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Schapire, Rosa
Johann Ludwig Ernst Morgenstern: ein Beitrag zu Frankfurts Kunstgeschichte im XVIII. Jahrhundert — Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Band 57: Strassburg: J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.66368#0016
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zeitig auf Kunstauktionen eine gewisse Kennerschaft erworben
hat und den Bestand der väterlichen Sammlung erweitern
durfte, diese Frankfurter Traditionen, als er zum ersten Mal
die Dresdner Galerie besucht.
In Leipzig stand Goethe, wie er dankbar in «Dichtung und
Wahrheit» und namentlich in seinen Briefen an den verehrten
Lehrer und Friederike Oeser bekennt, ganz unter dem Bann
des «Anregers», Adam Friedrich Oeser. In jenem ersten Atelier-
raum, in dem er mit einigen jungen Edelleuten seinen Zeichen-
unterricht nimmt, treten ihm Bilder entgegen «aus der späteren
italienischen Schule, von Meistern, deren Anmut er (Oeser) höch-
lich zu preisen pflegte».9 Oeser, der im Banne von Wiener
Kunst-Traditionen aufgewachsen ist,10 der die Leipziger Pla-
fonds mit unverständlichen Allegorien aller Art deckt, konnte
mit seiner «eingewurzelten Neigung zum Bedeutenden, Alle-
gorischen, einen Nebengedanken Erregenden»,11 ein Verhältnis
zu den holländischen Malern und ihrer schlichten Art, die
Beize der heimatlichen Landschaft zu erfassen, oder einen
Ausschnitt aus der Wirklichkeit zu geben, nicht haben. Und
doch! als sein Schüler, Goethe, insgeheim nach Dresden geht,
weil er «die dortigen Kunstschätze ganz nach eigener Art
zu betrachten wünschte . . . und sich von niemand wollte irre
machen lassen 12 — welche Kunst ist es, die am eindring-
lichsten zu ihm spricht ? Es ist nicht Correggios vielgepriesenes
Helldunkel, das ihn gefangen nimmt, nicht die Sistina, die ihn
in ihre lichten Höhen emporzieht, nicht Giorgiones «Schlafende
Venus» noch Tizians «Zinsgroschen», die zu seiner Seele
sprechen, sondern die Werke niederländischer Meister wirken
erschütternd auf ihn in jener wundervollen Galerie, die einer
Zeit entstammt, da man nicht historische Museen gründen,
sondern Schönheit genießen wollte.13 Was ihn in Dresden ent-
zückt, sind vorzüglich Dinge «wo die Vergleichung der bekannten
Natur den Wert der Kunst notwendig erhöhen mußte».11
9 Dichtung’ und Wahrheit. W. A. 8. Buch, S. 154.
10 Alp ho ns Dürr: «Anton Friedrich Oeser.» Leipzig 1879.
n Dichtung und Wahrheit, S. 155.
12 Ebenda 8. 166.
13 Karl Justi: «Winckelmann», Leipzig 1866.
i-i Dichtung und Wahrheit, S. 171.
 
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