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Begründung und Entwickelung.

die sich für die 3o Morgen grosse Fläche für Erdarbeiten, Lieferungen, Wasseranlagen auf
etwa 60000 Gld. bezifferte. Diese Summe wurde später noch durch die grossen Terrassen-
anlagen, welche viel Grundanfuhr erforderten, um 35 000 Gld. erhöht. Die Anlage des
Restaurationsgebäudes mit Palmenhaus und das grosse Parterre mit seinen prächtigen Ter-
rassen bilden den Kern und ersten Anfang der ganzen Schöpfung. Nach Fertigstellung
dieser Partieen wurden die übrigen Terrainaibeiten, Ausgrabung des Weihers, Erhöhung
der Sitzplätze u. s. w. mit allem Eifer in Angriff genommen. Für die Anlage liess ich
grössere Bäume (Kastanien, Ahorn u. s. w.) per Maschine aus dem Walde fahren, auch
wurden viele bessere Exemplare, wie Taxus und Blutbuchen, von Herrn Reifert aus Bocken-
heim, der bei der Arbeit persönlich Anteil nahm und selbst mit Hand anlegte, zum Ge-
schenk gemacht. Noch viele andere Herrschaften aus Frankfurt: Metzler, Kämel, Sonne-
mann u. s. w. machten gleichfalls Geschenke und haben sich mit dieser Opferwilligkeit
grosse Verdienste um das Ansehen des schönen Institutes erworben. Alle übrigen Bäume
und Sträucher, deren wir noch in Masse bedurften, habe ich von meinen hiesigen Kollegen
angekauft. Für diesen Teil der Anlage lieferten wir aus unserer eigenen Baumschule nichts,
um allen Schein des Eigennutzes fernzuhalten. Ich übernahm die Oberleitung zwölf Jahre
persönlich, die technischen Ausführungen, eine Menge von Plänen', Skizzen, sämtliche
Profile lieferte ich während dieser Zeit unentgeltlich, dabei von dem einzigen Gedanken
getrieben, die Gartenbaukunst in Frankfurt a. M., die damals noch im Argen lag, zu heben
und zu fördern, und nur beseelt von der Lust und dem Drange zum Schaffen. Nach zwei-
jähriger, rastloser Arbeit war das Werk dem ersten Plane entsprechend vollendet und hatte
sich des ungeteilten Beifalls von Laien und Fachleuten zu erfreuen, besonders das Blumen-
parterre bezw. die Teppichbeete und Terrassen, die damals für Frankfurt etwas ganz Neues
waren. Die Gesamtkosten dieser Anlagen bezifferten sich auf Mark 353 890,84.

Am 16. März 1871 waren die Anlagen und das Gebäude mit dem Palmenhause soweit
vollendet (Fig. 1), letzteres wunderbar arrangiert durch den Inspektor und treuen Mitarbeiter
Ferd. Heiss, welcher hierdurch das Ansehen des „Palmengartens“, dessen Benennung eben-
falls von ihm stammt, mitbegriinden half.“

Im Jahre 1872 fand im Palmengarten in einer besonders dafür erbauten Halle eine
Ausstellung von Kunstwerken zum besten eines Fonds für ein zu erbauendes Klinstlerhaus
statt. Diese Halle diente nachher zur Ueberwinterung von Pflanzen, wurde aber im Jahre
1883 wegen Baufälligkeit entfernt und dafür der Spielplatz für Kinder erweitert.

Im Jahre 1873 ging die Restauration an Herrn Radunsky Uber.

In diesem Jahre wurde auch das grössere Warmhaus (Nr. 5) zur Kultur tropischer
Pflanzen erbaut; ebenso liess der sich steigernde Verkehr eine Erweiterung der bestehenden
Parkanlagen wünschenswert erscheinen. Zur Beschaffung des dazu notwendigen Terrains
mussten bedeutende Tauschgeschäfte zwischen der Stadt und verschiedenen Grundeigen-
tümern vorgenommen werden, was wieder mannigfache Verhandlungen nötig machte. Bei
dieser ersten Vergrösserung, welche in eine Zeit rapiden wirtschaftlichen Aufschwunges fiel,
hatte die Gesellschaft für die damaligen Verhältnisse sich ziemlich stark engagiert, was ihr
nachher einige recht schwierige Jahre bereitete. Später, als sie über diese Schwierigkeiten
hinweggekommen war und die Stadt und ihre Bevölkerung sich riesig vergrösserte, kam
das frühzeitig Geschaffene allerdings dem Unternehmen wieder zu gute. Die zeitraubenden
V erhandlungen Uber den Grundstücksaustausch besonders mit Herrn Baron S. M. v. Roth-
schild in Wien wurden durch die Herren Pfaff, Heuer und Sonnemann mit gutem Erfolg
für die Gesellschaft und die Stadt zum Abschluss gebracht, sodass man mit der Anlage
desjenigen Teiles des Gartens beginnen konnte, welcher den grossen Weiher mit Ketten-
brücke und die Grottenbauten mit Schweizerhaus umfasst.
 
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