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Sponsel, Jean Louis; Grünes Gewölbe <Dresden> [Hrsg.]
Das Grüne Gewölbe zu Dresden: eine Auswahl von Meisterwerken der Goldschmiedekunst ; in vier Bänden (Band 3): Kleinodien der Goldschmiedekunst: verziert mit Email und Juwelen, Erzeugnisse der Steinschneidekunst in Bergkristall und farbigen Steinarten in kostbarsten Fassungen, Galanteriewaren und Nippesfiguren, Kabinettstücke ; mit 59 Lichtdrucktafeln, davon 7 farbig — Leipzig, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.37405#0135
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alles allein machen wollte, und so hat Georg Friedrich auch im Innern der
Figur des Großmoguls dem Namen seines Bruders Melchior, dem er dabei die
Erfindung zuweist, seinen eigenen Namen als des Emailleurs 1707 hinzuge-
fügt. Ob auch der andere Bruder Melchiors, GeorgChristophDinglinger,
dabei als Emailleur tätig war, oder ob er vorwiegend als Juwelier mitgearbeitet
hat, ist nicht mehr festzustellen. Er ist nicht wie dieser auch mit selbständigen
Arbeiten hervorgetreten und wir kennen nur die eine schon S. 118 erwähnte
Signatur von ihm an dem großen Kabinettstück „des Lebens größte Freuden",
die aber gerade mit ausgezeichneten Emailbildern auf der Rückseite ausge-
stattet ist. Bei dem Hofhalt des Großmoguls handelt es sich allerdings auch
nicht um die Herstellung von Emailgemälden, sondern vorwiegend um ver-
schiedenfarbige Emaillierung mit durchsichtigen und undurchsichtigen Schmelz-
farben, außerdem nur um die farbige Bemalung der Figuren und Tiere auf dem
en ronde bosse aufgetragenen Glasschmelz. Tafel 40.
In der Erfindung dieses Hofhalts, sowohl des ganzen Schauplatzes, wie aller
darauf sich abspielenden Szenen, war Melchior Dinglinger ersichtlich ab-
hängig von zwei damals vielgelesenen Reisebeschreibungen, von denen die
des Francois Bernier, Yoyages contenant la description des Etats du Grand
Mogol, de PHindostan etc. 1. 2., zuerst 1699 zu Amsterdam erschien, die
andere: Les six voyages de Jean Baptiste Tavernier . . . en Turquie, en Perse
et aux Indes schon 1679 und dann 1692 in zwei Teilen neu herausgekommen
war, von späteren Auflagen zu schweigen. Daß jene Werke, wie auch die Be-
schreibung der Reise einer Gesandtschaft der Ost-Indischen Compagnie nach
China des Johann Neuhof, die schon zu den Tassen des Kaffeezeugs benutzt
wurde, in mehreren Auflagen und Sprachen erscheinen konnten, das läßt er-
kennen, wie allgemein verbreitet in Europa das Interesse für jene exotischen
Völkerschaften war, deren Erzeugnisse durch den Handel hier überall Ver-
breitung gefunden hatten. Doch dies hätte noch lange nicht genügt, um ein so
kostbares Werk entstehen zu lassen, wenn nicht gerade die persönliche Cha-
rakterveranlagung Augusts des Starken ihn zur größten Bewunderung des
Großmoguls von Hindostan, Aureng-Zeyb, r. 1658—1707, getrieben hätte,
seiner ungeheuren Machtstellung, seines fabelhaften Reichtums und der ver-
schwenderischen Prachtentfaltung bei seinen Hoffesten, insbesondere bei dem
fünf Tage währenden Geburtstagsfest, zu dem alle Großen des Reichs und die
Vasallen mit Geschenken herankamen. Von alledem gaben jene Bücher eine

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