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UNVERLIERBAR

kann den Verzicht auf das Werk bedeuten. Je mehr der
Verkündende, der Künstler, der Verkündigung selbst
befolgt, in seinem persönlichen Leben befolgt, um so
weniger bedarf er selbst der Verkündigung durch das
eigene Kunstwerk, um so unwichtiger wird es ihm, um so
reineres Geschenk wird es ihm und anderen, wenn er es
dennoch schafft.
Immer und entscheidend geht es um das Menschenbild,
um das innere Menschenbild, das unverlierbare, ver-
borgene, dem wir begegnen dürfen in den Sternstunden
zwischen Mensch und Mensch.
Eine solche Sternstunde der Begegnung — Wieder-
begegnung —war es, als Nell Waiden nach einem Viertel-
jahrhundert Schweigen plötzlich da war, leibhaftig da
war.
Ich hatte Nell Waiden, nachdem sie von Herwarth Wai-
den geschieden war, nur einmal wiedergesehen, einige
Tage nach ihrer Hochzeit mit Dr. Hans Heimann, als
ich mit meiner Frau und unserem Sohn die Vermählten
in der schönen Berliner Wohnung gegenüber der Kaiser-
Wilhelm-Gedächtniskirche beglückwünschte. Seitdem
hatten wir uns nicht wiedergesehen und auch keine
Briefe gewechselt. Es kam der wirtschaftliche Zusammen-
bruch des STURM. Es kam das »Dritte Reich«. Auch mich
traf die Verfemung. Doch wurde ich vor dem Schlimm-
sten bewahrt. Der Tod hielt grausame Ernte unter den
Freunden. Es kam der zweite Weltkrieg, das Ende des
»Dritten Reiches« und der Zusammenbruch Deutsch-
 
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