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145] Alexandrinische Toreutik. 415
VI. Kapitel.
Formen und Ornamente der Schnabelgefässe als
alexandrinische Erfindungen.
In grossen, die Umrisse einer Zukunftswissenschaft entwerfen-
den Zügen hat Gottfried Semper im elften Hauptstück seines Werkes
»Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten« die Ent-
wicklung der antiken Metallotechnik geschildert. Neben und nach
phönikisch-syrischer Kunsttradition erwuchs eine eigenthümlich helle-
nische Toreutik, die in dem hohen Stile der Phidias und Polyklete,
in der Verbindung der plastischen und toreutischen oder stereoto-
mischen Tendenzen beider Bildnerschulen ihre Blüthe erreichte. Die
nachfolgende Epoche charakterisirt Semper mit kurzen Worten als
die eines »realistisch-üppigen, vorherrschend plastischen, korinthisch-
alexandrinisch-römischen Stils«, welcher der späte Ausdruck des
hellenischen Kulturprinzips gewesen sei. Erst darauf entstand »der
christlich-byzantinische Stil, in welchem der neuasiatisch-christliche
Kulturgedanke den ihm adaequaten Ausdruck finden sollte. Er
äussert sich stofflich-technisch als von der Plastik wieder auf die
uralte vorhellenische Plattirmanier zurückgetragene Toreutik, als
Flächenstereotomie «.
In dieser geistreichen Skizze ist die alexandrinische Metallo-
technik bereits als ein neues, selbständiges Formenprinzip richtig
erkannt, ihr Grundzug scharf gekennzeichnet. Leider hat Semper
eine Beweisführung im Einzelnen unterlassen, ja er hat nicht einmal
einen Hinweis auf bestimmte, seine Schlüsse rechtfertigende Bildwerke
für nöthig gehalten. Wir sind daher der — vielleicht erst allmählich
zu lösenden — Aufgabe nicht überhoben die erhaltenen älteren
toreutischen Werke wenigstens versuchsweise zu lokalisiren und zeit-
lich zu ordnen, um aus den Gegensätzen die unterscheidenden Merk-
male der alexandrinischen Toreutik herauszufinden. Für den augen-
blicklichen Zweck wird es genügen von allgemeinen, bereits
feststehenden Bestimmungen auszugehen, gewisse Denkmälerklassen
Abhandl. d. K. s. Geaellsch. d. Wissensch. XXXIV. 29
 
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