliesen „Kaschani" oder „Kaschi" genannt wurden.
 
Annotationen