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der durch Otto III. und seinem Umfeld vertretenen Auffassung aufweist.
Ottos III. enge Verbindung zu den zwei Päpsten seiner eigentlichen Re-
gierungszeit, zu Gregor V. wie zu Sylvester IL, wurde bereits ausführlich
dargelegt. Sein Bestreben war die möglichst weitgehende wechselseitige
Durchdringung von Reich und Kirche in Hinsicht auf ein christliches Im-
perium, das er auch durch seine Ostpolitik der Missionierung und Integ-
ration von Polen, Böhmen, Mähren und Ungarn zu befestigen und zu u-
niversalisieren bemüht war. Dieser Intention entsprach die Abhaltung
zahlreicher Konzilien mit gemeinsamem Vorsitz von Papst und Kaiser un-
ter Otto III. Überhaupt war die Thematisierung und Gegenüberstellung
von Kaiser und Papst in erster Linie ein Thema der Zeit Ottos III., wie
auch aus dem Versus de Gregor/o Papa et Ottone Augusto von 998 von
Leo von Vercelli deutlich hervorgeht.515

Demgegenüber hatte Heinrich II. weitaus weniger unmittelbare Kontakte
mit den Päpsten, da er den Schwerpunkt seiner Aktivitäten stärker auf
die Reichskirchenpolitik mit dem Ausbau der Machtstellung der Reichskir-
che dem Papsttum gegenüber legte. Erst unter den Tuskulanerpäpsten
wurden die Kontakte zwischen Heinrich II. und dem Heiligen Stuhl häufi-
ger. Dann erst kam es auch zur Kaiserkrönung und schliesslich zu den
genannten Besuchsreisen und Kriegsallianzen. In dieser Konstellation
liegt gewiss nochmals eine Zuspitzung der Papst-Kaiser-Thematik, die
das Entstehen eines Gefässes mit dem Programm der Situla begünstigt
haben könnte.

So könnte Bamberg als Ort jener wichtigen Begegnung auch für die Ent-
stehung der Situla von Bedeutung sein. Allerdings sind bereits zwei wei-
tere Elfenbeinsitulen aus der Zeit vor dem zweiten Viertel des 12. Jahr-
hunderts in einem Inventar, das die Verluste des Domschatzes aufzählt,
für Bamberg nachgewiesen.516 Stellte man die Entstehung der Situla
gleichwohl in den Zusammenhang dieser Kaiser-Papst-Begegnung, so
müsste die Frage aufgeworfen werden, wie eine neu gestiftete Situla aus
dem Domschatz in Bamberg nach Aachen (z.B. auf den Ambo Heinrichs
II.) gekommen sein könnte. Der umgekehrte Weg von Aachen nach
Bamberg wäre allenfalls nachvollziehbar, wenn man von einer Übertra-
gung aus dem Schatz Ottos III. in den seines Nachfolgers ausgehen
wollte. Auch der stilistische Befund Hesse sich nicht mit diesem Entsteh-
ungszeitpunkt in Übereinstimmung bringen.

Da die Situla mehrere Bezugspunkte zu Aachen aufweist, muss auch der
Frage nach der Bedeutung dieses Ortes und Karls des Grossen für den
Auftraggeber der Situla nachgegangen werden. Zwei Umstände lassen
Aachen für die Situla bedeutungsvoll erscheinen: Ihre oktogonale Form

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