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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 28.1910

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Nr. 8
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Maier, ...: Die religiösen Kämpfe der Deutschherren in Ulm mit der Reichstadt Ulm seit der Reformation, [3]
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Selig, Theodor: Die Bruderschaften des Dekanats Riedlingen, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22619#0148

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124

ewige Rhue der Seelen geben vnd mit-
teilen. Zue Erlangung solcher bitten
wollen wir sprechen das heilige Vatter
vnser, begrießen auch die heilige Mariam
mit dem grueß."
81^. Die Bruderschaften des
Dekanats Riedlingen.
Unlingen. (Fortsetzung),
er Ursprung der St. An nabrud er-
schüft in Unlingen fällt ins Jahr
1711. Den Plan hiezu faßte Johann
Christoph Mus cart (Muschgardt), seit
1709 Pfarrer daselbst, in der Hoffnung,
durch Einführung einer solchen Vereini-
gung den religiösen Eifer der Pfarrkinder
zu erhalten und zu fördern. Um etwaige
Bedenken zu zerstreuen, giebt er anno 1712
die Gründe an, die ihn zu seinem Vor-
haben bestimmt haben und zwar 1) die
Vermehrung der Ehre Gottes und der
Heiligen, 2) das Beispiel der Nachbar-
pfarreien, die auch ihre Bruderschaften
besaßen (Göffingen, Riedlingen, Hail-
tingen, Altheim u. a.), 3) den Wunsch,
dem mit vieler Mühe und großen Kosten
neuerrichteten Gotteshaus durch die Zierde
einer neuen Andacht gleichsam die letzte
Hand anzulegen, für die Gläubigen eine
tröst- und hilfreiche Andacht einzuführen,
und die Pfarrkirche zu einem Haus der
Zuflucht und Gnaden für jene zu gestalten,
welche mit schwerem Kreuz und Anliegen
behaftet wären. Zu diesem Zweck schien
ihm die Andacht zur heiligen Mutter
Anna und daher die Errichtung einer
Bruderschaft unter diesem Titel besonders
geeignet.
Unterm 8. April 1711 verlieh Papst
Klemens XI. der Bruderschaft Ablässe,
welche die Mitglieder besonders durch
Ausübung der leiblichen und geistlichen
Werke der Barmherzigkeit gewinnen können;
auch das Altarprivilegium wurde der Bru-
derschaft zuteil. Der Bischof von Konstanz
gab seine Bestätigung zur Errichtung der-
selben. Der Tag der feierlichen Ein-
setzung ist nicht bekannt.
Pfarrer Muscart, der erste Vorstand
der Bruderschaft, verfaßte die Statuten
der Bruderschaft und gab diese mit einem
Anhang von Gebeten und Lobgesängen
im Druck heraus im Jahre 1712. Das

Bruderschaftsbüchlein, welches bei Valentin
Ulrich in Riedlingen gedruckt wurde, ist
das älteste bis jetzt bekannte Erzeugnis
jener Druckerei und führt den Titel:
„Kindliche Andacht zu der hochheiligen
Großmutter Christi Jesu ànaa oder
Kurtze Verfassung der Satzungen, Ablassen,
Fest und Andachten der Neu-Eingesetzten
Bruderschaft unter dem Titel der Heil.
Großmutter Annä in einer Löbl. Pfarr-
Kirchen deß Vorder-Östreichischen Flecken
Vnlengen, nechst Riedlingen. 6urn lieen-
tio. st appr. Lupsriorum. Gedruckt zu
Riedlingen bah ^Valentin Ulrich, àno
1712." Es ist 102X65 nun groß und
hat 108 Seiten, geschmückt mit einem
farbigen Titelbild, die heilige Anna und ihr
Töchterchen darstellend. Pfarrer Muscart
widmete das Büchlein der Gräfin Adelheid
Eusebia Josepha von Friedberg-Trauch-
burg, Stiftsdame in Buchau, welche als
besondere Verehrerin der heiligen Mutter
Anna die Schutzherrin dieser Bruderschaft
und ihrer Mitglieder wurde, r) Nach
Darlegung der Gründe der Einführung
folgen nun die Regeln der Bruderschaft,
welche hier dem Hauptinhalt nach mit-
geteilt werden.
1) Zur Aufrechterhaltung der Dis-
ziplin und Ordnung erhält die Bruder-
schaft einen Vorsteher und andere Vor-
gesetzte. Ersterer (Präses) ist der jeweilige
Pfarrer von Unlingen, die jeweiligen
beiden Kapläne daselbst sind assiààZ
porpài; dazu kommt noch ein Präfekt
und ein 866r6turiu3. Ohne diese 5 Personen,
das Direktorium genannt, darf in der
Bruderschaft nichts unternommen, dispo-
niert, geändert, verkauft, gekauft werden.
Außerdem werden 12 Ratsverwandte
denominiert, welche alle 3 Jahre den
Präfekten und Sekretär wählen bezw.
die alten bestätigen sollen.
2) Alle 3 Jahre soll die Bruder-
schaftsrechnung von den 5 Vorgesetzten
vor dem gesamten Magistrat abgelegt und
stets besonders, also nicht mit der Kirchen-
Pflegerechnung konfundiert, geführt werden.
Die Bruderschaftszeichen soll der Präses
zu Händen haben.
0 Vgl. die Abbildungen in der „Sonntags-
freude (Beil. z. Riedl. Zeitung 1904, Nr. 48,
S. 382/83.)
 
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