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Sponsel, Jean Louis; Grünes Gewölbe <Dresden> [Editor]
Das Grüne Gewölbe zu Dresden: eine Auswahl von Meisterwerken der Goldschmiedekunst ; in vier Bänden (Band 3): Kleinodien der Goldschmiedekunst: verziert mit Email und Juwelen, Erzeugnisse der Steinschneidekunst in Bergkristall und farbigen Steinarten in kostbarsten Fassungen, Galanteriewaren und Nippesfiguren, Kabinettstücke ; mit 59 Lichtdrucktafeln, davon 7 farbig — Leipzig, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.37405#0134
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Kabinettstücke mit meist mythologischen Figurengruppen hegte. Auch spricht
noch eine Anzahl von Modellen aus dem letzten Jahrzehnt der Schaffenszeit
Kändlers dafür, daß das Interesse an derartigen größeren Figurenwerken noch
keineswegs nachgelassen hatte. Doch hat deren meist allegorisierender Inhalt
und ihre jetzt antikisierende Formengebung im 19. Jahrhundert die Wert-
schätzung der ganzen Gattung beeinträchtigt. Erst in unserm Jahrhundert hat
sich darin eine Wandlung angebahnt. Ganz zweifellos aber ist Kändler zu
dieser Gattung der größeren Kabinettstücke nicht immer zum Vorteil seiner
Entwicklung erst durch August den Starken und dessen Kunstinteressen ge-
drängt worden.
Ganz das gleiche Schicksal hatte Melchior Dinglinger. Das ist von mir
eingehender dargelegt in meiner Abhandlung: Johann Melchior Dinglinger
und seine Werke. Stuttgart 1904. Hier sollen nur die abgebildeten Kabinett-
stücke gewürdigt werden. Von diesen ist schon das zu einem größeren Schau-
stück zusammengestellte, 1701 vollendete goldene Kaffeezeug im 2. Band
besprochen worden, das in dem Reichtum und der Sonderart der Verzierungen
schon viele Züge mit seinen späteren Werken gemein hat, an deren Tassen
sogar auch schon das Interesse für asiatische Völkerschaften, ihre Sitten und
Kultformen in büdlichen, den Reisebeschreibungen entnommenen Darstel-
lungen zum Ausdruck kommt. Dafür hätte Dinglinger zweifellos eine andere
Wahl getroffen, wenn nicht schon August der Starke hierfür sein Interesse be-
kundet hätte. Und so kann auch das zweite große Kabinettstück Dinglingers,
der Hofhalt des Großmoguls von Hindostan, das gleich darauf von dem
Meister in Angriff genommen wurde und das er im Verein mit seinen beiden
Brüdern, wie eine Inschrift bezeugt, von 1701 bis 1708 fertiggestellt hat, nur
in direktem Auftrag des Fürsten entstanden sein. Wie hätte sonst Dinglinger
die Kosten für diese lange Arbeitszeit, für das dazu benötigte Gold und seine
vielen Juwelen riskieren können. Nach alten glaubhaften Nachrichten waren
dazu auch noch vierzehn Gehilfen in seiner Werkstatt tätig. Auch daß während
dieser Zeit Melchiors Bruder, der Emailleur Georg Friedrich Dinglinger,
der infolge der Kriegswirren aus Biberach mit Weib und Kind zu dauerndem
Aufenthalt nach Dresden übersiedelt war, im Jahr 1704 am n. Februar zum
Hof-Emailleur ernannt wurde, kann nur damit in Zusammenhang stehen.
Gerade auf die Mitarbeit eines allen Anforderungen gewachsenen Emailleurs
war Melchior bei diesem Werk in erster Linie angewiesen, wenn er nicht selbst
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