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Dag Schlingen- und Netzmotiv im Glauben und Brauch der Völker 21

heilig gehalten und sorgfältig bewahrt. Sollte einer von
ihnen aus Versehen das Bündnis später brechen, so muß er
•die Schlinge durch ein Opfer entsühnen, wobei er folgende
Formel spricht: „Jene Bundbrüchigen haben gefehlt, ohne
zu wissen; Schlinge, heute entsühne ich dich, daß du ihnen
nicht mehr schadest. Sei entsühnt, sei entsühnt, sei entsühnt!"1

.4. Schlinge und Netz zur Verhinderung der Wiederkehr
der abgeschiedenen Seele

Bei den meisten primitiven Völkern herrschte der Glaube,
daß die Seele nach dem Tode des Menschen fortlebe und oft
-die Lebenden mit schweren Plagen heimsuche, weil die Über-
lebenden dem Toten nicht genügend Ehren erweisen". Ver-
schiedene Totenbräuche sind auf dieser Anschauung begründet.
Da der Totengeist nur auf dem Wege in sein ehemaliges
Haus zurückkehren kann, auf dem die Leiche hinausgetragen
wird, so existierte bei vielen Völkern die Sitte, die Leiche
nicht durch die Tür aus dem Hause herauszuschleppen, sondern
•durch ein in die Mauer gebrochenes Loch, das gleich darauf
wieder ausgefüllt wurde. Wir finden diesen Brauch bei den
alten Persern3 und in ganz Indonesieni. „Die Leiche der
Siamesen wird nicht durch die Tür, sondern durch ein in die
Wand gebrochenes Loch, die Füße voran, heraus und dreimal in
•schnellem Laufe um das Haus getragen, damit sie den Eingang
vergesse und keinen Spuk treibe" 5. Dieses geschieht auch
bei den Tscheremissen °, den Samojeden 7, den Wadschagga8 und
-auch in Südafrika besonders bei den Hottentotten, in Britisch

1 Raum, Arch. f. Bei. Wiss. X 287 ff.

2 Vgl. z. B. Frobenius, Weltanschauung der Naturvölker S. 335. So
Heben die Jorubas (Afrika) nach einem Leichenbegängnis den Verstorbenen
an, daß er zu den Lebenden nicht mehr zurückkommen möge, um sie heim-
zusuchen (A. Featherman Soc. Hist. of races of manländ I 1885, 198f.).

3 Vgl. Scheftelowitz, Ztschr. d. deutsch, morgenl. Ges. LVII 145 f.

4 H. Schurtz, Urgesch. d. Kultur S. 567.

6 Die preußische Expedition nach Ostasien, Berlin 1864, Bd IV 332.

0 Intern. Arch. f. Ethn. IX 1896, 157.

? A. Featherman Soc. Hist. of races of manländ IV 573 f.

8 Guttmann, Globus 1806, 200.
 
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