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Die Arbeiten im Jahre 1879. 65

unter Hissarlik sich ausbreitet, erst nach der Zeit des trojanischen
Krieges entstanden sei. Mit Virchow zusammen bereiste Schlie-
mann bis hinauf zu den Höhen des Ida die Landschaft der
Troas, die an Denkmälern alter Geschichte so reich ist. Vir-
chow's Vermittelung war es auch zu danken, dass der deutsche
Botschafter Graf Hatzfeld im Verein mit dem britischen, Sir
Layard, bei der Hohen Pforte Torstellig wurden und den lang
ersehnten Ferman zu Grabungen an den grossen Grabhügeln der
troischen Ebene auswirkten. Schon einmal, im Jahre 1873, hatte
Frau Schliemann in den sogenannten Pascha-Tepeh einen Graben
hineinführen lassen, aber ohne dass dabei ein Grab entdeckt
worden wäre. Nun machte sich Schliemann neben kleinern
Grabungen in der Umgegend an die beiden mächtigsten unter
den zahlreichen Grabhügeln, den Ujek-Tepeh und den Besika-
Tepeh, welche beide, Land und Meer beherrschend, der eine 80,
der andere 50 Fuss hoch über den Bandhöhen der Besika-Bai
anderthalb Stunden von Hissarlik aufragen. Der Umfang dieser
fürstlichen Denkmäler war zu gewaltig, als dass man ihren Kern
durch Abgraben der Erdmasse hätte aufdecken können. Daher
wurden senkrecht und wagerecht Schachte und Tunnel hinein-
getrieben, eine sehr gefahrvolle Arbeit, welche indessen trotz
aller aufgewandten Mühe nicht zur Auffindung der Gräber geführt
hat. Man stiess im Kern des Ujek-Tepeh auf das Mauerwerk
eines stattlichen 40 Fuss hohen Thurmes, welcher auf einer
kreisrunden Lage von polygonalen Blöcken ruht. Da nun Schlie-
mann nirgends auf die Gräber selbst stiess, so bildete er sich
die Ansicht, dass diese Hügel, einer Sitte des griechischen Alter-
thums entsprechend, nur Scheingräber, Kenotaphe, seien, zu Ehren
der Verstorbenen errichtet, deren Leichen in Wirklichkeit an
anderm Orte beigesetzt wären. Während der Unternehmungen
in der Umgegend wurde auch in Troja selbst mit Erfolg weiter
gegraben. Man ging dem Umkreise der Bingmauern nach und
suchte durch schichtweise Abräumung des höher liegenden Schuttes
die sogenannte dritte Stadt, welche damals als die verbrannte
galt, in grösserm Umfange blosszulegen. Die dritte, von unten
gerechnet: denn allmählich war es klar geworden, dass unter

Schliemann, Selbstbiographie. 5
 
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