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DER GETREUE ZEUGE

Heynicke, Kurt Schwitters, Franz Richard Behrens und
mir.
Der Gefeierte saß beschämt und beglückt an der fest-
lichen Tafel, zu seiner Rechten Herwarth Waiden, zu
seiner Linken ich, ihm gegenüber Nell Waiden und
meine Frau. Die lange Tafel im Gesellschaftszimmer war
von den Mitarbeitern und Freunden des STURM voll be-
setzt. Es wurde bescheiden gegessen, aber üppig getrun-
ken, Sekt und schweren Bordeaux. Es ging ziemlich hoch
her um das Geburtstagskind. Herwarth Waiden hielt die
erste Festrede, dann ich die zweite. Rudolf dankte uns,
zu Tränen gerührt, in einer Ansprache, in der sich die
Not, Einsamkeit und schöpferische Gewalt dieses Mannes
enthüllte.
Wenn ich denke, daß Rudolf Blümner noch 22 Jahre ge-
lebt hat, ohne daß seine wahrhaft gerechte Menschlich-
keit, seine großen Erkenntnisse und seine einmalige
Kunst den Menschen so dienen konnte, wie wir es ersehn-
ten, und er selbst keine anderen Früchte erntete als die
Verehrung einiger weniger Freunde und die Gewißheit,
das Rechte getan und mehr als die meisten seiner Zeit
von der Kunst erkannt und in der Kunst gestaltet zu
haben, so erschüttert, mich stets von neuem die Verlas-
senheit und Nichtigkeit alles Wirkens der Erkennenden
und Gütigen in dieser Welt.
Rudolf Blümners Geburtstagsfeier war wohl der letzte
Glanz in der Geschichte des STURM. Der wirtschaftliche
Verfall war schon deutlich und unaufhaltbar. Trotzdem
 
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