46 I. MICHELANGELOS JUGEND.
Zahlung, die ihm am 28. Februar gemacht wurde*), insbesondere aber
aus dem Umstande, dass er schon im März Florenz verliess, um dem
Rufe des Papstes Julius IL zu folgen, aber erst nachdem er hier nach
eigenem Geständnisse den Carton vollendet hatte. Im Sommer (August
I5°S) wurde derselbe im Rathssaale aufgestellt, um auf die Wand über-
tragen zu werden. Dazu kam es nun nicht, da sich die Hofsnung auf
die Rückkehr Michelangelos in die Heimath nicht erfüllte. Doch blieb
der Carton in der »sala grande nuova del consiglio maiore« und wurde
hier noch 1510 nebst den Reitern Leonardos als Merkwürdigkeit ge-
wiesen. »Li cavalli di Leonardo et li disegni di Michelangelo« hebt
Albertini in seinem Memoriale unter den Kunstwerken im Palazzo majore
besonders hervor. Später kam der Carton in den Palast der Medici, wo
er im Laufe der Zeit verschwand. Nicht Bosheit und Neid haben ihn
zerstört, viel wahrscheinlicher hat übelangebrachte Begeiferung, die
einzelne Stücke als Kunstreliquien zu besitzen suchte, ihm ein Ende be-
reitet. Im Jahre 1575 befanden sich einzelne Fragmente im Besitze der
Familie Strozzi in Mantua, welche sie dem Grossherzoge von Toscana
zum Kaufe anbot; leider vergebens. Wie lange sie noch in Mantua
blieben, ob Rubens sie noch vor Augen hatte, als er für seine Taufe
Christi in der Jesuitenkirche in Mantua einzelne Figuren aus dem Carton
Anm. 16. Michelangelo s benutzte, wissen wir nicht. Jede Spur ist seitdem ver-
wischt, unser Wissen von der Gesammtcomposition ausschliesslich Vasari
entlehnt, der zwar nicht mehr den Originalcarton seines Meisters gesehen
hatte, aber doch eine vollständige, später gleichfalls verlorene Copie des
Bastiano da San Gallo kannte. Vasari's Bericht lautet folgendermassen:
Michelangelo stellte eine Menge nackter Gestalten dar, die sich der
Hitze wegen im Arno baden, plötzlich aber, da der Feind das Lager
überfallen hat, zu den Wasfen gerufen werden. Während die Soldaten
eilen, dem Flusse zu entsteigen, um sich anzukleiden, legen bereits die
Einen die Rüstung an und schnallen Andere den Kürass um, oder wappnen
sich auf sonst eine Weise; eine grosse Menge Reiter beginnen aber bereits
den Ka/npf. Unter anderen war da ein Alter, der einen Epheukranz
auf dem Kopfe trug, um sich Schatten zu geben, und auf der Erde
sitzend sich bemüht, die Strümpfe anzuziehen, dieses aber, weil die Beine
nass waren, nicht zu Stande brachte. Unter dem Wasfenlärm und dem
Trommelwirbel zerrte er mit aller Hast und Gewalt an dem einen
Strumpfe. Man sah Trommler und Soldaten, die mit zusammengerasften
Kleidern nackt dem Kampfplatze zueilten; die seltsamsten Stellungen, die
*) Gaye II. no. XXXVII. Nota.
Zahlung, die ihm am 28. Februar gemacht wurde*), insbesondere aber
aus dem Umstande, dass er schon im März Florenz verliess, um dem
Rufe des Papstes Julius IL zu folgen, aber erst nachdem er hier nach
eigenem Geständnisse den Carton vollendet hatte. Im Sommer (August
I5°S) wurde derselbe im Rathssaale aufgestellt, um auf die Wand über-
tragen zu werden. Dazu kam es nun nicht, da sich die Hofsnung auf
die Rückkehr Michelangelos in die Heimath nicht erfüllte. Doch blieb
der Carton in der »sala grande nuova del consiglio maiore« und wurde
hier noch 1510 nebst den Reitern Leonardos als Merkwürdigkeit ge-
wiesen. »Li cavalli di Leonardo et li disegni di Michelangelo« hebt
Albertini in seinem Memoriale unter den Kunstwerken im Palazzo majore
besonders hervor. Später kam der Carton in den Palast der Medici, wo
er im Laufe der Zeit verschwand. Nicht Bosheit und Neid haben ihn
zerstört, viel wahrscheinlicher hat übelangebrachte Begeiferung, die
einzelne Stücke als Kunstreliquien zu besitzen suchte, ihm ein Ende be-
reitet. Im Jahre 1575 befanden sich einzelne Fragmente im Besitze der
Familie Strozzi in Mantua, welche sie dem Grossherzoge von Toscana
zum Kaufe anbot; leider vergebens. Wie lange sie noch in Mantua
blieben, ob Rubens sie noch vor Augen hatte, als er für seine Taufe
Christi in der Jesuitenkirche in Mantua einzelne Figuren aus dem Carton
Anm. 16. Michelangelo s benutzte, wissen wir nicht. Jede Spur ist seitdem ver-
wischt, unser Wissen von der Gesammtcomposition ausschliesslich Vasari
entlehnt, der zwar nicht mehr den Originalcarton seines Meisters gesehen
hatte, aber doch eine vollständige, später gleichfalls verlorene Copie des
Bastiano da San Gallo kannte. Vasari's Bericht lautet folgendermassen:
Michelangelo stellte eine Menge nackter Gestalten dar, die sich der
Hitze wegen im Arno baden, plötzlich aber, da der Feind das Lager
überfallen hat, zu den Wasfen gerufen werden. Während die Soldaten
eilen, dem Flusse zu entsteigen, um sich anzukleiden, legen bereits die
Einen die Rüstung an und schnallen Andere den Kürass um, oder wappnen
sich auf sonst eine Weise; eine grosse Menge Reiter beginnen aber bereits
den Ka/npf. Unter anderen war da ein Alter, der einen Epheukranz
auf dem Kopfe trug, um sich Schatten zu geben, und auf der Erde
sitzend sich bemüht, die Strümpfe anzuziehen, dieses aber, weil die Beine
nass waren, nicht zu Stande brachte. Unter dem Wasfenlärm und dem
Trommelwirbel zerrte er mit aller Hast und Gewalt an dem einen
Strumpfe. Man sah Trommler und Soldaten, die mit zusammengerasften
Kleidern nackt dem Kampfplatze zueilten; die seltsamsten Stellungen, die
*) Gaye II. no. XXXVII. Nota.