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3. Perikles’ Politik als demokratische Konzeption?

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nung und die Ablehnung durch die anderen Gruppen, etwa die Aristo-
kraten oder die von Aristoteles so genannten »Mittleren«, zu stark
wird. Die die Demokratie bestimmende Partei muß also eine be-
stimmte Größe erreichen. Die Finanzierung dieser Partei ist nach Ari-
stoteles ein überaus wichtiger Aspekt, der für die Konsolidierung und
Stabilität einer Polis ausschlaggebend sein kann (1320a 16ff.). Je mehr
Volksversammlungen und Gerichte tagten, um so höher mußten die
Einkünfte sein, damit der Lebensunterhalt der Menge in etwa gesichert
werden konnte.

In den gleichen Zusammenhang stellt die Athenaion Politeia auch die
von Perikles eingeführte Besoldung der Richter.77 Die Funktion der
Dikasterien ist im Verlauf des 5. Jahrhunderts für die Praxis der Demo-
kratie so entscheidend geworden, daß Aristophanes die Volksgerichte
schließlich als den entscheidenden Machtfaktor in der attischen Demo-
kratie darstellen konnte: Die Funktion als Richter ist diejenige charak-
teristische Rolle geworden, in der das attische Volk sich und seine de-
mokratische Verfaßtheit am deutlichsten wiedererkennen konnte.78
Die Besoldung dieser Tätigkeit zeigt, daß der Machtfaktor, den die Ge-
richte darstellten, schon deutlich erkannt gewesen sein mußte, wenn er
auch in der Praxis erst durch die Gesetze des Ephialtes zu seiner vollen
Tragweite kommen konnte. Die innere Beziehung zwischen Perikles’
Richterbesoldungsgesetz und Ephialtes’ Reform ist deutlich erkennbar
und weist auch darauf hin, daß Perikles’ Rolle in dem Geschehen um
Ephialtes, so wenig im einzelnen darüber bekannt ist, kaum die eines
Statisten gewesen sein kann.79

77 AP 27,3; Plut. Per. 9,2-3; Kimon 10,1-3; vgl. Stadter (1989) 112ff.;
Chambers (1990) 267f.; Rhodes (1985) 338f. Die bei Plutarch und der Athe-
naion Politeia (27,4) berichtete Version, Perikles habe dies eingeführt, um mit
Kimon, der über wesentlich größeren Reichtum und damit mehr Möglichkei-
ten zur Freigebigkeit verfügte, konkurrieren zu können, wird von Chambers
267 auf eine kritische Quelle zurückgeführt. Nach Plutarch gehört das Besol-
dungsgesetz in die Jahre vor 462 und somit noch vor die Reform des Ephialtes.

78 U. a.: Ar. Wespen 548 ff., 560ff., 571, 587, 620 ff.; Vögel 27ff.; vgl. dazu
Schubert (1993) 77ff.

79 Vgl. auch Plut. Per. 7,8 und 9,5, wo Plutarch das Verhältnis zwischen
Ephialtes und Perikles so schildert, als sei Perikles der eigentliche Initiator und
Ephialtes nur der Ausführende gewesen. Dies wird im allgemeinen als Versuch
Plutarchs interpretiert, den Rahmen seiner Biographie durch eine Rückprojek-
tion von Perikles’ später erst bedeutender Rolle aufzufüllen: Stadter (1989) 120 f.
 
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