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lofung. Die jabllofen Krieger-, Kaifer- und
Bismarck-Denkmäler in den Dörfern und
kleinen Städten Scblcswig-Rolfteins
bieten bierfür die traurigften BeiTpiclc.
f aft ftets find für fic f indlinge verwandt,
aber ebenfo verkehrt und häßlich wie bei
den fflalcn der vergangenen Zeiten richtig
und gefebickt. Hus einer romantifeben
Ciebc ju den Hünengräbern oder jur Datur
läßt man jetjt den Steinen ihre rohe natür-
liche form, türmt Tie böcbftens ju einer
Pyramide auf, fetjt dann auf die Spitjc
einen Hdlcr, hiebt an einen der Steine ein
billiges Bronjerelicf, und das Denkmal ift
fertig. Um eine Jnfcbrift anzubringen,
muß ein Stück Blech genügen, oder es wird
dem Steinhaufen eine dunhle, polierte
Steinplatte eingefügt, auf der die Bucb-
ftaben cingeätjt und vergoldet werden
wie auf den Dutjcndfteinen unferer
modernen f riedböfe. Die Möglichkeit, mit
unteren neuartigen lücrkjeugen und
ftiafebinen alle materiellen Schwierigkeiten
leicht $u überwinden, bat allerdings die
gute Riditfcbnur, die dem Handwerker
eine bcfcbränhte Cccbnik bot, fort-
genommen, und die Verlockung, billige
Bildniffc ihrer I)ddcn aus fabriken
vom Cager ju häufen, beftand früher
auch nicht. Hbcr über die 6nt -
gleifungcn, die hierdurch cntfcbuldbar oder
wenigftens verftändlicb werden, hinaus
jeugen die modernen Denkmäler von einer
I)ilfloTigheit im 6eftaltcn und einem
Ungefcbmack, die wirklich nicht ju über-
bieten find, fflan betrachte nur die Bis-
marck-, flloltke- und Roon-Dcnkmälcr, die
in dem „Park" eines bolfteinifeben Dorfes
in form von Bänken eine dem alten
Kaifcr gewidmete Steinpyramidc umgeben.
Die Denkmäler find „kunftvoll" aus
rohen Steinen, hiefernen Bohlen und
Bronjeplahetten jufammcngcfctjt. Hier
fieb nicht febeut, feinen Rücken mit den
febarfhantigen böherigen Steinen, die über
den Bohlen als Cebne aufwachten, in
Berührung ?u bringen, läuft 6efabr, mit
feinem Kopf gegen die ftarh vorfpringen-
den Bronjcköpfe der drei Gewaltigen ju
ftoßen. Die gute Wirkung der modernen
findlingsdcnkmäler febeitert meift febon
daran, daß die Bronjctafcln im Vergleich
ju den fic tragenden Steinen viel ju groß
find. 6ine befebeidene Gedenktafel, die in
einer feiswand eingelaffen wird, kann ja
trefflich wirken. Bei den findlingsdcnh-
mälern ordnen fieb aber die Bronjetafcln
dem Stein gewöhnlich nicht unter, beide

erfebeinen gleichberechtigt oder wenigftens
wie Rahmen und Bild, und infolgedeffen
tritt die rohe form des Steines mit dem
$arten fflaßftabe des Bronjcguffes in einen
febreienden löidcrfprucb.

6in häßlicher fllißklang ergibt Ticb auch
regelmäßig, wenn einzelne Ceile eines
Granitblockes als Untergrund für die
Schrift gefebliffen und poliert werden.
Dach diefem Verfahren werden ja beute faft
alle Grabfteinc in Scbleswig-H<?lftein ber-
geftellt. Die Tpicgelnden flächen mit ihren
aufdringlichen Glanjlicbtern treten dann
nicht nur mit den roh gebliebenen flächen
des Steines, Tondern mit der ganjen Tic
umgebenden Datur in arge Disharmonie.
Huf bolländifcben friedböfen findet man
Grabfteinc aus bclgifcbcm Granit, die auch
teilweife poliert find und doch recht reil-
voll ausleben. Bei diefen ift aber die Poli-
tur nur daju benutjt, um auf einem gleich-
mäßig geftockten Untergrund eine dunkle
Zeichnung von Schrift und Ornament aus
dem Material felbft hervorzurufen. Die
großen blanken flächen unferer Steine
leitigen Birkungen, die wohl ju der
Hrcbitcktur eines Jnnenraumes oder der
front eines modernen Gcfcbäftsbaufes
paffen würden, nicht aber jwifeben den
6fcu, die Cyprcffen, Birken und löeiden
unferer friedböfe. Cebrrcicb ift, daß die
meiften diefer Denkmäler von der Rückfeitc
viel anftändiger und vornehmer ausfeben
als von vorn.

Kleinlich und unbeholfen wie der Huf-
bau der modernen findlingsdcnkmäler ift
auch die jum Schmuck hinzugefügte Bc-
pflanjung. Die Steinhaufen oder Pyra-
miden, aus denen fieb die großen Steine
mit den Reliefs erbeben, ähneln entweder
einem fcblccbt gehaltenen pflafter, in
deffen fugen Gras wäcbft, oder dem
Hlpengartcn eines botanifeben Gartens.
Da findet man die fcltcnften Kiefern,
Kniebolj, Heidekräuter, Hgaven und 6is-
gewäcbfe bunt gemifebt nebeneinander. 6s
fehlt nur noch, daß neben jedem Gewächs
ein 6maillcfcbild mit dem lateinifeben
Damen diefer exotifeben Gäftc ftünde. Ge-
wiß liegt in dem Streben jedes kleinen
Dorfes, ein Krieger-, ein Kaifcr- und Bis-
marck-Denkmal ju befitjen, vielfach nur
eine Hrt von Größenwahn, ein falfcbcr
Crieb, es den Städten gleich ju tun; aber
jum Ceil kommt darin doch auch wirkliche
Dankbarkeit gegen unfere nationalen
Helden jum Husdruck, die an fieb Hcbtung
und Unterftütjung verdient. 6s wäre eine
 
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