EINLEITUNG
Perikles gehört zu dem kleinen Kreis der führenden Politiker
Athens, deren Handlungen mit der Geschichte und der Entwicklung
der Demokratie untrennbar verbunden sind. Über seine Person ist
trotz der langen Zeitspanne, in der mit seiner politischen Aktivität ge-
rechnet wird, wenig bekannt. Die Beantwortung der für den Histori-
ker zentralen Frage nach seinem Einfluß und seiner Bedeutung wird
dadurch sehr schwierig, wenn nicht unmöglich.
Die Problematik, die mit dem Bemühen um eine Erklärung histori-
scher Abläufe verbunden ist, zeigt sich im Hinblick auf die Person des
Perikles und die Frage nach seiner Rolle sehr deutlich: Ab- und Ver-
läufe der Art, wie sie in der Geschichte Athens und insbesondere der
demokratischen Entwicklung im 5. Jahrhundert zu beschreiben sind,
gehen in der Regel über den Bereich hinaus, der den »Realisationen
handlungsleitender Absichten« entspricht.1
Wäre dies nicht so, d. h., würden sich Handlungsverläufe und
Handlungsabsichten vollständig entsprechen, könnte von einer gene-
rellen Symmetrie zwischen beiden ausgegangen werden. Eine solche
Symmetrie wäre gleichbedeutend mit einem Gleichgewicht zwischen
Handlungsabsicht und Handlungsverlauf. Für das Bemühen um histo-
rische Erklärung würde dies auch die Übertragbarkeit von Erklärungs-
methoden und damit die Möglichkeit zur Vorhersage von Ereignisab-
läufen bedeuten. Das Auffinden von Symmetrien beinhaltet bei einer
Übertragung auf analoge Fälle immer auch die potentiell mögliche Re-
konätruktion aus wenigen bekannten Elementen.
Jedoch ist im Bereich der historischen Forschung das genaue Gegen-
teil dieses Zusammenhanges festzustellen: Zwischen den Handlungs-
absichten und dem Handlungsergebnis besteht in der Regel eine deut-
liche Asymmetrie, eben jenes Hinausreichen der menschlichen Intentio-
nalität über die Verläufe der Lebeaaswelt einerseits und die Unmöglich-
keit andererseits, alle Lmstände in den handlungsleitenden Absichten
zu bedenkem_Für das Erklären historischer Handlungen bedeutet die-
ser komplexe Zusammenhang vor allem, daß die Erfahrung der Kon-
1 Ausf. dazu: J. Rüsen, Rekonstruktion der Vergangenheit, Göttingen (1986)
36. Vgl. ebd. auch zu dem von ihm so genannten »Intentionalitätsüberschuß«.
Perikles gehört zu dem kleinen Kreis der führenden Politiker
Athens, deren Handlungen mit der Geschichte und der Entwicklung
der Demokratie untrennbar verbunden sind. Über seine Person ist
trotz der langen Zeitspanne, in der mit seiner politischen Aktivität ge-
rechnet wird, wenig bekannt. Die Beantwortung der für den Histori-
ker zentralen Frage nach seinem Einfluß und seiner Bedeutung wird
dadurch sehr schwierig, wenn nicht unmöglich.
Die Problematik, die mit dem Bemühen um eine Erklärung histori-
scher Abläufe verbunden ist, zeigt sich im Hinblick auf die Person des
Perikles und die Frage nach seiner Rolle sehr deutlich: Ab- und Ver-
läufe der Art, wie sie in der Geschichte Athens und insbesondere der
demokratischen Entwicklung im 5. Jahrhundert zu beschreiben sind,
gehen in der Regel über den Bereich hinaus, der den »Realisationen
handlungsleitender Absichten« entspricht.1
Wäre dies nicht so, d. h., würden sich Handlungsverläufe und
Handlungsabsichten vollständig entsprechen, könnte von einer gene-
rellen Symmetrie zwischen beiden ausgegangen werden. Eine solche
Symmetrie wäre gleichbedeutend mit einem Gleichgewicht zwischen
Handlungsabsicht und Handlungsverlauf. Für das Bemühen um histo-
rische Erklärung würde dies auch die Übertragbarkeit von Erklärungs-
methoden und damit die Möglichkeit zur Vorhersage von Ereignisab-
läufen bedeuten. Das Auffinden von Symmetrien beinhaltet bei einer
Übertragung auf analoge Fälle immer auch die potentiell mögliche Re-
konätruktion aus wenigen bekannten Elementen.
Jedoch ist im Bereich der historischen Forschung das genaue Gegen-
teil dieses Zusammenhanges festzustellen: Zwischen den Handlungs-
absichten und dem Handlungsergebnis besteht in der Regel eine deut-
liche Asymmetrie, eben jenes Hinausreichen der menschlichen Intentio-
nalität über die Verläufe der Lebeaaswelt einerseits und die Unmöglich-
keit andererseits, alle Lmstände in den handlungsleitenden Absichten
zu bedenkem_Für das Erklären historischer Handlungen bedeutet die-
ser komplexe Zusammenhang vor allem, daß die Erfahrung der Kon-
1 Ausf. dazu: J. Rüsen, Rekonstruktion der Vergangenheit, Göttingen (1986)
36. Vgl. ebd. auch zu dem von ihm so genannten »Intentionalitätsüberschuß«.