Piccolomini zum Papst Pius II. <Nr. *1958d) aufgetaucht, das kaum später als 1458 entstanden sein
kann, und zwar vielleicht in dem damals unter päpstlicher Herrschaft stehenden Avignon, jener Stadt
im südlichen Frankreich, in der sich zuerst urkundlich Kartenmacher nachweisen lassen <vgl. den folgen»
den Abschnitt).
In England scheint die Holzschneidekunst erst im letzten Drittel des XV. Jahrhunderts Verbreitung
gefunden zu haben, obschon eine im Jahre 1436 von dem damals 15jährigen König Henry VI. ge-
nehmigte Urkunde nicht von ihm selbst unterzeidmet, sondern mit seinem in Holz geschnittenen
Namenszug <Nr. 2982) unterstempelt ist. Bei den damaligen politischen Verhältnissen wäre es sehr
wohl möglich, daß dieser Stempel von einem nordfranzösischen Holzschneider angefertigt wurde.
Frankreich war es wahrscheinlich auch, das England zunächst mit Spielkarten versorgte, bis 1463 durch
Parlamentsakte die Einfuhr von »cardes for pleiying« verboten wurde. Da dieser Beschluß auf Antrag
englischer Handwerker und Krämer erfolgte, so könnten damals wohl schon Kartenmacher in größerer
Zahl in England tätig gewesen sein. Im Jahre 1484 war das Kartenspielen bereits allgemein ver»
breitet und sowohl Henry VII. als seine Tochter Margaret und deren Gatte, König James IV. von
Schottland, waren leidenschaftliche Kartenspieler. Auf die Bildholzschnitte hat hingegen Frankreich nur
sehr wenig Einfluß gehabt,- hier waren es die Niederlande und Flandern, die vorbildlich wirkten. Die
ältesten Buchillustrationen befinden sich in dem 1480 von Caxton gedruckten »Mirror of the World«
und etwa gleichzeitig mögen auch die ersten Einblattdrudce, zumeist Darstellungen des Schmerzens»
mannes <vgl. Nr. 856), entstanden sein.
Obschon in Spanien Zeugdrucke <Estampades> schon in einer Verordnung Königs Jacob I. von
Aragonien votn Jahre 1234 erwähnt werden, scheint der Bildholzschnitt dort erst im letzten Viertel des
XV. Jahrhunderts Eingang gefunden zu haben, und zwar durch deutsche Buchdrucker zum Zwecke
der Buchillustration. Zunächst brachten sie deutsche, hauptsächlich rheinische Holz» und Metallschnitte
aus Deutschland mit, dann wurden solche, aber auch niederländische und französische Formschnitte
und Kupferstiche von spanischen Holzschneidern kopiert. Bald lieferten aber auch spanische Künstler,
z. B. der Meister -ID-, der bisher als in Lyon tätig bezeidinet wurde, Entwürfe für den Holzschnitt1.
Wann und in welchem Umfang die Holzschneidekunst in den europäischen Osten Eingang gefunden
hat, ist bisher noch ungewiß, doch deutet alles darauf hin, daß sie nicht aus Asien kam, sondern von
Deutschen eingeführt wurde. Selbst in Böhmen mit seiner teils deutschen, teils tschechischen Bevölke»
rung ging die Initiative wohl von den Deutschen aus, und ebenso wissen wir, daß Krakau mit seiner
starken deutschen Einwohnerschaft dem Buchhändler Johannes Haller die Einführung gedruckterWerke
und schließlich der Buchdrucfcerkunst selbst verdankt. Das von mir in Bd. VI unter Nr. 2998 be»
schriebene Fragment eines Blockdrudcs läßt allerdings vermuten, daß die Holzschneidekunst schon vor
seiner Zeit dort ausgeübt wurde. Der Holzschnitt mit Mariä Himmelfahrt <Nr. 1017) und der Jahres»
zahl 4741 <1273 unserer Zeitrechnung) ist ja zweifellos osteuropäischen Ursprungs und vielleicht auch
der Christuskopf <Nr. 753), doch ist eine genauere Datierung dieser Blätter kaum möglich. Hingegen
dürfen wir aus dem Verbot der Krakauer »Stadtwilkör« von 1468 Wei’ i>0 fpift Ottt gelt) fs mit
wovfiitt mJöit mit Tarten wohl vermuten, daß damals schon mit Holzschnittkarten dort gespielt wurde,
E. DIE SPIELKARTEN
Meine schon vor zwanzig Jahren angezeigte, dann aber durch den Weltkrieg unterbrochene Arbeit
»Die ältesten Spielkarten und die auf das Kartenspiel Bezug habenden Urkunden des XIV. und
XV. Jahrhunderts« ist zwar immer noch nicht erschienen, doch mödite ich daraus kurz die Ergebnisse,
1 Eine sehr ausführliche Arbeit über die in Spanien im XV. Jahrhundert verwendeten Holzschnitte von Martin Kurz
dürfen wir demnächst erwarten.
* 62 *
kann, und zwar vielleicht in dem damals unter päpstlicher Herrschaft stehenden Avignon, jener Stadt
im südlichen Frankreich, in der sich zuerst urkundlich Kartenmacher nachweisen lassen <vgl. den folgen»
den Abschnitt).
In England scheint die Holzschneidekunst erst im letzten Drittel des XV. Jahrhunderts Verbreitung
gefunden zu haben, obschon eine im Jahre 1436 von dem damals 15jährigen König Henry VI. ge-
nehmigte Urkunde nicht von ihm selbst unterzeidmet, sondern mit seinem in Holz geschnittenen
Namenszug <Nr. 2982) unterstempelt ist. Bei den damaligen politischen Verhältnissen wäre es sehr
wohl möglich, daß dieser Stempel von einem nordfranzösischen Holzschneider angefertigt wurde.
Frankreich war es wahrscheinlich auch, das England zunächst mit Spielkarten versorgte, bis 1463 durch
Parlamentsakte die Einfuhr von »cardes for pleiying« verboten wurde. Da dieser Beschluß auf Antrag
englischer Handwerker und Krämer erfolgte, so könnten damals wohl schon Kartenmacher in größerer
Zahl in England tätig gewesen sein. Im Jahre 1484 war das Kartenspielen bereits allgemein ver»
breitet und sowohl Henry VII. als seine Tochter Margaret und deren Gatte, König James IV. von
Schottland, waren leidenschaftliche Kartenspieler. Auf die Bildholzschnitte hat hingegen Frankreich nur
sehr wenig Einfluß gehabt,- hier waren es die Niederlande und Flandern, die vorbildlich wirkten. Die
ältesten Buchillustrationen befinden sich in dem 1480 von Caxton gedruckten »Mirror of the World«
und etwa gleichzeitig mögen auch die ersten Einblattdrudce, zumeist Darstellungen des Schmerzens»
mannes <vgl. Nr. 856), entstanden sein.
Obschon in Spanien Zeugdrucke <Estampades> schon in einer Verordnung Königs Jacob I. von
Aragonien votn Jahre 1234 erwähnt werden, scheint der Bildholzschnitt dort erst im letzten Viertel des
XV. Jahrhunderts Eingang gefunden zu haben, und zwar durch deutsche Buchdrucker zum Zwecke
der Buchillustration. Zunächst brachten sie deutsche, hauptsächlich rheinische Holz» und Metallschnitte
aus Deutschland mit, dann wurden solche, aber auch niederländische und französische Formschnitte
und Kupferstiche von spanischen Holzschneidern kopiert. Bald lieferten aber auch spanische Künstler,
z. B. der Meister -ID-, der bisher als in Lyon tätig bezeidinet wurde, Entwürfe für den Holzschnitt1.
Wann und in welchem Umfang die Holzschneidekunst in den europäischen Osten Eingang gefunden
hat, ist bisher noch ungewiß, doch deutet alles darauf hin, daß sie nicht aus Asien kam, sondern von
Deutschen eingeführt wurde. Selbst in Böhmen mit seiner teils deutschen, teils tschechischen Bevölke»
rung ging die Initiative wohl von den Deutschen aus, und ebenso wissen wir, daß Krakau mit seiner
starken deutschen Einwohnerschaft dem Buchhändler Johannes Haller die Einführung gedruckterWerke
und schließlich der Buchdrucfcerkunst selbst verdankt. Das von mir in Bd. VI unter Nr. 2998 be»
schriebene Fragment eines Blockdrudcs läßt allerdings vermuten, daß die Holzschneidekunst schon vor
seiner Zeit dort ausgeübt wurde. Der Holzschnitt mit Mariä Himmelfahrt <Nr. 1017) und der Jahres»
zahl 4741 <1273 unserer Zeitrechnung) ist ja zweifellos osteuropäischen Ursprungs und vielleicht auch
der Christuskopf <Nr. 753), doch ist eine genauere Datierung dieser Blätter kaum möglich. Hingegen
dürfen wir aus dem Verbot der Krakauer »Stadtwilkör« von 1468 Wei’ i>0 fpift Ottt gelt) fs mit
wovfiitt mJöit mit Tarten wohl vermuten, daß damals schon mit Holzschnittkarten dort gespielt wurde,
E. DIE SPIELKARTEN
Meine schon vor zwanzig Jahren angezeigte, dann aber durch den Weltkrieg unterbrochene Arbeit
»Die ältesten Spielkarten und die auf das Kartenspiel Bezug habenden Urkunden des XIV. und
XV. Jahrhunderts« ist zwar immer noch nicht erschienen, doch mödite ich daraus kurz die Ergebnisse,
1 Eine sehr ausführliche Arbeit über die in Spanien im XV. Jahrhundert verwendeten Holzschnitte von Martin Kurz
dürfen wir demnächst erwarten.
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