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Schenkel, Wolfgang
Einführung in die altägyptische Sprachwissenschaft — Darmstadt: wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), 1990

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.47786#0152
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Elemente des Satzbaus

bale Prädikate, z. B. mit dem Verb wnn „sein, existieren“ oder ui (z. B. „et-
was sein“ im Sinne von „einen Beruf ausüben“), kopt. Inf. eire bzw. Qual. o.
Hierzu o n „etwas sein“.
Wie hoch der Anteil nicht-verbaler Prädikate bei der Satzbildung
ist, ist nicht definitiv geklärt. Das Theorie-abhängige Meinungsspek-
trum reicht von (fast) 100% bis in einen mittleren Bereich. Unbe-
streitbar verbale Sätze sind solche mit Imperativ. Was die Standard-
Grammatiken sonst an Verbalsätzen bieten, ist teils definitiv den
Nicht-Verbalsätzen zuzuschlagen (s. unten § 4.3), teils diskussions-
bedürftig (s. unten § 4.5).
Eingehend hat sich mit dem Sprach-Charakter des Äg. Alan H.
Gardiner in einer Arbeit über “Some Aspects of the Egyptian Lan-
guage” beschäftigt. Wenn er von “the extraordinary preference
which Egyptian shows for nominal over verbal description, together
with its leaning towards passive rather than active forms” spricht
(S. (4)), so sind an seiner Feststellung insofern erhebliche Abstriche
zu machen, als er dabei den nominalen Ursprung der Masse der
Verbalformen, der Verbalformen der Suffixkonjugation, bzw. die
Ableitung eines guten Teils derselben von passivischen Partizipien
als gegeben betrachtet und dieses sprachhistorische Indiz mit in die
Beurteilung der Sprache einbezieht. Die Ableitung aus passivi-
schen Nominalformen ist nach Einschätzung von Verfasser besten-
falls eine Möglichkeit. Der nominale Ursprung hat stärkere Ar-
gumente für sich, ist aber ebenfalls bestreitbar. (Zur Frage der Ge-
nese der Suffixkonjugation s. oben § 3.5.3.2.) Im übrigen sind na-
türlich die Verbalformen der Suffixkonjugation in historischer Zeit
nicht deshalb nominale Ausdrücke, weil sie dies ursprünglich ein-
mal waren. Gardiner, der sich eingehend und aktiv mit struktu-
ralistischer Sprachwissenschaft beschäftigt hat und dem die Forde-
rung nach klarer Unterscheidung diachronischer und synchroni-
scher Betrachtungsweise geläufig war, ist in seinen ägyptologischen
Arbeiten stärker von älteren, sprachhistorischen (junggrammati-
schen) Vorstellungen geleitet, als man dies nach seiner sprachwis-
senschaftlichen Arbeit für möglich halten sollte. Abgesehen von der
Suffixkonjugation hat Gardiner natürlich die Nicht-Verbalsätze im
Auge, von denen oben (§4.1 b)) die Rede war. Insoweit ist seine
Beurteilung zutreffend.
 
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