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II. DIE NEKROPOLE

serem Zusammenhang allem ankommt, ist die Tatsache, daß
solche Teilkomplexe mit analytischen Mitteln bestimmt wer-
den können. Wenn hier im folgenden die interpretierende
(Ricke—)BRiNKSsche Nomenklatur benutzt wird, so ergibt
sich dies zunächst aus dem Zwang, sich in irgendeiner Weise
verständlich auszudrücken. Die Bezeichnung der Teilkom-
plexe und ihrer Komponenten hat mnemotechnische Funk-
tion. Das schließt natürlich nicht aus, daß Bezeichnungen fall-
weise auch inhaltliche Relevanz zuzubilligen ist.

Die vier Teilkomplexe der königlichen Grabanlage und
ihre Komponenten sind nach Brinks diese (in eckigen Klam-
mern eine unten für die Felsfassadengräber benutzte, teilweise
vereinfachte bzw. modifizierte Nomenklatur):

— die A-Anlage, die Totenopferkultanlage, mit der Standard-
Raumsequenz

A 1 Grabmal [Bestattungsanlage]

A 2 Totenopferstätte [Kultkammer]

A 3 Totenopferhof [Hof]

A 4 Korridor (genetisch: Aul weg) [Auf weg]

A M Magazine

— die B-Anlage, die (Sed-)Festanlage, mit der Standard-
Raumsequenz

B 1 Festgrabmal [Scheinbestattungsanlage]

B 2 Festopferstätte

B 3 Festopferhof

B 4 Korridor (genetisch: Autweg)

B 5 Festhof

B 6 Korridor (genetisch: Aufweg)

— die C-Anlage, die Verehrungskultanlage, mit der Standard-
Raumsequenz

C 1 (Statuen-)Nische [dto.]

C 2 Kapellenraum [dto.)

C 3 Erster Vorraum [(Erster) Vorraum]

C 4 Zweiter Vorraum [dto.]

C 5 Verehrungshof [Hof]

C M Magazine

— die D-Anlage, von Brinks als Sonnenkultanlage bezeich-
net', ohne signifikante innere Gliederung.

Was das Verhältnis der nicht-königlichen Grabanlagen zu den
königlichen angeht, so gilt im einzelnen das folgende:

— Jede Mastaba und jedes Felsfassadengrab enthält eine A-
Anlage. Diese A-Anlage hängt in ihrer Einzelausgestaltung
vom königlichen Vorbild ab, die Anlage als solche dagegen
bedarf dieser Herleitung nicht, da es sich schlicht um den
konstitutiven Kern einer jeden ägyptischen Grabanlage
handelt, der die Welt der Verstorbenen über eine Totenop-
ferstelle mit der Welt der Lebenden verbindet.

— Zusätzlich zur A-Anlage können, vom Rang eines Ver-
storbenen und der Höhe der jeweils gesetzten Ubernah-
mebarriere abhängig, andere königliche Teil-Anlagen über-
nommen werden.

— Zunächst wird die C-Anlage übernommen, die in Kom-
bination mit der A-Anlage zu dem weitverbreiteten Grab-
typ A-Anlage + C-Anlage führt.

— Erst danach kommen B- und D-Anlagen für die Übernah-
me in Betracht.

b) Typologie der unten § III ausführlich behandelten AR-
Gräber

Die bislang genauer untersuchten Felsfassadengräber unserer
Nekropole zerfallen, soweit Fertigstellungsgrad und Erhal-
tungszustand dies zu beurteilen erlauben, in drei Haupttypen:

— Gräber mit A-Anlage + C-Anlage (Typ A+C)

- Gräber mit A-Anlage + C-Anlage + B- und/oder D-An-
lage (Typ A+C+B/D)

A-Anlage + C-Anlage

Wie nicht anders zu erwarten enthalten alle Gräber, soweit
dies beurteilbar ist, die A-Anlage als den Kern jedes Grabes,
der die (eigentliche) Bestattungsanlage (A 1) und den Raum
zum Vollzug des Totenopfers, die Kultkammer (A 2), enthält.
Ein wichtiges Identifizierungsmerkmal dieser Anlage ist die
Scheintür in der Kultkammer (A 2), die die Ubergangsstelle
zur Bestattungsanlage (A 1) symbolisiert und vor der das To-
tenopler dargebracht wird (im folgenden Schema durch »*«
symbolisiert). Vorgeschaltet sind im vollständigen Schema der
A-Anlage der Hof (A 3) und der Aufweg (A 4).

Schema der A-Anlage:

A 1 Bestattungsanlage

* Scheintür
A 2 Kultkammer

A 3 Hof

A 4 Aufweg

Im einzelnen ist die A-Anlage bei den Gräbern in folgendem
Umfang realisiert:

Mehr oder minder vollständig ausgebildet ist die Raumse-
quenz bei den folgenden Gräbern: G 7, N 8, P 9, Q 10,
Q 10 a, R 11, T 12, U 14 a, U 16 a und V 23 sowie mit einer
im folgenden zu behandelnden Einschränkung bei den Grä-
bern P 9 a und U 12 a.

A-Anlage und B-Anlage bezeichnet) sowie aus einem frühzeitlichen
Tempel des Chontamenti in Abydos (unten als C-Anlage bezeichnet)
die Basis entzogen wurde. Zu Abydos vs. Saqqära s. etwa die zusam-
menfassende Evaluation bei R. Stadelmann, Die ägyptischen Pyra-
miden, Mainz 1985, S. 10 f. (mit Lk.-Verweisen in Anm. 14 f.); zum
Chontamenti-Tempel, id., ibd., S. 63 (mit Lit.-Verweisen in
Anm. 188), und B.J. Kemp, The Osins Temple at Abydos, in: MDAIK
23, 1968, S. 138-155, bes. S. 151-153.
7 Brinks, Grabanlagen, S. 108 f.

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