Hethiter und Juden
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Schon rein somatisch sehen wir, daß ihre großen Nasen im Süden mehr gebogen sind und
im Profil oft geradezu vogelschnabelartig wirken, während sie im Norden gelegentlich gerade und
wie turmartig gebildet erscheinen, wie sie uns z. B. auf den zahlreichen Orthostaten von Sendschirli
(vgl.A.i. S. III., Tafel XL, XLI, XLII usw.) entgegentreten, während auf den altägyptischen Dar-
stellungen die Leute von Qadesch fast durchweg gebogene Nasen haben, so wie der Laie bei
uns sie als ,,echte" Judennasen bezeichnet. Immer aber sind ihre Köpfe kurz und hoch, so
daß sie zweifellos mit der mediterranen Rasse nichts zu tun haben. Ihre wirkliche Heimat ist
einstweilen noch in Dunkel gehüllt; vermutlich haben wir beide Gruppen der Hethiter als rein
lokale, durch vieltausendjährige Inzucht modifizierte, gleichfalls extrem kurzköpfige, wenn
auch kleinnasige und breitgesichtige Innerasiaten aufzufassen. Inwieweit die von Forrer ent-
deckten sprachlichen Gruppen irgendwie somatisch abgrenzbaren Einheiten entsprechen,
wissen wir nicht. Klar scheint zunächst nur, daß auf den Tontafeln von Bogazköy zum min-
desten auch eine Sprache mit stark indogermanischem Einschlag erscheint; aber als ebenso sicher
möchte ich annehmen, daß eine solche niemals ursprünglich von so großnasigen und extrem
kurzköpfigen Leuten gesprochen worden sein kann, wie sie uns heute auf den alten hethitischen
Bildwerken erscheinen1). Wohl aber mögen europäische Sprachen schon früh von tatkräftigen und
energischen nordischen Eroberern nach Kleinasien und auch weiter noch nach Süden gebracht
worden sein, ohne daß deren Träger der alten Bevölkerung wesentlich andere Spuren ihrer An-
wesenheit auf gezwungen hätten — anders wie etwa blonde Nordeuropäer schon sehr früh nach
Ägypten gekommen sind und dort vielfach helle Augen2) zurückgelassen haben, ohne daß es
meines Wissens bisher möglich gewesen wäre, ihre Anwesenheit auch sprachlich nachzuweisen.
b Über das Verhältnis der sogenannten hethitischen Denkmäler Nordsyriens und Nordmesopotamiens im allge-
meinen sowie Sendschirlis im besondern zu den echt hethitischen von Bogazköy und Yazihkaya vgl. die Arbeiten von
Moortgat, Die Kunst des Alten Orients und die Bergvölker, sowie Goetze, Hethiter, Chuniter und Assyrer. A.
2) So hat in der unvergleichlich schönen, der 4. Dynastie angehörigen Gruppe von Rahotep und Nofret die Prin-
zessin ganz helle Augen, ebenso wie auch unter ihrer schwarzen Perücke helleres Haar sichtbar wird. Strahlend blaue
Augen an einer Mumienmaske eines Griechen aus römischer Zeit können wir auch im Berliner Museum nach-
weisen und ebenso berichtet dort eine Inschrift auf einer Tessera von einer Priesterin Walaburga, einer Semnonin,
also einer Norddeutschen, aber das sind immer nur seltene Ausnahmen: die Fremdvölker, die den somatischen Auf-
bau der Semiten wirklich beeinflußt haben, waren die Hyksos, mit deren Herkunft wir uns hier nicht zu beschäftigen
haben, und in der späteren Zeit die Griechen, die besonders seit der Mitte des 1. vorchristl. Jahrtausends von immer
größerer Bedeutung besonders für Unterägypten gewesen sind, genau wie noch heute etwa 0,6 % der gegenwärtigen
Bevölkerung aus Griechen besteht (nach der Volkszählung von 1907).
Mitteilungen aus den Orient. Samml. Heft XV (Sendschirli Heft V).
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Schon rein somatisch sehen wir, daß ihre großen Nasen im Süden mehr gebogen sind und
im Profil oft geradezu vogelschnabelartig wirken, während sie im Norden gelegentlich gerade und
wie turmartig gebildet erscheinen, wie sie uns z. B. auf den zahlreichen Orthostaten von Sendschirli
(vgl.A.i. S. III., Tafel XL, XLI, XLII usw.) entgegentreten, während auf den altägyptischen Dar-
stellungen die Leute von Qadesch fast durchweg gebogene Nasen haben, so wie der Laie bei
uns sie als ,,echte" Judennasen bezeichnet. Immer aber sind ihre Köpfe kurz und hoch, so
daß sie zweifellos mit der mediterranen Rasse nichts zu tun haben. Ihre wirkliche Heimat ist
einstweilen noch in Dunkel gehüllt; vermutlich haben wir beide Gruppen der Hethiter als rein
lokale, durch vieltausendjährige Inzucht modifizierte, gleichfalls extrem kurzköpfige, wenn
auch kleinnasige und breitgesichtige Innerasiaten aufzufassen. Inwieweit die von Forrer ent-
deckten sprachlichen Gruppen irgendwie somatisch abgrenzbaren Einheiten entsprechen,
wissen wir nicht. Klar scheint zunächst nur, daß auf den Tontafeln von Bogazköy zum min-
desten auch eine Sprache mit stark indogermanischem Einschlag erscheint; aber als ebenso sicher
möchte ich annehmen, daß eine solche niemals ursprünglich von so großnasigen und extrem
kurzköpfigen Leuten gesprochen worden sein kann, wie sie uns heute auf den alten hethitischen
Bildwerken erscheinen1). Wohl aber mögen europäische Sprachen schon früh von tatkräftigen und
energischen nordischen Eroberern nach Kleinasien und auch weiter noch nach Süden gebracht
worden sein, ohne daß deren Träger der alten Bevölkerung wesentlich andere Spuren ihrer An-
wesenheit auf gezwungen hätten — anders wie etwa blonde Nordeuropäer schon sehr früh nach
Ägypten gekommen sind und dort vielfach helle Augen2) zurückgelassen haben, ohne daß es
meines Wissens bisher möglich gewesen wäre, ihre Anwesenheit auch sprachlich nachzuweisen.
b Über das Verhältnis der sogenannten hethitischen Denkmäler Nordsyriens und Nordmesopotamiens im allge-
meinen sowie Sendschirlis im besondern zu den echt hethitischen von Bogazköy und Yazihkaya vgl. die Arbeiten von
Moortgat, Die Kunst des Alten Orients und die Bergvölker, sowie Goetze, Hethiter, Chuniter und Assyrer. A.
2) So hat in der unvergleichlich schönen, der 4. Dynastie angehörigen Gruppe von Rahotep und Nofret die Prin-
zessin ganz helle Augen, ebenso wie auch unter ihrer schwarzen Perücke helleres Haar sichtbar wird. Strahlend blaue
Augen an einer Mumienmaske eines Griechen aus römischer Zeit können wir auch im Berliner Museum nach-
weisen und ebenso berichtet dort eine Inschrift auf einer Tessera von einer Priesterin Walaburga, einer Semnonin,
also einer Norddeutschen, aber das sind immer nur seltene Ausnahmen: die Fremdvölker, die den somatischen Auf-
bau der Semiten wirklich beeinflußt haben, waren die Hyksos, mit deren Herkunft wir uns hier nicht zu beschäftigen
haben, und in der späteren Zeit die Griechen, die besonders seit der Mitte des 1. vorchristl. Jahrtausends von immer
größerer Bedeutung besonders für Unterägypten gewesen sind, genau wie noch heute etwa 0,6 % der gegenwärtigen
Bevölkerung aus Griechen besteht (nach der Volkszählung von 1907).
Mitteilungen aus den Orient. Samml. Heft XV (Sendschirli Heft V).
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