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Sarre, Friedrich [Hrsg.]
Denkmäler persischer Baukunst: geschichtliche Untersuchung und Aufnahme muhammedanischer Backsteinbauten in Vorderasien und Persien (Tafelband) — Berlin, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.5516#0024
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6. LIEFERUNG

ERLÄUTERUNGEN DER TAFELN

Samarkand, Medresse Ulug Beg

In der vorigen Lieferung, die das Grabmal Timurs und die Moschee Bibi-Hanum brachte, haben wir
bemerkt, daß dem Weltherrscher seine Hauptstadt Samarkand die hervorragendsten Bauwerke verdankt, und
daß zu ihrer Errichtung persische Architekten herangezogen wurden. Seine Nachkommen eiferten ihm in
der Bautätigkeit nach; von ihnen rühren die drei großen religiösen Schulen (Medressen) her, die an drei
Seiten den quadratischen Marktplatz Registan begrenzen. Die westliche Seite dieses imposanten Platzes wird
von einer Medresse gebildet, die Timurs Enkel Ulug Beg (1447—]449 n- Chr.) errichtet hat. Wie bei allen
Denkmälern der Timuridenzeit, sind auch hier die gewaltigen Abmessungen bemerkenswert, die die der rein-
persischen Bauten, ihrer Vorbilder, bei weitem übertreffen. Der Grundriß zeigt ein Quadrat, an dessen
Ecken sich Minarets erheben. Diese sind, eine Eigentümlichkeit aller Samarkander Gebetstürme, in einem
bestimmten Winkel nach außen geneigt. In der Mitte der Hauptfront erhebt sich das hohe Eingangsportal,
und ihm entsprechen drei sich nach dem Hof zu öffnende große Nischen. Der größte Teil des Gebäudes
liegt in Ruinen und ist vielleicht niemals ganz vollendet worden. Bemerkenswert ist auch hier der Schmuck
farbig glasierter Fliesen. Der architektonische Aufbau des Portals, seine Fliesendekoration, sowie die der
Minarets sind aus der Abbildung deutlich zu erkennen.

Samarkand, Medresse Schir-dar. Hof

Die der Medresse Ulug Beg gegenüberliegende Seite des Registan wird von der Medresse Schir-dar
(Löwen-Haus) eingenommen. Sie ist im Jahre 1610 n. Chr., also unter der Regierung des Imam Kuli, eines
Fürsten der Dschaniden-Dynastie, errichtet worden. Trotz dieser verhältnismäßig späten Entstehung zeigt
das Bauwerk noch ganz den Charakter der früheren Samarkander Denkmäler. Auch der Grundriß ist der-
selbe, wie z. B. der der Medresse Ulug Beg; ebensowenig stehen die glasierten Fliesen, die die Wände
bedecken, technisch und künstlerisch den älteren nach. Die Erhaltung ist eine bessere.

Der Name Schir-dar (Löwen-Haus) stammt daher, weil in den Zwickeln des Eingangsportals zwei
gelbe Löwenfiguren in Fayencemosaik dargestellt sind.

Die Abbildung zeigt einen Blick in den Hof. Links oben ist die Rückwand des hohen Portals,
darunter der dahinterliegende eine Liwan des Hofes, umgeben von je drei zweigeschossigen Nischen, sichtbar.
Alle vier Seiten des quadratischen Hofes sind gleich gestaltet.

Neben den vier Eckminarets besitzt das Gebäude in zwei Kuppeln, die die Portalnische flankieren,
einen ganz besonderen Schmuck. Die Form der auf hohem Tambur sitzenden Melonen-Kuppeln ähnelt der
des Timur-Grabes; aber die Wülste, die dort eng aneinander liegen, sind hier getrennt und von selbständigen
kleinen Konsolen getragen.

Samarkand, Gräberhügel Schah Zinda. Hauptportal und Mausoleum der Amme Timurs

Nicht weit entfernt von der Moschee Bibi-Hanum liegt vor den Toren von Samarkand ein Hügel,
auf dem in z. T. prächtigen Grabmälern einige der nächsten Verwandten Timurs beigesetzt sind. Dieser
Hügel heißt im Volksmunde Schah Zinda, d. h. der lebende König, da die Sage geht, daß der gleichfalls

ihier beigesetzte Vetter des Propheten Kassim im Innern des Berges lebe.
Die Abbildung zeigt im Vordergrunde das Hauptportal, durch das man zu der den Berg hinauf-
führenden Gräberstraße gelangt. Es soll nach einer Inschrift im Jahre 1434 von Ulug Beg, dem Enkel
Timurs, errichtet sein; also in demselben Jahre, in dem der Fürst seine Medresse am Registan vollendete. Eine
Übereinstimmung zwischen den beiden Bauwerken ist unverkennbar; sie zeigt sich vor allem in den drei
übereinander gesetzten Flachnischen zu Seiten des Eingangsportals. Auch hier ist wiederum ein Mosaik aus
 
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