Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Staatliche Museen zu Berlin / Orientalische Sammlungen [Editor]
Mitteilungen aus den Orientalischen Sammlungen / Staatliche Museen zu Berlin — Ausgrabungen in Sendschirli: Berlin: de Gruyter, 1943

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49435#0026
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
A. STEINSACHEN
1. Flint- und Obsidiangeräte (Tafel 1, a—c).
Wenn wir hier die Besprechung der Steingeräte mit solchen aus Feuerstein und aus Ob-
sidian beginnen, so geschieht das nur in einer Art von unbewußter Anlehnung an die Meinung
älterer Prähistoriker, daß die Flintgeräte an sich älter sein müßten als die geschliffenen Stein-
werkzeuge. Es soll selbstverständlich nicht in Abrede gestellt werden, daß wirklich ganze
Reihen von Kieselmanufakten einer sehr frühen Periode menschlicher Kultur angehören und
weit zurück in prähistorische Epochen gehen, deren Alter nicht nach Jahrtausenden, sondern
nach Zehntausenden von Jahren zu schätzen ist. Aber auf der anderen Seite ist es ebenso sicher,
daß, ganz abgesehen von den metallosen Stämmen der Südsee, auch bei uns in Europa vielfach
Kieselgeräte noch bis in ganz späte historische Zeit nicht nur gebraucht, sondern auch her-
gestellt wurden — zunächst wohl für kultische Zwecke, oder auch für chirurgische, bei welchen
es weniger vielleicht auf die absolute Reinheit und Sterilität der frisch geschlagenen Klinge
als auf ihre tadellose Schneide ankam. Vielfach aber finden wir Kieselgeräte bei uns noch
in täglichem profanen Gebrauch, selbst noch aus Zeiten, in denen Werkzeuge aus Bronze und
Eisen längst allgemein bekannt waren, ganz abgesehen von den Steinen zum Feuerschlagen,
also zur Entzündung von Lunte oder Feuerschwamm für die Tabakspfeife und abgesehen auch
von den schön rechteckig zugeschlagenen Flintsteinen für die alten Gewehre, denen sie ihren
Namen — Flinten — gegeben haben und die noch heute in großen Mengen aus England, wo
ihre Herstellung ein beliebter Gegenstand der Hausindustrie ist, nach Albanien, Marokko und
Vorderasien exportiert werden; da sind sie so beliebt, daß gelegentlich sogar richtige Kapsel-
gewehre zu Flinten umgearbeitet werden, ähnlich wie wir aus Indonesien Fälle kennen, in denen
aus Dampfbarkassen und anderen kleinen Dampfern die schwer zu bedienenden Maschinen
ausgebaut und durch Segel ersetzt wurden.
Aus Sendschirli sind im ganzen rund fünfzig Flintgeräte geborgen worden, von denen
einige wenige nach den Fundumständen wohl in das II. vorchr. Jahrtausend zu setzen sind
und eines oder das andere vielleicht noch aus dem III. Jahrtausend stammt, während die große
Mehrzahl erst in die Zeit nach der semitischen Invasion, etwa ins 9. und 8. vorchr. Jahrhundert
gehört, also in eine Periode, in der da Bronze und Eisen längst bekannt waren. Vielleicht werden
wir uns vorstellen dürfen, daß einzelne dieser Geräte, besonders die mit den ausgesprochen
sägeartig zugearbeiteten Schneiden, wirklich aus Sparsamkeit benutzt wurden, um die immer-
hin seltenen und wahrscheinlich nur schwer im Tauschweg zu erhandelnden Metallgeräte zu
sparen, deren Schneiden noch dazu weich waren und im Verhältnis zu den Schneiden der Kiesel-
geräte rasch stumpf wurden. Etwas ähnliches haben wir uns wohl für Ägypten vorzustellen,
von wo uns einige große Sicheln aus Holz bekannt sind, in welche anstatt einer regulären Schneide
sägeartig gekerbte Feuersteinstücke mit Harz eingekittet sind, wie die Abb. 2 zeigt.
Von der Art der in Sendschirli gefundenen Flintgeräte sollen die Stücke a, b, c auf
Tafel 1 eine Vorstellung geben. Sie unterscheiden sich in nichts von in Europa gefundenen
Stücken, wie ja auch ihre Form wesentlich durch das Material und wohl erst in zweiter Linie
durch die Art der beabsichtigten Verwendung des Stückes bestimmt ist, die ja naturgemäß
da und dort mehr oder weniger dieselbe war.
 
Annotationen