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Schenkel, Wolfgang
Einführung in die altägyptische Sprachwissenschaft — Darmstadt: wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.47786#0153
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Die nominal-adverbiale Prägung des Äg.-Kopt.

139

Anmerkung 1:
Ein anderer Problemfall, weit geringeren Gewichts, ist der Hinweis auf
den sog. narrativen Infinitiv, mit dem - im allgemeinen einschneidende -
einen neuen Abschnitt beginnende Ereignisse in einer Erzählung dargestellt
werden können. Z. B. beginnt in der Sinuhe-Erzählung der Abschnitt über
den Kampf des Sinuhe mit dem „Starken“ von Rcnw mit einem narrativen
Infinitiv:
iw.t nht.(w) n.(i) (R)tnw, mci'f w(i) m
„Kommen eines Starken von Rcnw, indem er mich in meinem Zelt heraus-
forderte.“ (Sin. B 109f.).
Im Deutschen würde man einen Verbalsatz setzen; z. B. übersetzt Elke Blu-
menthal (Altägyptische Reiseerzählungen, Leipzig 1982, S. 11) adäquat: „Es
kam ein Recke von Retjenu und forderte mich heraus an meinem Zeltplatz.“
Es handelt sich hier um ein stilistisches Mittel, das Sprachen wie dem Deut-
schen, Englischen oder Französischen nicht genau in dieser Weise geläufig
ist. Es sei aber an substantivische Formulierungen von abschnittseinleiten-
den Überschriften erinnert, die zum mindesten im Zeitungsstil nicht immer
nur zusätzliche Kennzeichnungen des Inhalts des folgenden Abschnitts
sind, sondern fallweise durchaus eigenen Informationsgehalt besitzen und
mitgelesen werden müssen (s. auch unten § 4.3.2.3, b)).
Anmerkung 2:
Daß Gardiner von nominaler (vs. verbaler) Prägung spricht und
nicht, wie hier getan, von nominal-adverbialer Prägung, ist wissenschaftsge-
schichtlich verständlich: Die adverbiale Komponente des Äg.-Kopt. wurde
erst in den späteren Arbeiten von Polotsky ins rechte Licht gerückt (s. un-
ten § 4.3.2.2). Zu Gardiners Zeit war zwar als adverbialer Ausdruck von
Belang das Prädikat im Adverbialsatz, der Adverbialsatz wurde damals aber
- nach der ersten Konstituente - als Nominalsatz klassifiziert (s. oben § 4.1,
b), Anm. 2). Infolgedessen waren unter „nominaler Prägung“ alle Nicht-
Verbalsätze erfaßt.
Anmerkung 3:
Gardiner sucht einen Zusammenhang zwischen äg. Sprache und äg. Den-
ken herzustellen, so, wenn er die Prägung der Sprache durch Passivität mit
der Neigung des Ägypters zusammensieht, zurückzuschauen. Verfasser hält,
nachdem er selbst genug in dieser Richtung gesündigt hat, solche Interpre-
tationen - um eine Formulierung Harald Weinrichs (Tempus, Stuttgart
41985) zu gebrauchen - für „frontale Schnelldeutungen“.
Anmerkung 4:
Eine zweite Eigenart, die Gardiner dem Äg. zuschreibt, ist die “logicality
and self-consistency” seiner Syntax (S. (4)). Diese hängt u. a. mit der strikten
Regelung der Satzteilfolge („Wortfolge“) zusammen, wozu oben § 4.1, h) das
nötige Korrektiv vorgebracht wurde.
 
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