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Schleswig-holsteinischer Kunstkalender — 1912

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Literarische Beiträge
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Sauermann, Ernst: Zur heimischen Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.19991#0108
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Jur bcimifcbcn fltfyttttm

/^^le im vergangenen Jafytt In ©egenwart
LAJ[ einer glättenden Seftoerfammlung -
ff w endlich - die 6djle©wig * t>olffeinifd)e
ff RunffbaUe in Kiel neu eröffnet wurde, oer-
/ diente unter den Jeftgrüßen feine« Cfnbaltes
/ und feiner HTabnung wegen befondere Se-
/ Ortung der TJusfprud) Ludwig Dettmanns.
„Die beimatlidje©d)olle gibt den©d)le©wig-
t>olfteinifd)en Rünftlern einejülle »on Fildern
und Anregungen. - %m <£igentümlid)Peit der
©d)le©wig^t)olfteinifd)en Runft gebort eine
berbe JarbenfreudigPeit, eine gewi0*e §d)wer-
fälligPeit, manage (Träumerei, ober nid)t 0U3U-
oiel PbontoftiP! Joft überall iff die t>etmt^f>c
©d)olle durdj Hlenfcbenbände oerändert und
bebaut, ©elbff dem Hleere ift ein ©ürtel oon
Deinen und Dämmen angelegt. Das ftebt dem
£ande gut. Hur die Sauten find nid)t gut
und da© muß beffer werden, dort muß uns
aueb der Staat unferftüfcen." 60 etwa faßte
£udwigDettmann 3ufammen,was fid) >b»"> dem
ferne weilenden Landsmann, in der t>eimat
befonder« aufdrängte, was ibn, den Rünffler,
befonder« bewegte.

- „Hur die Sauten find nid)t gut." - Hiebt
rcabr, fimpler (aßt fid) das nicf>t fagen und es
3ittert leife n>ie ein 8)eb in diefen iöorten. £öie
oft fcfyon entfubr es fo oder äljnlid) dem durd)
die bß«ntifd)en$luren 3tebenden Rünffler, dem
tttanderer, deffen ftugen fid) erquickten an der
berrltd)enHafur unferer Heimat, abtaffend dem
©elände folgten und gePränPt wurden durd)
die entfetjlid) oerunffaltenden neueren Sau-
ten, die fremd find unferer £andfd)aft, fremd
unferem DolPsd)araPter, unferem H)efen, fremd
unferer ganzen baulid)en ttergangenbeit. j&
H)ir baben un0 felbff verloren. - jes
tfin fo wedjfeloolles ©elände wie es unfere
r)eimat jeigt, Pann naturgemäß in feinen Sau-
typen nid)t uniform fein. Die J\tt und ©röße
des H)trtfd)aftsbetrtebe© bedingten in ibrer
HIannigfaltigPeit jeweilig eine eigene £öfung
von töobn- und Hut^bauten. 60 findet man den
t>auberg, das $riefenbau©, das Hiederfad)fen*
bau©, die dänifd>e t)ofanlage, alte «fdelfifce
und Rätnerbäusd)en, das tDobnbaus und den
6peidjer de0 Raufberrn, Rleinbürgerbäufer,
adelige 6tadtböfe und $ifd)erPolonten in bun-
tem H)ed)fel nebeneinander, auf der HTarfd),
auf der t5eide, auf dem bügeligen ©elände
der ©ftPüfte, auf der gallig und am tDalde©-
faum. Bbgefebenoon derbödtftenSwetfmäßig-
Peit in der Anlage, jeidjnet eine glürflid)e Bn-
paflimg an da0 ©elände unfere alten Sau-
werPe im einseinen und im gansen befondecs

au0. Den Segriff der Verunftaltung Pannte
man früber ntd)t. 8)er früber gebaut bätte, wie
die© in den legten ^abrjebnten b»ßf3ulande
üblid) ift, wäre um fein ^Infeben gePommen,
in Stadt und £and! Wie einsig lag da© alte
Hiebüll, ab Dorffilbouette, in der HIarfd), wie
wundervoll fügte fid) da© alte £tft auf ©ylt der
t>eide und DünenPette an, felbft ein 6türf
Hatur. - t> p. Jedderfen bat e0 1S73 in einer
6Pi33e feftgebalten. - 60 aud) die Dörfer ent-
lang den f)öben de© Creenetale©, die adeligen
©üter ufw. ufw.

tOer der luftigen, farbenfroben ?lrd)ttePtur
im Süden den Rütfen Pebrt und mit gefpannter
Erwartung durd) unfer £and pilgert, wird 3U-
näd)ft unfere alten bauten reislo© finden; er
wird ibnen fremd gegenüberftebn und fie als
fd)ön erft gelten laffen, wenn er fid) in da©
Söefen des 6d)leswig-t)olfieiner© bineingefun-
den i>at. - Die Seele eine© tJolPes offenbart
fid) am reinften in feiner Runft. Der Cbarofrec
unferer iandsleute ift wobl ein eigener. B"d)
die alten Sauten fpiegeln feine wefentltd)en
5üge wieder: 5urü<Pbaltung, die bisweilen faft
reislos mad)en Pann, Sad)lid)Peit, ^erbbeit,
bier wie dort; aber otel Hiebe und intimes,
wenn nid)t im äußeren, fo im inneren. Rlar-
beit und ftraffe Dissipliniertbeit! 60 mußte
es fein! €in ^aüigbau©, auf niederer H)er)it,
darauf ein Häuflein HIenfd)en und ringsum
blanPe 6ee, wie Ponnte es ander© fein als
ernft und fad)lid), ein eingegrabenes 6tänder-
werP als ©d)u£ gegen den SDogenprall, oder
der t)auberg, im weiten Roog der erffe ^n-
griffspunPt für den H)eftfturm, unter einem
mäd)tigen Dad) ein ganses <Öet>öft sufammen-
faOend und in fanft geneigter 6d)rägung dem
H)inde eine ©leitbabn bietend.

HTan läd)elt fo oft über das Alte, weil es
für unfere 3eit und ibre Aufgaben nid)tsfagend
fei. Hlan oergißt aber dabei, daß diefe oder
jene unfd)einbar anmutende baulid)e iöfung,
weld)e ebemals gefunden wurde und die wir
beute fo gerne verwerfen, organifd) gewad)fen
war und einen langen tfntwicPelungsprojeß
öurd)gemad)t §atie> ja, meiften© einen Ranon
darffeüte, d. b» die ausgereiftefte Jorm an-
genommen botte, die immer und abfolut fd)b'n
ift. cfin üergleid) wird fo opt abgelebnt wegen
der Derfd)iedenbeit der 3U löfenden Aufgaben,
d. b^ wegen des Sauprogramms; aber man
oergißt, daß ntdjt das Sauprogramm, fondern
die J\vt, wie es ausgefübrt wird, jum üergleid)
ftebt.€©iftfernerfoo)itbetontworden,daß6d)le0<
wig-§olftein an bedeutenden und berübmten
 
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