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Das Schlingen- und Netzmotiv im Glauben und Brauch der Völker 47

Schnur schützt nach dem Volksglauben der slavischen Juden
gegen den „bösen Blick" \ Diese Sitte herrscht auch in
Rumänien2, in Böhmen3, Polen*, Österreich5, Schlesien0 und
im deutschen Volke 7. In der Bukowina bringt der Rumäne
an der Tür des Hauses, in welchem eine Wöchnerin wohnt,
ein rotes Band an, „damit die Wöchnerin nicht verschrieen
wird"8. In Serbien und in Ungarn trägt die Frau während
der Schwangerschaft ein rotes Band um den Mittelfinger9.
Auch in Serbien 10 wird die Wöchnerin nebst Kind durch einen
roten Faden geschützt, ebenso im alten Griechenland11, in
Rußland12, bei den Deutschen in Iglau (Mähren)13, in ver-
schiedenen Gegenden Preußens 14. In Deutschland, Dänemark,
Mähren, Böhmen, bei den Huzuls (in den Karpathen), in Ruß-
land, Spanien, Portugal, Northumberland, Schottland, Island
schützen rote Schnüre nicht nur Menschen, sondern auch
Tiere und Gegenstände vor Unheil15. Dieselbe verstärkende

1 Mitteil. Ges. f. jttd. Volksk. 1908 Heft 1, 12.

2 Ztschr. f. österr. Volksk. II 282 und 318.

3 Grohmann, Abergl. aus Böhmen und Mähren 112 und 156.

4 Wisla VIII 765.

5 Kremser Gymnasial-Progr. 1869, 55; Germania 25, 427.

0 Mitteil, schles. Volksk. 13, 54; Seligmann, Der böse Blick II 228; 249 f.

7 A. Wuttke, Deutscher Volksabergl.3382; J. Grimm, Deutsche Myth.1
III 466 Nr. 869. „Wenn das Kind zum ersten Mal in die Wiege gelegt
wird, pflegt man bei den Esthen ihm ein Messer, einen Kreuzschliissel und
■etwas rotes Garn zur Seite zu legen. Dadurch wird es gegen Zauberei
geschützt" (J. Grimm aaO. III 488 Nr. 32).

8 Ztsehr. f. österr. Volksk. II 1896, 285.

0 Temesväry, Volksbräuche und Aberglaube in Ungarn 69 und 77.

10 H. Ploß, Das Kind in Brauch und Sitte der Völker3 1911, I 109.

11 Johannes Chrysost. in ep. I ad Corinth. 12, 7.

12 Frazer Golden BougW I, 400.

13 Piger, Ztschr. d. Ver. f. Volksk. IV 1896, 253.

14 Am Urquell VI 23 (in Pommern); Toppen, Aberglaube der Masuren2
41; Drechsler, Sitte und Volksglaube in Schlesien I 208.

15 Seligmann, Der böse Blick II 248ff.; 329; Ber. d. Sachs. Ges. d.
Wiss. 1855, 42. 47; H. Frischbier, Hexenspruch und Zauberbann 1870, 15;
Frazer Golden Bough3 P. I The magic ort Vol. 2, London 1911, 336; der-
selbe Golden Bough2 I 400. Will man auf dem Hunsrück im Spiele ge-
winnen, so bindet man mit einem roten Faden das Herz einer Fledermaus
an seinen Arm (Ztschr. d. Ver. f. rhein. u. westfal. Volksk. 1911, 147).
 
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